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privatrecht:ermittlung_des_schadensersatzes_nach_dem_verletzergewinn [2017/01/24 14:10] 127.0.0.1 Externe Bearbeitung |
privatrecht:ermittlung_des_schadensersatzes_nach_dem_verletzergewinn [2022/01/14 08:59] (aktuell) mfreund [Rechtsprechung und Schrifttum] |
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====== Ermittlung des Schadensersatzes nach dem Verletzergewinn ====== | ====== Ermittlung des Schadensersatzes nach dem Verletzergewinn ====== | ||
- | -> [[Verletzergewinn]] | + | -> [[Patentrecht: |
+ | -> [[Urheberrecht: | ||
+ | -> [[Wettbewerbsrecht: | ||
+ | -> [[Herausgabe von weitergehendem Gewinn]] \\ | ||
+ | -> [[Berechnung des Verletzergewinns]] \\ | ||
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+ | Der Kläger kann die Herausgabe des Verletzergewinns insoweit verlangen, als dieser auf der Rechtsverletzung beruht.((BGH, | ||
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+ | Der herauszugebende Gewinn muss aus der Schutzrechtsverletzung gezogen worden sein. Jeder ursächliche Zusam-menhang zwischen der Schutzrechtsverletzung und dem erlangten Gewinn reicht grundsätzlich aus.((BGH, Urteil v. 25. März 2010, I ZR 130/08; m.V.a. BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Dia-Rähmchen II)) | ||
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+ | Dagegen ist der Gewinn nicht herauszugeben, | ||
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+ | Der Markeninhaber kann seinen durch eine Markenverletzung entstandenen Schaden nach | ||
+ | den Grundsätzen der [[Herausgabe des Verletzergewinns]] berechnen, auch wenn er seine | ||
+ | Marke selbst nicht kommerziell vermarktet.((BGH, | ||
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+ | Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, | ||
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+ | Es wäre unbillig, dem Verletzer einen Gewinn zu belassen, der auf der unbefugten Nutzung des Ausschließlichkeitsrechts beruht. Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädi-genden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte.((BGH, | ||
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+ | Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch | ||
+ | auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensnachteils, | ||
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+ | Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit soll der Verletzte auch schon bei fahrlässigem Verhalten wie der Geschäftsherr bei der angemaßten Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB gestellt werden.((BGH, | ||
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+ | Um dem Ausgleichsgedanken Rechnung zu tragen, wird dabei fingiert, dass der Verletzte ohne die Rechtsverletzung unter Ausnutzung der ihm ausschließlich zugewiesenen Rechtsposition in gleicher Weise Gewinn erzielt hätte wie der Verletzer.((BGH, | ||
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+ | Es liegt in der Natur der Immaterialgüterrechte, | ||
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+ | Der Verletzergewinn ist nach der gesetzlichen Regelung in voller Höhe herauszugeben, | ||
+ | v. Falckenstein aaO § 14a Rdn. 15; Nirk/ | ||
+ | 2. Aufl., §§ 14, 14a Rdn. 67; Heermann, GRUR 1999, 625, 627)) | ||
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+ | Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Schadensersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns beruht gerade auf dem Gedanken, daß der Verletzer so behandelt werden soll, als habe er bei der Nutzung des Schutzrechts als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt. Dem steht nicht entgegen, daß der Verletzergewinn nach § 14a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG (" | ||
+ | - Tchibo/ | ||
+ | unter Verletzung des Schutzrechts hergestellte Erzeugnis keine identische Nachbildung des geschützten Gegenstands darstellt oder sonst besondere Eigenschaften aufweist, die für den erzielten Erlös von Bedeutung sind.((BGH, Urt. v. 2. November 2000 - I ZR 246/98 - Gemeinkostenanteil)) | ||
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+ | ==== Umfang der Schadenersatzpflicht ==== | ||
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+ | Schadenersatzrelevant ist zunächst derjenige Umsatz (und Gewinn) den der Verletzer im Rahmen seines Geschäftsbetriebes mit dem geschützten Gegenstand als solchem erzielt. Damit ist der mögliche Umfang der [[Schadenersatzpflicht]] jedoch noch nicht abgesteckt.((vgl. OLG Düsseldorfer, | ||
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+ | ==== Schadensersatz aus Kennzeichenverletzung ==== | ||
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+ | Bei Kennzeichenrechtsverletzungen kommt häufig eine Herausgabe des gesamten mit dem widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstand erzielten Gewinns nicht in Betracht, weil der geschäftliche Erfolg in vielen Fällen nicht ausschließlich oder noch nicht einmal überwiegend auf der Verwendung des fremden Kennzeichens beruht.((BGH, | ||
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+ | Berechnet der Markeninhaber den durch eine Verletzung seiner Marke entstandenen Schaden nach dem vom Verletzer erzielten Gewinn, besteht der Schaden nur in dem Anteil des Gewinns, der gerade auf der Benutzung seines Schutzrechts beruht. Kennzeichnet der Verletzer seine Waren zugleich mit seiner Marke, kann in einem solchen Fall der Mindestschaden in Form einer Quote des Verletzergewinns nach § 287 ZPO geschätzt werden.((Leitsatz - BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005 – I ZR 322/02 - Noblesse)) | ||
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+ | ==== Schadensersatz aus ergänzendem wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz ==== | ||
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+ | Auch bei einer identischen Nachbildung ist im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem | ||
+ | Leistungsschutz zu berücksichtigen, | ||
+ | technischen Gegenstandes wie des Steckverbindergehäuses weniger die Gestaltung | ||
+ | als vielmehr die technische Funktionalität entscheidend ist, für die die Klägerin keinen Schutz in Anspruch nehmen kann.((BGH, Urt. v. 21. September 2006 – I ZR 6/04 - Steckverbindergehäuse)) | ||
