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Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens

Artikel 81 (1) EPGÜ beschreibt die Voraussetzungen, unter denen das Berufungsgericht einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgeben kann.

Artikel 81 (1) EPGÜ

Nach einer Endentscheidung des Gerichts kann das Berufungsgericht ausnahmsweise einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgeben, wenn

a) die die Wiederaufnahme beantragende Partei einer Tatsache von entscheidender Bedeutung gewahr wird, die der die Wiederaufnahme beantragenden Partei vor Verkündung der Entscheidung unbekannt war; einem solchen Antrags darf nur wegen einer Handlung stattgegeben werden, die durch eine Endentscheidung eines nationalen Gerichts als Straftat qualifiziert wurde, oder

b) ein grundlegender Verfahrensfehler vorliegt, insbesondere wenn einem nicht vor Gericht erschienenen Beklagten das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte.

Art. 81(1) EPGÜ eröffnet die Möglichkeit, nach einer endgültigen Entscheidung die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, wenn – kurz gesagt – diese auf einer Handlung beruht, die als Straftat eingestuft wurde, oder wenn ein grundlegender Verfahrensfehler vorliegt. Diese Umstände dürfen nicht bekannt gewesen sein oder, bei einem grundlegenden Verfahrensfehler, sofern bekannt, während des Verfahrens, das zur Entscheidung geführt hat, oder im Berufungsverfahren bereits gerügt worden sein (vgl. R. 248 EPGVO), es sei denn, eine solche Rüge konnte damals nicht erhoben werden.1)

Der Wortlaut des Art. 81(1) EPGÜ macht deutlich, dass eine Wiederaufnahme nur ausnahmsweise gewährt werden darf, wenn die Entscheidung an einem dieser schwerwiegenden Mängel leidet. Die Wiederaufnahme ist somit kein reguläres Rechtsmittelverfahren, sondern ein außergewöhnliches Rechtsmittel. Nur grundlegende Verfahrensfehler können eine Grundlage für die Wiederaufnahme bilden.2)

Es ist daher nicht beabsichtigt, dass bloße Fehler jeglicher Art einen Grund für die Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen können. Um als Grund für eine Wiederaufnahme zu qualifizieren, muss ein Verfahrensfehler so fundamental sein, dass er für das Rechtssystem untragbar ist und das Prinzip überwiegt, dass Verfahren, die zu einer endgültigen Entscheidung geführt haben, im Interesse der Rechtssicherheit nicht wiedereröffnet werden sollen.3)

Ein Mangel kann außerdem nur dann als grundlegend angesehen werden, wenn festgestellt werden kann, dass ohne diesen Mangel nicht dieselbe Entscheidung getroffen worden wäre. Dies hat der Antragsteller darzulegen.4)

Es ist Sache der Parteien, die von ihnen für erheblich erachteten Argumente vorzubringen. Die Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Argumente und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen können für sich genommen nicht Gegenstand einer Überprüfung im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens sein. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, gilt dies selbst dann, wenn eine solche Bewertung als fehlerhaft angesehen werden könnte, solange der Fehler keinen grundlegenden Mangel im Sinne des Art. 81(1) EPGÜ darstellt.5)

„Dasselbe gilt für Beweismittel. Es ist Sache der Parteien, sämtliche zur Untermauerung ihrer Argumente erforderlichen Beweismittel vorzulegen. Das Gericht bewertet die von den Parteien vorgelegten Beweise frei und unabhängig (Art. 76(3) EPGÜ). Das Gericht kann selbst beurteilen, welches Gewicht Gutachten von Sachverständigen und Zeugenaussagen haben, wobei es auch seine Einschätzung der Neutralität eines Sachverständigen oder Zeugen berücksichtigen darf. Die Art und Weise, wie Fragen gestellt oder Antworten formuliert werden, kann bei dieser Beurteilung einen Anhaltspunkt bilden.6)

Regel 245 der Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts (EPGVO) beschreibt das Verfahren für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Regel 245.1 → Berechtigung zur Stellung eines Antrags auf Wiederaufnahme
Beschreibt, wer berechtigt ist, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen.

Regel 245.2 → Fristen für die Stellung des Antrags auf Wiederaufnahme
Regelt die Fristen, innerhalb derer ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt werden muss.

siehe auch

EPGVO, Teil 4, Kapitel 5 → Verfahren bei Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens
Behandelt das Verfahren bei Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach einer Endentscheidung.

1) , 2) , 3) , 5) , 6)
EPG, Berufungskammer, Beschl. v. 19. Juni 2025 – UPC_CoA_402/2024
4)
EPG, Berufungskammer, Beschl. v. 19. Juni 2025 – UPC_CoA_402/2024; m.V.a. Urteil vom 3. Juli 2014, Kamino International Logistics und Datema Hellmann Worldwide Logistics, C-129/13 und C-130/13, EU:C:2014:2041, Rn. 79 und die dort zitierte Rechtsprechung
upc/antrag_auf_wiederaufnahme_des_verfahrens.txt · Zuletzt geändert: 2025/06/20 05:33 von mfreund