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privatrecht:fluggastrechteverordnung [2023/07/19 09:09] – [Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO] mfreund | privatrecht:fluggastrechteverordnung [2023/07/25 08:30] – Externe Bearbeitung 127.0.0.1 | ||
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+ | ====== Fluggastrechteverordnung ====== | ||
+ | Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates | ||
+ | vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und | ||
+ | Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei | ||
+ | Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung | ||
+ | (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU L 46 vom 17. Februar 2004, S. 1 ff.) | ||
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+ | ==== FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. b, g, h; Art. 3 Abs. 1 ==== | ||
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+ | Bei einem auf einer einheitlichen Buchung beruhenden Flug, der aus zwei | ||
+ | Teilflügen besteht, ist ein Unternehmen, | ||
+ | Durchführung des zweiten Teilflugs übernommen hat, als ausführendes Unternehmen bezüglich des gesamten Flugs anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn die Fluggäste den zweiten Teilflug wegen Verspätung des ersten Teilflugs nicht erreicht haben.((BGH, | ||
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+ | In diesem Zusammenhang ist unerheblich, | ||
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+ | ==== FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. f ==== | ||
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+ | Der Begriff " | ||
+ | Ausreichend dafür ist, dass die Flüge von einem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurden, das einen einheitlichen Flugschein im Sinne von Art. 2 Buchst. f FluggastrechteVO ausgegeben hat.((BGH, Urteil vom 9. Mai 2023 - X ZR 15/20; im Anschluss an EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2022 - C-436/21, NJW 2022, 3343 Rn. 25-31)) | ||
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+ | ==== Art. 3 FluggastrechteVO: | ||
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+ | Die Fluggastrechteverordnung gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. a für alle Fluggäste, die einen Flug auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaates, | ||
+ | Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO folgt, dass die Verordnung auch anzuwenden ist, wenn der Fluggast seinen endgültigen Zielort über direkte Anschlussflüge erreicht.((BGH, | ||
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+ | Ein vergünstigter Tarif, den ein Luftfahrtunternehmen für Geschäftsreisen von Mitarbeitern eines Unternehmens gewährt, das eine entsprechende Rahmenvereinbarung geschlossen hat, ist im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 FluggastrechteVO für die Öffentlichkeit verfügbar.((BGH, | ||
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+ | ==== Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO ==== | ||
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+ | Der Tatbestand des Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO ist nicht erfüllt, wenn der | ||
+ | Fluggast auf dem vorgesehenen Flug befördert worden ist.((BGH, Urteil vom 25. April 2023 - X ZR 25/22)) | ||
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+ | ==== Art. 5 Abs. 1 FluggastrechteVO | ||
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+ | Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 FluggastrechteVO um einen gesetzlichen, | ||
+ | des Fluggastes betreffenden Anspruch gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen auf vertraglicher Grundlage. Damit ist für die Kläger der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 Abs. 1 ZPO) eröffnet.((BGH, | ||
+ | 18. Januar 2011 - X ZR 71/10, BGHZ 188, 85 Rn. 26 ff.; Beschluss vom 14. Juni 2016 - X ZR 92/15, RRa 2016, 229 Rn. 9 mwN)) Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.((Urteil vom 7. März 2018 in den verbundenen Rechtssachen C-274/16, C-447/16 und C-448/16, NJW 2018, 2105 ff.)) | ||
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+ | Der Fluggast darf grundsätzlich die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur außergerichtlichen Geltendmachung seines Ausgleichsanspruchs für erforderlich halten, wenn das Luftverkehrsunternehmen ihn nicht vollständig und klar darüber unterrichtet hat, unter welchen Voraussetzungen, | ||