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+ | ==== Auskunftsanspruch ==== | ||
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+ | Art und Umfang der Auskunftspflicht sind im Einzelfall nach den durch Treu und Glauben gebotenen Maßstäben abzugrenzen, | ||
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+ | Der Umstand, dass nicht der gesamte mit dem Absatz der widerrechtlich gekennzeichneten Ware erzielte Gewinn herausverlangt werden kann, hat Auswirkungen auch auf den Umfang des Auskunftsanspruchs. Dabei ist zu berücksichtigen, | ||
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+ | Kommt für die Ermittlung des Schadens eine Schätzung in Betracht, ist der Verletzer nicht verpflichtet, | ||
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+ | Der Umstand, dass in Kennzeichenstreitsachen über den Verletzergewinn häufig keine detaillierten Angaben gemacht zu werden brauchen, bedeutet allerdings nicht, dass eine Anwendung der Grundsätze der Gemeinkostenanteil-Entscheidung (BGHZ 145, 366) im Kennzeichenrecht ausgeschlossen wäre. Zum einen kann auch im Fall einer Verletzung von Kennzeichenrechten der erzielte Gewinn – etwa bei der Benutzung einer Prestigemarke oder einer dreidimensionale Marke – fast ausschließlich auf der Verwendung des fremden Kennzeichens beruhen((vgl. Ingerl/ | ||
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+ | ==== Sonstiges ==== | ||
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+ | Bis zum BGH-Urteil über die Berechnung des Verletzergewinns nach Schutzrechtsverstoß (BGH GRUR 2001/329 ' | ||
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+ | Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist kein Anspruch auf Ersatz des konkret entstandenen Schadens, sondern zielt in anderer Weise auf einen billigen Ausgleich des Vermögensanteils, | ||
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+ | Der Verletzergewinn ist nach der gesetzlichen Regelung in voller Höhe herauszugeben. Gemeinkosten sind davon nun nicht mehr abzuziehen, da sie zwar Voraussetzung der Leistungserstellung und damit der Herstellung und des Vertriebs der schutzrechtsverletzenden Gegenstände sind, einer solchen Produktion jedoch nicht mehr unmittelbar zugerechnet werden können, d.h. davon verursacht sind. Entsprechend werden auch auf Seiten des Verletzten die Fixkosten durch die Verletzungshandlung nicht geringer. Bei Fixkosten besteht dementsprechend die Vermutung, dass sie ohnehin angefallen wären. Falls und soweit Fixkosten und variable Gemeinkosten ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können, sind diese allerdings bei der Ermittlung des Verletzergewinns von den Erlösen abzuziehen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Verletzer. | ||
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+ | => Der über den Verletzergewinn bestimmte Schadensersatz kann nach dieser Entscheidung nun ein Vielfaches des nach der Lizenzanalogie Bestimmten ausmachen. | ||
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+ | Unmittelbare Zurechnungskosten: | ||
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+ | * Materialkosten | ||
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+ | * Personalkosten soweit Einstellungen speziell für die Produktion und Vertrieb des Verletzungsgegenstands vorgenommen wurden; Einsatz des Standardpersonals ist nicht abzugsfähig | ||
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+ | * Anlagenkosten: | ||
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+ | Andere Verhältnisse ergeben sich bei einem abtrennbaren Betriebsteil, | ||
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+ | Zu den vorangegangenen Entscheidungen: | ||
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+ | GRUR 1993/55 ' | ||
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+ | * der Verletzergewinn wird nur anteilig zugesprochen (Tschibo/ | ||
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+ | * auf den Gewinn aus dem Hauptartikel kann zurückgegriffen werden soweit dieser Gewinn auf die Werbewirksamkeit des beigelegten Verletzungsgegenstands zurückzuführen ist (Diarähmchen II) | ||
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+ | * Kausalität zwischen Verletzergewinn und Verletzung ist erforderlich. Der BGH schränkt dies in der Gemeinkostenentscheidung insoweit ein, als dass den besonderen Vertriebsleistungen des Verletzers nicht Rechnung zu tragen ist, d.h. das Argument, der Verletzte hätte den Gewinn niemals erzielen können zieht nicht. | ||
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+ | Auch das Schrifttum hat zu einem wesentlichen Teil die in der " | ||
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+ | An diesen, für das Patentrecht und – wie dargetan - auch für das Wettbewerbsrecht geltenden Grundsätzen hat die für das Geschmacksmusterrecht ergangene Entscheidung des I. Zivilsenats " | ||
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+ | Dass auch im Schrifttum und in der Rechtsprechung die " | ||
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+ | ==== Geschmacksmusterrecht ==== | ||
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+ | Das Gesetz enthält deshalb mit dem Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns aus § 14a Abs. 1 Satz 2 GeschmMG eine Regelung, nach der sich der Verletzer letztlich so behandeln lassen muß, als habe er das Geschmacksmusterrecht als Geschäftsführer ohne Auftrag benutzt((vgl. dazu - zum Patentrecht - BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 511 - Dia-Rähmchen II, im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts; | ||
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+ | Wegen der besonderen Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Geschmacksmusterrechts als eines Immaterialgüterrechts wird der Verletzte auch schon bei fahrlässigem Handeln des Verletzers so gestellt wie der Geschäftsherr bei der sog. angemaßten Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB ((vgl. | ||
+ | dazu auch Staudinger/ | ||
+ | 94 - Kunststoffhohlprofil; | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | -> [[Schadensersatzanspruch]] \\ | ||
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