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privatrecht:fluggastrechteverordnung

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privatrecht:fluggastrechteverordnung [2023/07/26 06:52] – [Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO] mfreundprivatrecht:fluggastrechteverordnung [2023/11/07 09:23] (aktuell) – [Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO] mfreund
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 2. Für den Fall, dass Frage 1 im zuletzt genannten Sinne zu beantworten ist: Setzt der Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung in der genannten Konstellation voraus, dass sich der Fluggast nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung rechtzeitig zur Abfertigung einfindet? 2. Für den Fall, dass Frage 1 im zuletzt genannten Sinne zu beantworten ist: Setzt der Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung in der genannten Konstellation voraus, dass sich der Fluggast nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung rechtzeitig zur Abfertigung einfindet?
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 +Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss das ausführende Luftfahrtunternehmen alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um zu vermeiden, dass es durch außergewöhnliche Umstände genötigt ist, einen Flug zu annullieren, oder dass der Flug nur mit einer großen Verspätung durchgeführt werden kann, deren Folgen für den Fluggast einer Annullierung gleichkommen.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ; m.V.a. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-549/07, NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn. 41 - Wallentin-Hermann/Alitalia; EuGH, Urteil vom
 +4. Mai 2017 - C-315/15, NJW 2017, 2665 = RRa 2017, 174 Rn. 34 - Pešková/Travel Service; Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat angeschlossen: BGH, Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 11/20, NJW-RR 2021, 926 = RRa 2021, 188
 +Rn. 41; Urteil vom 10. November 2022 - X ZR 97/21, NJW-RR 2023, 202 Rn. 15))
 +
 +Zu den danach gebotenen Maßnahmen gehört es, dem Fluggast eine mögliche anderweitige direkte oder indirekte Beförderung mit einem Flug anzubieten, den das betroffene oder ein anderes Luftfahrtunternehmen durchführt und
 +der mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens ankommt, es sei denn, die Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung stellt für das betreffende Unternehmen angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer dar.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ; m.V.a. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 - C-74/19, NJW-RR 2020, 871 = RRa 2020, 185 Rn. 59, 61  - LE/TAP))
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 +Dem Luftfahrtunternehmen obliegt dabei der Nachweis, dass es ihm offensichtlich nicht möglich gewesen wäre, die betroffenen Fluggäste durch zumutbare Maßnahmen der genannten Art schnellstmöglich anderweitig zu befördern.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ; m.V.a. EuGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 - C-264/20, RRa 2021, 75 Rn. 33 - Airhelp/Austrian Airlines))
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 +Nach dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung
 +- die in Art. 5 Abs. 1 einen Ausgleichsanspruch nur für den Fall der Annullierung
 +und eines dadurch verursachten Zeitverlusts von mindestens drei Stunden vorsieht - ist allerdings nur maßgeblich, ob sich die Umstände, auf denen die Annullierung beruht, mit zumutbaren Maßnahmen hätten vermeiden lassen.
 +bb) 
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 +Nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist ein Luftfahrtunternehmen aber nicht nur im Fall einer der Annullierung gleichstehenden Ankunftsverspätung((vgl. den Sachverhalt in EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020
 +- C-74/19, RRa 2020, 185 Rn. 25 f. - LE/TAP [insoweit nicht in NJW-RR 2020, 871])) sondern auch im Fall einer Annullierung((vgl. den Sachverhalt in EuGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 - C-264/20, RRa 2021, 75 Rn. 7 f. - Airhelp/Austrian Airlines)) gehalten, für eine zumutbare, zufriedenstellende und frühestmögliche anderweitige Beförderung der betroffenen Fluggäste zu sorgen. Dies gilt auch und gerade dann, wenn sich die Annullierung selbst mit zumutbaren Mitteln nicht verhindern lässt.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ))
 +
 +Hieraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, dass die genannten Obliegenheiten auch dann bestehen, wenn sich eine Ankunftsverspätung von mindestens drei Stunden nicht vermeiden lässt.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ))
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 +Wenn das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen im oben dargestellten Sinne ergreift, ist es gemäß Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO von einer Verpflichtung zur Ausgleichszahlung befreit. Für diese Befreiung reicht es
 +nach der aufgezeigten Rechtsprechung gerade nicht aus, dass der Grund für die Entstehung des Ausgleichsanspruchs - ein Zeitverlust von mindestens drei Stunden - durch zumutbare Maßnahmen nicht abwendbar war. Um sich von der Haftung zu entlasten, muss das Luftfahrtunternehmen vielmehr nachweisen, dass keine zumutbare Möglichkeit einer früheren Ankunftszeit bestand.((BGH, Urteil v. 10. Oktober 2023 - X ZR 107/22 ))
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 ==== Art. 7 FluggastrechteVO ==== ==== Art. 7 FluggastrechteVO ====
  
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