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+ | Soll der endgültige Zielort des Fluggastes nach der zugrunde liegenden einheitlichen Buchung von einem Flughafen im Unionsgebiet aus mit direkten Anschlussflügen über Drittstaaten erreicht werden und trifft er dort infolge einer Verspätung des ersten Fluges von unter drei Stunden mit großer Verspätung ein, steht dem Fluggast ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen des Ausgangsfluges zu.((BGH, Urteil vom 16. April 2019 - X ZR 93/18; Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - X ZR 127/11, RRa 2013, 237)) | ||
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+ | Der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 FluggastrechteVO wegen verspäteter Ankunft (vgl. Erwägungsgrund 15 FluggastrechteVO) ist im Ausgangspunkt daran geknüpft, dass | ||
+ | der betroffene Fluggast an seinem endgültigen Zielort (Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO) mit einer großen Verspätung von drei Stunden oder mehr eintrifft.((BGH, | ||
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+ | Wird dieser Zielort nicht mit einem Direktflug erreicht, sondern über direkte Anschlussflüge (Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO), | ||
+ | mehr erreicht worden ist.((BGH, Beschl. v. 16. April 2019 - X ZR 41/18; m.V.a. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - C-11/11, RRa 2013, 78 Rn. 35 - Folkerts)) | ||
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+ | Wird ein solcher Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 FluggastrechteVO darauf gestützt, dass bei einem Flug mit direktem Anschlussflug auf der Grundlage einer bestätigten Buchung der endgültige Zielort (Art. 2 | ||
+ | Buchst. h FluggastrechteVO) mit großer Verspätung erreicht wurde, ist Erfüllungsort i. S. v. § 29 ZPO jedenfalls auch der Abflugort des ersten (Teil-)Fluges.((BGH, | ||
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+ | Dies gilt nach dem Rechtsgedanken des Art. 7 Nr. 1 Buchst. b, 2. Spiegelstrich Brüssel-Ia-VO, | ||
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+ | Der für den Fall der Annullierung eines Fluges in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO wahlweise vorgesehene Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten steht dem jeweiligen Fluggast auch dann zu, wenn er nicht Vertragspartner des Luftbeförderungsvertrags ist.((BGH, Urteil vom 27. September 2022 - X ZR 35/22)) | ||
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+ | Der aufgrund einer Annullierung bestehende Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO umfasst sowohl die Kosten des Hinflugs als auch die Kosten des Rückflugs, wenn Hin- und Rückflug Gegenstand einer einheitlichen Buchung sind, über die ein einziger Flugschein ausgestellt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Ort aus der Rückflug vorgesehen war.((BGH, Urteil vom 18. April 2023 - X ZR 91/22)) | ||
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+ | ==== Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO ==== | ||
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+ | Außergewöhnliche Umstände, die nach Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung einem Ausgleichsanspruch wegen Annullierung oder erheblicher Verspätung entgegenstehen können, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Umstände, die außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Dies sind Ereignisse, die | ||
+ | nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als jedenfalls in der Regel von außen kommende besondere Umstände dessen ordnungs- und planmäßige Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Umstände, die im Zusammenhang mit einem den Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis | ||
+ | zurückgehen, | ||
+ | tatsächlich nicht zu beherrschen ist.((BGH, Urt. v. 4. Juni 2019 - X ZR 22/18 ; m.V.a. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-549/09, Slg. 2008 I-11061 = NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn. 23 - Wallentin-Hermann/ | ||
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+ | Welche Maßnahmen einem Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer großen Verspätung eines Flugs führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls; | ||
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+ | Im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO sind lediglich Maßnahmen zu berücksichtigen, | ||
+ | diesen Flug sowie einen direkten Anschlussflug gebuchten Fluggastes an seinem Endziel durch eine Umbuchung auf einen anderen (Anschluss-)Flug verhindert werden kann, ist hingegen nur im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO von Bedeutung.((BGH, | ||
