Regel 295 (a) der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) erlaubt die Aussetzung des Verfahrens, wenn eine Klage auf ein Patent bezogen ist, das auch Gegenstand eines Einspruchs- oder Beschränkungsverfahrens ist.
Das Gericht kann das Verfahren aussetzen, wenn es mit einer Klage befasst ist, die sich auf ein Patent bezieht, das auch Gegenstand eines Einspruchs- oder Beschränkungsverfahrens (einschließlich eines nachfolgenden Beschwerdeverfahrens) vor dem Europäischen Patentamt oder einer nationalen Behörde ist, und die Entscheidung in diesem Verfahren kurzfristig zu erwarten ist.
Ein Verfahren kann im Einverständnis der Parteien auf Antrag einer Partei ausgesetzt werden, wenn die Aussetzung zur Verfahrensökonomie beiträgt und keine der Parteien dadurch in ihrem rechtlichen Gehör verletzt wird.1)
Weder die Tatsache, dass ein Einspruch nach Regel 19 EPGVO [→ Einspruch] erhoben wurde, noch die Erfolgsaussicht der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Einspruchs sind relevante Faktoren für die Entscheidung, ob das Verfahren ausgesetzt werden soll. Der Einspruch und seine Beschwerde ändern den Zeitrahmen, wie er durch das EPGÜ und die Verfahrensordnung vorgesehen ist, nicht. Das Fristenregime der Verfahrensordnung wurde auch mit Blick auf Parteien, die mit Vorläufigen Einwänden zu tun haben, eingerichtet. Würde die Erhebung eines Vorläufigen Einwands ausreichen, um das Verfahren auszusetzen, hätte eine Partei, die einen Vorläufigen Einwand erhebt, es in der Hand, den engen Zeitrahmen, wie er durch das EPGÜ vorgesehen ist, zu beeinflussen und zu ändern.2)
Artikel 33(10) EPGÜ [→ Unterrichtung des Gerichts über Verfahren beim Europäischen Patentamt] sieht vor, dass das Gericht seine Verfahren aussetzen kann, wenn eine kurzfristige Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist. Diese Bestimmung wurde sowohl in Regel 295(g) EPGVO [→ Aussetzung des Verfahrens bei paralleler Entscheidung über zentrale Verfahrensfragen], die sich auf Regel 118 EPGVO [→ Entscheidung in der Sache] bezieht, als auch in Regel 295(a) EPGVO [→ Aussetzung aufgrund eines anhängigen Einspruchsverfahrens] umgesetzt. Regel 118 EPGVO enthält Bestimmungen zu Entscheidungen über die Sache selbst. Regel 118.2(b) EPGVO [→ Bedingte Entscheidungen] und Regel 295(g) EPGVO [→ Aussetzung des Verfahrens bei paralleler Entscheidung über zentrale Verfahrensfragen] sind daher anwendbar, wenn der Fall entscheidungsreif ist. Vor diesem Stadium richten sich Anordnungen bezüglich der Aussetzung von Verfahren, solange Einspruchsverfahren anhängig sind, nach Regel 295(a) EPGVO [→ Aussetzung aufgrund eines anhängigen Einspruchsverfahrens].3)
Gemäß Artikel 33(10) EPGÜ [→ Unterrichtung des Gerichts über Verfahren beim Europäischen Patentamt] und Regel 295(a) EPGVO kann das Gericht Verfahren aussetzen, die sich auf ein Patent beziehen, das auch Gegenstand von Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt ist, wenn eine kurzfristige Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist. Diese Bestimmungen erfordern nicht, dass eine endgültige Entscheidung des Europäischen Patentamts kurzfristig zu erwarten ist. Das Gericht kann Verfahren gemäß Artikel 33(10) EPGÜ und Regel 295(a) EPGVO aussetzen, wenn zu erwarten ist, dass die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts ihre Entscheidung kurzfristig trifft, selbst wenn es wahrscheinlich ist, dass eine solche Entscheidung angefochten wird.4)
Die Begriffe „kurzfristige Entscheidung“ und „kurzfristig“ in diesen Bestimmungen müssen unter anderem im Lichte der relevanten Umstände des Falles interpretiert werden, wie zum Beispiel dem Stand der Einspruchsverfahren und dem Stand der Nichtigkeitsverfahren.5)
