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patentrecht:naechstliegender_stand_der_technik

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 +====== Nächstliegender Stand der Technik ======
  
 +Ob sich dem [[Fachmann]] ein bestimmter [[Stand der Technik]] als möglicher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, bestimmt sich nicht danach, ob es sich hierbei um den nächsten Stand der Technik handelt. Die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als - aus nachträglicher Sicht - nächstkommender Stand der Technik ist weder ausreichend noch erforderlich.((BGH, Urteil v. 20. April 2021 - X ZR 40/19 - Zahnimplantat; BGH, Urteil vom 16. September 2017 - X ZR 109/15, GRUR 2018, 509 Rn. 102 - Spinfrequenz; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 - Olanzapin; Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14, GRUR 2017, 148 Rn. 42 f. ­ Opto-Bauelement; Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14, GRUR 2017, 498 Rn. 28 - Gestricktes Schuhoberteil))
 +
 +Die Wahl des Ausgangspunkts bedarf stets einer Rechtfertigung. Diese liegt in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns, für einen bestimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt.((BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 - Olanzapin; Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14, GRUR 2017, 148 Rn. 42 f. ­ Opto-Bauelement; Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14, GRUR 2017, 498 Rn. 28 - Gestricktes Schuhoberteil))
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 +Bei der Beurteilung des [[Erfinderische Tätigkeit|Naheliegens]] eines patentgeschützten Gegenstands kann nicht stets der "nächstkommende" [[Stand der Technik]] als alleiniger Ausgangspunkt zugrunde gelegt werden. Die Wahl eines Ausgangspunkts (oder auch mehrerer Ausgangspunkte) bedarf vielmehr einer besonderen Rechtfertigung, die in der Regel aus dem Bemühen des Fachmanns abzuleiten ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere - oder auch nur eine andere - Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt.((BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05 - Fischbissanzeiger; m.V.a. BGHZ 179, 168 Tz. 51 - Olanzapin)) 
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 +Für ein ausschließliches Abstellen auf einen "nächstkommenden" Stand der Technik bietet auch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973 (BGBl. 1976 II 649) keine Grundlage.((BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05 - Fischbissanzeiger; m.V.a. BGBl. 1976 II 649))
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 +Ob sich dem Fachmann ein bestimmter [[Stand der Technik]] als möglicher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht davon ab, ob es sich hierbei um den
 +nächstliegenden Stand der Technik handelt. Die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als - aus Ex-post-Sicht - nächstkommender Stand der Technik ist weder ausreichend((BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07,
 +BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 Rn. 51 - Olanzapin)) noch erforderlich((BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05, GRUR 2009, 1039 Rn. 20 - Fischbissanzeiger)).((BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14 - Gestricktes Schuhoberteil)) Die Wahl des Ausgangspunkts bedarf daher der Rechtfertigung, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt.((BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14 - Gestricktes Schuhoberteil; m.V.a. BGHZ 179, 168 - Olanzapin; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14, GRUR 2017, 148 Rn. 42 f. - Opto-Bauelement))
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 +Für die Beurteilung der Frage, ob sich dem Fachmann ein bestimmter Stand der Technik als möglicher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, ist die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als - aus der Sicht ex post - nächstkommender Stand der Technik weder ausreichend noch erforderlich.((st. Rspr., zuletzt BGH, Urt. v. 26.09.2017 - Spinfrequenz; m.V.a. BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14 , GRUR 2017, 498 Rn. 28 - Gestricktes Schuhoberteil))
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 +Im Einzelfall kann Anlass bestehen, bildliche Darstellungen eines eingetragenen
 +Designs als Ausgangspunkt für technische Überlegungen heranzuziehen.((BGH, Urteil v. 20. April 2021 - X ZR 40/19 - Zahnimplantat)) Der Senat hat - ohne die Frage zu problematisieren - schon verschiedentlich Designpatente und Geschmacksmuster als möglichen Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen.((BGH, Urteil v. 20. April 2021 - X ZR 40/19 - Zahnimplantat; m.V.a. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - X ZR 135/08 Rn. 36; Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14, GRUR 2017, 148 Rn. 53 f. - Opto-Bauelement; Urteil vom 18. Dezember 2018 - X ZR 37/17, GRUR 2019, 499 Rn. 47 - Eierkarton))
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 +===== siehe auch =====
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 +§ 3 (1) S. 2 PatG -> [[Stand der Technik]]