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+ | Ein mehrstündiger Ausfall aller Computersysteme an den Abfertigungsschaltern eines Flughafenterminals, | ||
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+ | Ein ausführendes Luftverkehrsunternehmen kann sich zur Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen an die Fluggäste bei Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges auf einen außergewöhnlichen Umstand | ||
+ | berufen, der vorangegangene Flüge betroffen hat, die es selbst mit demselben Flugzeug durchgeführt hat, sofern ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieses Umstands und der Verspätung oder Annullierung des späteren Fluges besteht.((BGH, | ||
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+ | -> [[Annullierung eines Flugs wegen technischer Defekte beim Betrieb eines Flugzeugs]] \\ | ||
+ | -> [[Annullierung eines Flugs wegen Streik]] \\ | ||
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+ | Zu den zumutbaren Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO gehört es, dem Fluggast eine mögliche anderweitige direkte oder indirekte Beförderung mit einem Flug anzubieten, den das betroffene oder | ||
+ | ein anderes Luftfahrtunternehmen durchführt und der mit weniger Verspätung als der nächste Flug des betreffenden Luftfahrtunternehmens ankommt, es sei denn, die Durchführung einer solchen anderweitigen Beförderung stellt für das betreffende Unternehmen angesichts seiner Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt ein nicht tragbares Opfer dar.((BGH, Urteil vom 10. November 2022 - X ZR 97/21 -; Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 11/20, NJW-RR 2021, 926 = RRa 2021, 188 Rn. 41; im Anschluss an EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 - C-74/19, NJW-RR 2020, 871 = RRa 2020, 185 Rn. 61 - LE/TAP)) | ||
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+ | Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU L 46 S. 1 ff.) vorgelegt: | ||
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+ | 1. Ist ein Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung generell ausgeschlossen, | ||
+ | gebuchten Ersatzflug nutzt und dadurch das Endziel mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden erreicht, oder kommt ein Ausgleichsanspruch in dieser Konstellation jedenfalls dann in Betracht, wenn schon vor dem Zeitpunkt, | ||
+ | in dem sich der Fluggast spätestens zur Abfertigung einfinden muss, hinreichend gesicherte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es am Endziel zu einer Verspätung von mindestens drei Stunden kommen wird? | ||
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+ | 2. Für den Fall, dass Frage 1 im zuletzt genannten Sinne zu beantworten ist: Setzt der Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung in der genannten Konstellation voraus, dass sich der Fluggast nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung rechtzeitig zur Abfertigung einfindet? | ||
+ | ==== Art. 7 FluggastrechteVO ==== | ||
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+ | Der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO ist als Anspruch "aus einem Vertrag" | ||
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+ | Der Anspruch folgt zwar nicht unmittelbar aus dem mit einem Luftfahrtunternehmen abgeschlossenen | ||
+ | Beförderungsvertrag, | ||
+ | mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen selbst bestehen oder mit einem anderen Unternehmen, | ||
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+ | Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 7. März 2018 (C-274/16, C-447/16 und C-448/16 - Flightright/ | ||
+ | bei einer aus zwei Teilstrecken bestehenden Flugreise " | ||
+ | wurde, das nicht Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist. Der Unionsgerichtshof | ||
+ | hat zur Begründung ausgeführt, | ||
+ | Fluggast von A nach C zu befördern. Eine derartige Beförderung stelle eine | ||
+ | Dienstleistung dar, bei der einer der Orte, an denen sie hauptsächlich erbracht | ||
+ | werde, C (d.h. der Ankunftsort des zweiten Flugs) sei, weil der Beförderungsvertrag | ||
+ | über die aus Teilstrecken bestehende Flugreise die Beförderung der | ||
+ | Fluggäste bis zum Ankunftsort der zweiten Teilstrecke umfasse (EuGH, NJW | ||
+ | 2018, 2105 Rn. 71 f.).((BGH, Urteil v. 25. September 2018 - X ZR 76/16)) | ||
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+ | Daraus ergibt sich zugleich, dass der Ankunftsort der zweiten Teilstrecke | ||