Eine Aussetzung gemäß Artikel 33(10) EPGÜ und Regel 295(a) EPGVO ist eines der Mittel, das dem Gericht zur Verfügung steht, um mit parallelen Verletzungs- und Einspruchsverfahren umzugehen. Insbesondere soll dadurch verhindert werden, dass Konflikte zwischen seinen Entscheidungen in Verletzungsverfahren und den vom Europäischen Patentamt in Einspruchsverfahren erlassenen Entscheidungen entstehen. Im Gegensatz zu Entscheidungen in parallelen Widerrufsverfahren und Einspruchsverfahren, die nicht unvereinbar sind6), können Entscheidungen in parallelen Verletzungs- und Einspruchsverfahren in Konflikt geraten. Solche Konflikte können insbesondere auftreten, wenn das Europäische Patentamt ein Patent im Rahmen eines Einspruchsverfahrens widerruft, das die Grundlage für eine Anordnung des Gerichts in Verletzungsverfahren bildete. Solche Konflikte sollten grundsätzlich vermieden werden, auch wenn die Entscheidung des Europäischen Patentamts anfechtbar ist und ihre Wirkung bis zur Berufung ausgesetzt ist. Eine Aussetzung von Verletzungsverfahren gemäß Artikel 33(10) EPGÜ und Regel 295(a) EPGVO kann dazu genutzt werden, diesen Zweck zu erreichen.7)
Das Gericht ist nicht verpflichtet, Verfahren auszusetzen, wenn eine endgültige oder nicht endgültige rasche Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist. Artikel 33(10) EPGÜ und Regel 295(a) EPGVO sehen vor, dass das Gericht dies „kann“. Das Wort „kann“ bedeutet, dass das Gericht ein Ermessen hat. Ob eine Aussetzung gewährt wird, hängt von der Interessenabwägung der Parteien und den spezifischen Umständen des Falls ab, wie dem Stand des Einspruchsverfahrens, dem Stand des Verletzungsverfahrens und der Wahrscheinlichkeit, dass das Patent im Einspruchsverfahren widerrufen wird. In diesem Kontext ist die Tatsache, dass die erwartete Entscheidung des Europäischen Patentamts keine endgültige Entscheidung ist und wahrscheinlich angefochten wird, nur einer von mehreren Faktoren, die berücksichtigt werden können.8)
Das Gericht hat die Befugnis, ein Verfahren auszusetzen, um auf eine relevante Entscheidung des EPA zu warten, vorausgesetzt, eine solche Entscheidung wird schnell erwartet. Es sollte eine konkrete Erwartung (d. h. ein bekanntes Datum in der Zeit) für eine Entscheidung bestehen, deren Datum in naher Zukunft liegen sollte und die klar erwartet wird, vor einer erwarteten Entscheidung des EPG erlassen zu werden. Bei der Ausübung der richterlichen Ermessensentscheidung gemäß Artikel 33(10) EPGÜ in Verbindung mit Regel 295 Unter a EPGVO hat das Gericht die relevanten Fakten und Umstände zu prüfen und die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Wenn die Interessen der Parteien nicht übereinstimmen, hat das Gericht die Interessen gegeneinander abzuwägen, um über einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zu entscheiden.9)
Die Begriffe ‚schnelle Entscheidung‘ und ‚schnell‘ in diesen Bestimmungen müssen unter anderem im Lichte der relevanten Umstände des Falls interpretiert werden, wie dem Stand des Einspruchsverfahrens und dem Stand des Widerrufsverfahrens.10)
Gemäß R. 298 EPGVO, zweiter Satz, kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei das Verfahren gemäß R. 295(a) aussetzen, bis das Ergebnis der beschleunigten Verfahren vor dem Europäischen Patentamt feststeht.11)
Die voraussichtliche Entscheidung in den Einspruchsverfahren vor dem EPA führt nicht zu einer Aussetzung des Verfahrens. Gemäß Artikel 33 (10) EPGÜ kann das Gericht sein Verfahren aussetzen, wenn eine schnelle Entscheidung durch das Europäische Patentamt zu erwarten ist. Artikel 33(10) EPGÜ wird in Regel 295 Buchst. a Verfahrensordnung umgesetzt. Basierend auf den oben genannten Bestimmungen hat das Gericht bei der Aussetzung des Verfahrens („kann aussetzen“) bis zum Ausgang paralleler EPA-Verfahren Ermessensspielraum, wenn eine schnelle Entscheidung erwartet wird.12)
Die Verwendung des Wortes 'schnell' als Adjektiv zu 'Entscheidung' legt nahe, dass es eine konkrete Erwartung (d. h. ein bekanntes Datum in der Zeit) für eine Entscheidung geben sollte, die in naher Zukunft und deutlich vor einer unerwarteten Entscheidung des EPGU erwartet wird.13)
Regel 295 EPGVO → Aussetzung des Verfahrens
Regelt die Bedingungen, unter denen das Gericht das Verfahren aussetzen kann.
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