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privatrecht:unbefugte_nutzung_eines_namens_fuer_werbezwecke

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Unbefugte Nutzung eines Namens für Werbezwecke

Die Entscheidung, ob und in welcher Weise der eigene Name für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll, ist wesentlicher - vermögensrechtlicher - Bestandteil des Persönlichkeitsrechts [Art. 2 (1) GG → Allgemeines Persönlichkeitsrecht]. Die unbefugte Nutzung eines Namens für Werbezwecke stellt daher einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Namen dar und begründet grundsätzlich - wie jeder unbefugte Eingriff in das Recht am eigenen Namen - einen Unterlassungsanspruch. Die Frage, ob der Name zur Werbung, also kommerziell, eingesetzt worden ist, beurteilt sich aus der Sicht des Durchschnittslesers.1)

Die Rechtmäßigkeit eines Eingriffs ist anhand einer - revisionsrechtlich voll zu überprüfenden - umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Rechtspositionen beider Seiten zu beurteilen.2)

Der Prüfung ist ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, der den widerstreitenden Interessen ausreichend Rechnung trägt.3)

Die Verwendung eines fremden Namens zu Werbezwecken kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der Werbende damit nicht allein sein Geschäftsinteresse befriedigen will, sondern auch ein schützenswertes Informationsinteresse der Allgemeinheit bedient. Bei der Gewichtung des Informations interesses der Allgemeinheit kommt dem Informationswert der Namensverwendung und der sie begleitenden Berichterstattung eine entscheidende Bedeutung zu.4)

Hierfür ist der objektive Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln. Die Sinndeutung unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Auszugehen ist vom Wortlaut der Äußerung, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann. Darüber hinaus muss der Gesamtzusammenhang, in dem die Äußerung gefallen ist, in den Blick genommen werden. Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden.5)

Bei der Gewichtung des Persönlichkeitsrechts der namentlich genannten Person ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu berücksichtigen, die sich auch auf eine ungewollte Vereinnahmung für fremde kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann. Ein Eingriff hat besonderes Gewicht, wenn die Werbung den Eindruck erweckt, der Namensträger identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an. Erhebliches Gewicht kommt einem Eingriff aber auch dann zu, wenn - ohne dass der Werbung eine ausdrückliche Empfehlung der namentlich genannten Person für das Produkt entnommen werden kann - durch ein unmittelbares Nebeneinander der Ware und des Namensträgers in der Werbung das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen wird, weil der Durchschnittsleser eine gedankliche Verbindung zwischen dem Namensträger und dem beworbenen Produkt herstellt, die zu einem Imagetransfer führt. Dagegen hat der Eingriff geringeres Gewicht, wenn die Verwendung des Namens in der Werbung weder Empfehlungscharakter hat noch zu einem Imagetransfer führt, sondern lediglich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt lenkt.6)

Von besonderer Intensität kann ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ferner dann sein, wenn er sich nicht nur auf dessen vermögensrechtlichen Bestandteil, sondern auch auf dessen ideellen Bestandteil erstreckt7), wie dies insbesondere bei einer Verbreitung unwahrer Tatsachen über den Namensträger denkbar ist. Auch Fehlzitate stellen unwahre Behauptungen über den Namensträger dar, die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen können. Der soziale Geltungswert des Namensträgers kann nicht nur durch vollständig untergeschobene Fehlzitate im eigentlichen Sinne betroffen sein, sondern auch durch die unrichtige, verfälschte oder entstellte Wiedergabe von Äußerungen. Von einem Fehlzitat kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn der Gehalt einer Aussage in der wiedergegebenen Form vom Gehalt der tatsächlich getätigten Aussage abweicht, sei es auch nur in Färbung oder Tendenz.8)

Ein Arzt, der sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begeben hat, muss eine Bezugnahme auf diese Fachaussagen in einer Werbeanzeige im Regelfall hinnehmen, soweit er mit den ihm zugeschriebenen Fachaussagen zutreffend zitiert wird und ihn der Durchschnittsleser nicht in einen Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt bringt, indem dieser etwa von „bezahlten“ Äußerungen oder sonstigen geschäftlichen Verbindungen ausginge.9)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; zum Recht am eigenen Bild vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 207/19, GRUR 2021, 643 [juris Rn. 12 bis 14] = WRP 2021, 484 - Urlaubslotto; BGH, GRUR 2022, 665 [juris Rn. 13] - Tina Turner
2)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; m.V.a. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97, BGHZ 143, 214 [juris Rn. 51 und 75] - Marlene Dietrich, mwN; Urteil vom 5. Juni 2008 - I ZR 96/07, GRUR 2008, 1124 [juris Rn. 12 und 15] = WRP 2008, 1524 - Zerknitterte Zigarettenschachtel; Urteil vom 5. Juni 2008 - I ZR 223/05, WRP 2008, 1567 [juris Rn. 13 f.]; BGH, GRUR 2021, 643 [juris Rn. 27 und 67] - Urlaubslotto; GRUR 2022, 665 [juris Rn. 49 und 85] - Tina Turner
3)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; zum Recht am eigenen Bild vgl. BGH, GRUR 2021, 643 [juris Rn. 27] - Urlaubslotto; GRUR 2022, 665 [juris Rn. 49] - Tina Turner, jeweils mwN
4)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; m.V.a. BGH, GRUR 2021, 643 [juris Rn. 28 und 68] - Urlaubslotto, mwN
5)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; m.V.a. BVerfGE 114, 339 [juris Rn. 31]; BVerfG, GRUR 2022, 341 [juris Rn. 17]; BGH, Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, GRUR 2021, 1096 [juris Rn. 11 mwN]; BGH, GRUR 2022, 665 [juris Rn. 51 und 85] - Tina Turner
6)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; m.V.a. BGH, GRUR 2021, 643 [juris Rn. 29 und 67] - Urlaubslotto, mwN
7)
ähnlich bereits BGH, GRUR 2021, 665 [juris Rn. 30] - Urlaubslotto, mwN
8)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516 [juris Rn. 11]; Urteil vom 29. November 2021 - VI ZR 248/18, NJW 2022, 847 [juris Rn. 22 bis 26 mwN]; Gomille, ZUM 2022, 241, 243 f.
9)
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - Reizdarmsyndrom
privatrecht/unbefugte_nutzung_eines_namens_fuer_werbezwecke.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:29 von 127.0.0.1