+ | erst recht als Erfüllungsort im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, | ||
+ | 2. Spiegelstrich Brüssel-Ia-VO anzusehen ist, wenn - wie im Streitfall - die erste | ||
+ | Teilstrecke der Flugreise, auf dem die zu der großen Verspätung führende Störung | ||
+ | eingetreten ist, von dem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, das | ||
+ | Vertragspartner der betreffenden Fluggäste ist, auch wenn die zweite Teilstrecke | ||
+ | von einem Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurde, das nicht Vertragspartner | ||
+ | der betreffenden Fluggäste ist. | ||
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+ | Der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO richtet sich im Fall | ||
+ | des Code-Sharing nur gegen dasjenige Luftfahrtunternehmen, | ||
+ | tatsächlich durchführt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verpflichtung nach | ||
+ | Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 ordnungsgemäß erfüllt worden | ||
+ | ist, die Fluggäste über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens | ||
+ | zu unterrichten.((BGH, | ||
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+ | Macht der Fluggast den Ausgleichsanspruch gegenüber dem vertraglichen | ||
+ | Luftfahrtunternehmen geltend, das den Flug nicht durchgeführt hat, ist dieses | ||
+ | verpflichtet, | ||
+ | zu unterrichten. Verletzt das Luftfahrtunternehmen diese vertragliche | ||
+ | Nebenpflicht, | ||
+ | durch die erfolglose Weiterverfolgung des Ausgleichsanspruchs gegenüber | ||
+ | dem vermeintlichen Schuldner entsteht.((BGH, | ||
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+ | Das ausführende Luftverkehrsunternehmen muss einem Fluggast, dem ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO zusteht, grundsätzlich auch die Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts erstatten, wenn es die ihm gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO obliegende Informationspflicht verletzt hat.((BGH, Urteil vom 1. September 2020 - X ZR 97/19 ; m.V.a. BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 - X ZR 24/18, NJW 2019, 1373 Rn. 6 f.)) | ||
+ | |||
+ | Ein nicht vorhergesehenes Ereignis, von dem rund die Hälfte aller vorhandenen Flugzeuge betroffen ist, betrifft typischerweise einen wesentlichen Teil der Flotte und gehört deshalb grundsätzlich nicht zur normalen Tätigkeit | ||
+ | eines Luftfahrtunternehmens.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Besteht aufgrund eines an einem Flugzeug aufgetretenen Defekts Anlass, alle Flugzeuge dieses Typs einer Untersuchung zu unterziehen, | ||
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+ | Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hängt die Entstehung eines Ausgleichsanspruchs davon ab, ob ein Zeitverlust von drei Stunden oder mehr am Endziel eingetreten ist.((BGH, Urteil vom 16. Mai 2023 - X ZR 49/21 - Dentalkamera; | ||
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+ | Endziel ist gemäß der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Definition in Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO der Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein, bei direkten Anschlussflügen der Zielort | ||
+ | des letzten Fluges.((BGH, | ||
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+ | Direkte Anschlussflüge im Sinne dieser Bestimmung liegen vor, wenn zwei oder mehr Flüge eine Gesamtheit darstellen. Eine solche Gesamtheit liegt vor, wenn die Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren.((BGH, | ||
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+ | ==== Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO ==== | ||
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+ | Eine Entschädigungsleistung, | ||
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+ | Eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO ist auf einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, | ||
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+ | Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich, | ||
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+ | ==== Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO ==== | ||
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+ | Gemäß Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO geben die ausführenden Luftfahrtunternehmen Personen mit eingeschränkter Mobilität (Art. 2 Buchst. i FluggastrechteVO) und deren Begleitpersonen bei der Beförderung Vorrang. | ||
