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patentrecht:wesentliche_elemente_der_erfindung

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Wesentliche Elemente der Erfindung

Bei den Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung (§ 10 PatG → Mittelbare Patentverletzung) ist die Frage, was zu den wesentlichen Elementen der Erfindung gehört, vom Gegenstand der Erfindung her zu beantworten.1)

Da der Patentanspruch maßgeblich dafür ist, welcher Gegenstand durch das Patent geschützt ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG (BGHZ 159, 76 - Flügelradzähler), soweit sie nicht ausnahmsweise zum Leistungsergebnis nichts beitragen.2)

Etwas anderes gilt nur für Mittel, die zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der geschützten Lehre jedoch nichts beitragen. Leistet ein Mittel dagegen einen solchen Beitrag, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs es zusammenwirkt.3)

Deshalb ist grundsätzlich unerheblich, ob das Merkmal, mit dem das Mittel zusammenwirkt, durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt ist oder ob es den „Kern“ der Erfindung betrifft.4)

Nach der Rechtsprechung des Senats bezieht sich ein Mittel nicht auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es zwar bei der Benutzung eingesetzt werden kann, aber von völlig untergeordneter Bedeutung ist5) und zur Verwirklichung der geschützten Lehre nichts beiträgt.6)

Ein Mittel bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn es geeignet ist, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken.7)

Ein Merkmal des Patentanspruchs kann im Sinne des § 10 PatG als nichtwesentliches Element der Erfindung anzusehen sein, wenn es zu dem Leistungsergebnis der Erfindung, d.h. zu der erfindungsgemäßen Lösung des dem Patent zugrunde liegenden technischen Problems, nichts beiträgt.8)

Mittel, die zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der Lehre der Erfindung jedoch nichts beitragen, werden von diesem Kriterium nicht erfasst. Leistet ein Mittel dagegen einen solchen Beitrag, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs das Mittel zusammenwirkt. Denn was Bestandteil des Patentanspruchs ist, ist regelmäßig bereits deshalb auch wesentliches Element der Erfindung.9)

§ 10 PatG erweitert nicht den - durch den Patentanspruch definierten - immateriellen Schutzgegenstand, dessen Nutzung ausschließlich dem Patentinhaber zugewiesen ist, sondern soll den Patentinhaber im Vorfeld drohender Verletzungen vor dem Eingriff in diesen Schutzgegenstand schützen. Deshalb beschränkt das Tatbestandsmerkmal der „Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen“, das Vorfeldverbot auf das Anbieten und die Lieferung solcher Mittel, die nach ihrer Wirkungsweise geeignet sind, einen Eingriff in den Schutzgegenstand nach sich zu ziehen. Nur ein solches Mittel bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung, das geeignet ist, mit weiteren Mitteln, die nach den Merkmalen des Patentanspruchs ausgebildet sind, bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken. Denn nur aus dieser Eignung ergibt sich die von der Ausgestaltung des Mittels selbst unabhängige besondere Gefahr, mit der Lieferung des Mittels zu einem Eingriff in den Schutzgegenstand des Patents beizutragen. Mittel, die zwar bei der Benutzung der Erfindung verwendet werden können, zur Verwirklichung der Lehre der Erfindung jedoch nichts beitragen, werden von diesem Kriterium nicht erfaßt. Leistet ein Mittel dagegen einen solchen Beitrag, kommt es im allgemeinen nicht darauf an, mit welchem Merkmal oder welchen Merkmalen des Patentanspruchs das Mittel zusammenwirkt. Denn was Bestandteil des Patentanspruchs ist, ist regelmäßig bereits deshalb auch wesentliches Element der Erfindung. Insbesondere ist es nicht möglich, die wesentlichen Elemente einer Erfindung danach zu bestimmen, ob sie den Gegenstand des Patentanspruchs vom Stand der Technik unterscheiden.10)

Bei einem Verfahrensanspruch bezieht sich eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG.11)

Ein Mittel bezieht sich nicht schon dann auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, wenn es zur Verwirklichung eines Verfahrensschritts eingesetzt wird, der den im Patentanspruch eines Verfahrenspatents vorgesehenen Schritten vorausgeht. Dies gilt auch dann, wenn der vorgelagerte Schritt notwendig ist, um die im Patentanspruch vorgesehenen Schritte ausführen zu können, und wenn das Mittel aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt werden kann.12)

siehe auch

1) , 12)
BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 69/13 - Audiosignalcodierung
2)
BGH, Urt. v. 27.2.2007 - X ZR 113/04 - Rohrschweißverfahren; m.V.a. BGH, Urt. v. 27.2.2007 - X ZR 38/06 - Pipettensystem
3)
BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 69/13 - Audiosignalcodierung; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. August 2012 - X ZR 33/10, BGHZ 194, 272 = GRUR 2012, 1230 Rn. 32 - MPEG-2-Videosignalcodierung; Urteil vom 27. Februar 2007 - X ZR 38/06, BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 Rn. 18 - Pipettensystem; Urteil vom 4. Mai 2004 - X ZR 48/03, BGHZ 159, 76, 86 = GRUR 2004, 758, 761 - Flügelradzähler
4)
BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 69/13 - Audiosignalcodierung; m.V.a. BGHZ 171, 167 Rn. 20 - Pipettensystem; BGHZ 159, 76, 86 - Flügelradzähler
5)
BGHZ 171, 167 Rn. 20 - Pipettensystem
6)
BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 69/13 - Audiosignalcodierung; m.V.a.; m.V.a. BGHZ 194, 272 Rn. 32 - MPEG-2-Videosignalcodierung; BGHZ 171, 167 Rn. 18 - Pipettensystem; BGHZ 159, 76, 86 - Flügelradzähler
7)
((BGH, Urt. v. 4.5.2004 - X ZR 48/03, GRUR 2004, 758, 761 - Flügelradzähler; m.V.a. BGHZ 159, 76, 85 - Flügelradzähler
8)
BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - X ZR 38/06 - Pipettensystem
9)
BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - X ZR 38/06 - Pipettensystem; m.V.a. BGHZ 159, 76, 86
10)
BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - X ZR 247/02 - Antriebsscheibenaufzug; m.V.a. BGH Urt. v. 4.5.2004 - X ZR 48/03, GRUR 2004, 758, 761 - Flügelradzähler
11)
BGH, Urt. v. 27.2.2007 - X ZR 113/04 - Rohrschweißverfahren
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