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privatrecht:fotografierverbot

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 +====== Fotografierverbot ======
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 +Fertigt der Besucher eines kommunalen Kunstmuseums unter Verstoß gegen das im privatrechtlichen Besichtigungsvertrag [-> [[Privatrecht:Besichtigungsvertrag zwischen Besucher und Museumsbetreiber]]]  mittels  [[Privatrecht:Allgemeine Geschäftsbedingungen|Allgemeiner Geschäftsbedingungen]] wirksam vereinbarte Fotografierverbot Fotografien im Museum ausgestellter Werke an und macht er diese Fotografien im Internet öffentlich zugänglich, kann der Museumsträger als Schadensersatz die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet verlangen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfoto))
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 +Ein durch Piktogramme und die Benutzungsordnung [-> [[Privatrecht:Besichtigungsvertrag zwischen Besucher und Museumsbetreiber]]] angeordnetes Fotografierverbot stellt eine [[Privatrecht:Allgemeine Geschäftsbedingungen|Allgemeine Geschäftsbedingung]] dar. Insbesondere können Piktogramme Teil von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein. Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfordert keine Schriftform; auch Zahlen oder Zeichen, denen ein vertraglicher Regelungsgehalt zukommt, werden erfasst.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Pfeifer in Wolf/Lindacher/Pfeifer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 305 BGB Rn. 21))
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 +Ein Fotografierverbot wird durch hinreichend deutlich sichtbaren Aushang in den Vertrag einbezogen (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB).((vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Ein [[Fotografierverbot]] aufgrund allgemeiner Geschäftsbedingungen unterliegt der [[Privatrecht:Inhaltskontrolle]] nach § 307 Abs. 1 BGB.((vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Es besteht ein berechtigtes Interesse der Betreiber von Museen, Regeln für das Verhalten der Besucher während des Museumsbesuchs aufzustellen [-> [[Besichtigungsvertrag zwischen Besucher und Museumsbetreiber|Besichtigungsvertrag ]]], zu denen auch ein Fotografierverbot zählen kann.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Ein Fotografierverbot kann dem Schutz der Kunstwerke, dem ordnungsgemäßen Ablauf des Museumsbetriebs, der Einhaltung rechtlicher Verpflichtungen des Museums gegenüber Dritten oder eigenen Interessen des Museums dienen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Stang, Das urheberrechtliche Werk nach Ablauf der Schutzfrist, S. 325; Stieper, Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts, 2009, S. 413 f., 419; Bullinger in Festschrift Raue, 2006, S. 379, 395; Schack, JZ 2011, 375, 376; ders., JZ 2013, 743, 744)) Dies gilt nicht nur dann, wenn sich der Betreiber des Museums gegenüber Leihgebern verpflichtet hat, urheberrechtswidrige Vervielfältigungen geliehener Werke zu unterbinden, oder Werke vor der Beschädigung durch Lichtblitze oder dem Hantieren mit Stativen geschützt werden sollen. Die allgemeine Freigabe des Fotografierens ist - nicht zuletzt angesichts der großen Beliebtheit von Mobiltelefonen und der mit ihnen angefertigten Fotos - geeignet, den geordneten Museumsbetrieb zu beeinträchtigen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Das Interesse der Besucher eines Museums ist jedenfalls in erster Linie auf die unmittelbare Wahrnehmung der dargebotenen Ausstellungsstücke gerichtet. Darüber hinaus ist aber auch das Interesse der Besucher anzuerkennen, den Wahrnehmungseindruck in geeigneter Weise zu perpetuieren. Dieses Interesse kann durch die Anfertigung eigener Fotografien, aber auch durch den Erwerb von Bildmaterial befriedigt werden, soweit solches etwa im Museumsgeschäft verfügbar ist. Auch solche Personen haben ein Interesse an Fotografien von Ausstellungsstücken, die das Museum nicht selbst aufsuchen, sondern seine Exponate über das Internet wahrnehmen möchten.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Ein Eingriff in den Schutzbereich der [[Grundrecht:Informationsfreiheit]] gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist zu verneinen, wenn ein öffentlich-rechtlicher Museumsträger den Zugang zum Museum nur mit der Maßgabe eines Fotografierverbots eröffnet.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. H. Lehment, Das Fotografieren von Kunstgegenständen, Diss. Göttingen 2008, 151; Stang, Zeitschrift für geistiges Eigentum 2009, S. 318 f.; Euler, AfP 2009, 459, 461 f.; aA Stieper aaO S. 423 f.)) Eröffnet das Museum ferner nicht selbst den Zugang zu seiner Sammlung über das Internet, berührt dies ebenfalls nicht die Informationsfreiheit von Personen, die an der Wahrnehmung von Ausstellungsstücken über das Internet interessiert sind.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Die [[Grundrecht:Sozialpflichtigkeit des Eigentums]] (Art. 14 Abs. 2 GG) ist begrenzendes Korrelat der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und richtet sich mithin an Träger dieses Grundrechts. Zu diesen zählt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos m.V.a. H. Lehment, Das Fotografieren von Kunstgegenständen, Diss. Göttingen 2008, S. 152; Stieper, Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts, 2009, S. 421))
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 +Mit dem Grundrecht der [[Grundrecht:allgemeine Handlungsfreiheit|allgemeinen Handlungsfreiheit]] (Art. 2 Abs. 1
 +GG) ist das Fotografierverbot vereinbar mit Blick auf das Schutz- und Ordnungsinteresse des Museumsbetreibers sowie die Möglichkeit gewahrt, im Ausnahmefall bei der Direktion des Museums eine Erlaubnis zu beantragen.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos))
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 +Das in der Widmung des Museums niedergelegte Ziel der Präsentation und Vermittlung von Kunst und Kultur erfolgt in hergebrachter Weise dadurch, dass Besuchern die Wahrnehmung von Ausstellungsobjekten in den Räumlichkeiten eines Museums ermöglicht wird. Das Fotografierverbot steht im Einklang mit diesem Zweck, weil es dazu dient, das Interesse des Betreibers am Schutz der Exponate und an der störungsfreien Durchführung von Ausstellungen sicherzustellen. Sofern im Einzelfall dieses berechtigte Interesse des Museumsbetreibers hinreichend gewahrt werden kann, besteht nach der Benutzungsordnung die Möglichkeit einer Ausnahme vom Fotografierverbot. Soweit im Zeitalter des Internets durch veränderte, über den herkömmlichen Museumsbesuch hinausgehende Rezeptionsgewohnheiten der Allgemeinheit das Bedürfnis nach fotografischer Dokumentation von Ausstellungsobjekten steigt, kann auch diesem Interesse durch Anwendung des in der Benutzungsordnung niedergelegten Erlaubnistatbestands Rechnung getragen werden.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; m.V.a. Stang, Das urheberrechtliche Werk nach Ablauf der Schutzfrist, S. 322))
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 +===== siehe auch =====
 +
 +-> [[Privatrecht:Besichtigungsvertrag zwischen Besucher und Museumsbetreiber]] \\
 +§ 305 BGB -> [[Privatrecht:Allgemeine Geschäftsbedingungen]] \\
 +
 +§ 72 UrhG -> [[Urheberrecht:Schutz der Lichtbilder]] \\
 +§ 2 (1) Nr. 5 UrhG -> [[Urheberrecht:Lichtbildwerk]] \\
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privatrecht/fotografierverbot.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:29 von 127.0.0.1