+ | Diese Verpflichtung trägt dem in Erwägungsgrund 19 der Verordnung formulierten Ziel Rechnung, dass die ausführenden Luftfahrtunternehmen den besonderen Bedürfnissen von Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen gerecht werden sollten.((BGH, | ||
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+ | Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO verpflichtet das ausführende Luftfahrtunternehmen insbesondere, | ||
+ | die Frage von Bedeutung sein, welche Fluggäste nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b | ||
+ | oder c FluggastrechteVO anderweitig befördert werden.((BGH, | ||
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+ | Die Verpflichtung, | ||
+ | Stand 1. April 2023, Art. 11 Rn. 6)) | ||
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+ | Hieraus ergibt sich, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich ist, wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO die Möglichkeit genommen | ||
+ | hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen.((BGH, | ||
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+ | ==== Art. 12 FluggastrechteVO: | ||
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+ | Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind nach der Fluggastrechteverordnung wegen Beförderungsverweigerung gewährte Ausgleichsansprüche auf Schadensersatzansprüche nach § 651f Abs. 1 BGB aF anzurechnen, | ||
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+ | Nach diesen Grundsätzen sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, | ||
+ | schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, | ||
+ | übereinstimmt, | ||
+ | |||
+ | Die Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung dient nicht nur dem pauschalierten Ersatz immaterieller Schäden in Form von Unannehmlichkeiten infolge des durch die Flugverspätung erlittenen Zeitverlusts, | ||
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+ | ==== Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO ==== | ||
+ | |||
+ | Nach Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO muss das ausführende Luftverkehrsunternehmen sicherstellen, | ||
+ | gemacht werden, dass sie im Falle einer Beförderungsverweigerung, | ||
+ | insbesondere über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen verlangen können.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Hieraus ergibt sich zwar, dass schriftliche Informationen jedenfalls dann zu erteilen sind, wenn ein Fluggast dies verlangt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat dies jedoch nicht zur Folge, dass auch die Information gemäß Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO nur auf Verlangen des einzelnen Fluggasts zu erteilen ist. Die Regelungen in Art. 14 Abs. 1 und 2 FluggastrechteVO betreffen vielmehr unterschiedliche Tatbestände und sehen dafür unterschiedliche Rechtsfolgen vor.((BGH, Urteil vom 1. September 2020 - X ZR 97/19)) | ||
+ | |||
+ | Die Pflicht aus Art. 14 Abs.1 FluggastrechteVO greift unabhängig davon, ob es zu einer Beförderungsverweigerung, | ||
+ | |||
+ | Der in Art. 14 Abs. 1 FluggastrechteVO vorgeschriebene Hinweis, dass die in Rede stehenden Informationen auf Verlangen auszuhändigen sind, kann vielmehr auch in den von Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO erfassten Fällen von Bedeutung sein, insbesondere dann, wenn das Luftverkehrsunternehmen seiner Verpflichtung aus dieser Vorschrift nicht von sich aus nachkommt.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine Verpflichtung, | ||
+ | erteilen, zumutbar. So kann die Information im Falle einer Verspätung in aller Regel schon im Flugzeug verteilt werden. Bei einer Annullierung oder Beförderungsverweigerung ist die Kontaktaufnahme mit den betroffenen Fluggästen | ||
+ | jedenfalls dann nicht mit allzu großem Aufwand verbunden, wenn sich diese bereits am Abfertigungsschalter oder Flugsteig eingefunden haben. In allen anderen Fällen ist eine Kontaktaufnahme in der Regel ohnehin erforderlich, | ||
+ | den Fluggast über die eingetretene Komplikation zu informieren. Bei dieser Gelegenheit kann auch die nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO geschuldete Information übermittelt werden.((BGH, | ||
+ | |||
+ | ==== Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO ==== | ||
+ | |||
+ | Nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO hat das ausführende Luftverkehrsunternehmen jedem betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis auszuhändigen, | ||
+ | gemäß der Verordnung dargelegt werden.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Die Information des Fluggastes muss diesen in die Lage versetzen, seine Rechte effektiv (und ohne anwaltliche Hilfe) wahrnehmen zu können.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Da insbesondere die Verpflichtung zur Ausgleichsleistung bei großer Verspätung dem Wortlaut der Verordnung nicht zu entnehmen ist, reicht es zur Darlegung der " | ||
+ | |||
+ | Ferner muss, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat der Anspruchsgegner jedenfalls dann ausdrücklich angegeben werden, wenn er für den Fluggast nicht ohne weiteres zu erkennen ist.((BGH, Urteil vom 1. September 2020 - X ZR 97/19, m.V.a. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - X ZR 35/15, NJW 2016, 2883 Rn. 22; Urteil vom 25. Februar 2016 - X ZR 36/15, BeckRS 2016, 7889 Rn. 22; Urteil vom 12. September 2017 - X ZR 102/16, NJW 2018, 1251 = RRa 2018, 76 Rn. 24; NJW 2019, 1373 Rn. 6 f.)) | ||
+ | |||
+ | Wenn der Fluggast mangels ausreichender Belehrung nicht in der Lage ist, seine Ansprüche ohne anwaltliche Hilfe geltend zu machen, ist es in der Regel nicht zu beanstanden, | ||
+ | seiner Rechte betraut. Das Luftverkehrsunternehmen hat es in der Hand, die damit verbundenen Kosten durch eine ordnungsgemäße Belehrung zu vermeiden. Wenn es diese Möglichkeit nicht nutzt, kann es nicht erwarten, dass der | ||
+ | Fluggast sich darauf beschränkt, | ||
+ | kann, grundsätzlich vielmehr zum Anlass nehmen, einen anderen Weg zu suchen, um diese Rechte geltend zu machen. Dazu gehört die Beauftragung eines Anwalts mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Die Verletzung der Informationspflicht steht als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal zur Darlegungs- und Beweislast des Anspruchstellers. Das Luftverkehrsunternehmen trifft aber eine sekundäre Darlegungslast, | ||
+ | Anspruchsteller substantiiert vorträgt, nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Da der Hinweis nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO schriftlich zu geben ist, ist es dem ausführenden Luftverkehrsunternehmen regelmäßig möglich und auch zumutbar, vorzutragen, | ||
+ | |||
+ | Vor diesem Hintergrund kommt der Kläger seiner primären Darlegungslast in der Regel nach, wenn er vorträgt, das Luftverkehrsunternehmen habe keine klare Anweisung erteilt, was er zur Geltendmachung ihrer Ansprüche zu unternehmen habe.((BGH, Urteil vom 1. September 2020 - X ZR 97/19; m.V.a. BGH, NJW 2019, 1373 Rn. 10)) | ||
+ | |||
+ | ==== ZPO § 29; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 1 Buchst. b ==== | ||
+ | |||
+ | Bei der einheitlichen Buchung mehrerer Flüge ohne nennenswerten Aufenthalt nach einer der Teilstrecken ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes für einen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung, | ||
+ | |||
+ | |||
+ | Dies gilt unabhängig davon, ob der Ausgleichsanspruch gegen den Vertragspartner des Fluggastes geltend gemacht wird oder gegen das ausführende Luftverkehrsunternehmen, | ||
+ | |||
+ | ==== Erfüllungsort für Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung ==== | ||
+ | |||
+ | Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der Erfüllungsort für Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung nicht nach dem Recht zu bestimmen, dem der Beförderungsvertrag unterliegt, sondern entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 7 Nr. 1 Brüssel-Ia-VO.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei Dienstleistungen, | ||
+ | |||
+ | Nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs ist allerdings nicht von vornherein auszuschließen, | ||
+ | sind, für eine Klage auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung gegebenenfalls die Zuständigkeit anderer Gerichte begründen können; dies können auch die Gerichte am Ort einer Zwischenlandung sein. Hierzu ist aber zumindest erforderlich, | ||
+ | |||
+ | ==== Prüfung der Einreisedokumente des Passagiers ==== | ||
+ | |||
+ | |||
+ | Es obliegt in erster Linie dem Fluggast, die für eine Einreise am Zielort erforderlichen Dokumente mit sich zu führen. Zwar haben auch Luftverkehrsunternehmen grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, keine Fluggäste ohne die für die Einreise in den Ziel- bzw. Transitstaat gültigen Papiere zu befördern. Hieraus ergibt sich aber keine vertragliche Pflicht zur Überprüfung dieser Unterlagen, sondern lediglich eine dem eigenen | ||
+ | Interesse dienende Obliegenheit.((BGH, | ||
+ | |||
+ | |||
+ | ===== siehe auch ===== | ||
+ | |||
+ | -> [[Fluggast]] \\ | ||
+ | -> [[Reiserecht]] \\ |
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