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markenrecht:unterbrechung_des_loeschungsverfahrens_durch_eroeffnung_des_insolvenzverfahrens

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Unterbrechung des Löschungsverfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Die Frage, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Verfahrensbeteiligten an einem markenrechtlichen Löschungsverfahren nach § 54 MarkenG zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 240 ZPO (§ 352 Abs. 1 Satz 1 InsO) führen kann, ist streitig.1)

Das Deutsche Patent- und Markenamt lehnt eine Anwendung des § 240 ZPO im Widerspruchs- und Einspruchsverfahren ab.2)

In der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts wird die Anwendung des § 240 ZPO im markenrechtlichen Löschungsverfahren weitgehend bejaht.3)

In der Literatur wird überwiegend für eine Anwendbarkeit des § 240 ZPO plädiert (vgl. Kraßer/Neuburger, GRUR 2010, 588, 590), jedenfalls soweit es zweiseitige Verfahren betrifft.4)

Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass im zweiseitigen Verfahren die Verfahrensunterbrechung nur für den Fall eingreifen könne, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Markeninhabers eröffnet worden ist, nicht aber über das des Löschungsantragstellers.5) Diese Ansicht stellt darauf ab, dass die Wahrung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter auf Seiten des Löschungsantragstellers nicht berührt werde, da das Löschungsverfahren nicht von einer Betroffenheit in eigenen Rechten abhängig sei. Eine Unterbrechung komme allerdings dann in Betracht, wenn ein Zivilrechtsstreit zwischen Markeninhaber und Antragsteller anhängig sei und die wirtschaftliche Position des Antragstellers sich durch die Löschung unmittelbar verbessern würde.6)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird das patentrechtliche, auf Unterlassung gerichtete Verletzungsverfahren unterbrochen, wenn über das Vermögen des Verletzers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, weil die Frage, ob der Verletzer die vom Verletzten beanstandete Handlung vornehmen darf, für den Gewerbebetrieb des Verletzers ein Vermögensinteresse darstellt.7)

Dasselbe gilt für das markenrechtliche Verletzungsverfahren, wobei zum Vermögen des insolventen Verletzers neben dem gegen ihn gerichteten Unterlassungsanspruch auch der sich daraus ergebende Schadensersatzanspruch einschließlich des zu seiner Durchsetzung dienenden unselbständigen Auskunftsanspruchs zählt.8)

Von der Unterbrechungswirkung des Verletzungsverfahrens ist auch eine vom Verletzer erhobene Löschungswiderklage erfasst.9)

Der Bundesgerichtshof hat außerdem entschieden, dass der patentrechtliche Nichtigkeitsstreit zur Konkurs- oder Insolvenzmasse des Nichtigkeitsklägers gehört. Eine Beziehung der Nichtigkeitsklage zum Vermögen des Nichtigkeitsklägers ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn dieser Gewerbetreibender ist und die Nichtigkeitsklage mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb erhoben worden ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers eines patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren unterbricht in diesem Fall das Nichtigkeitsverfahren.10)

Danach ist es gerechtfertigt, den registerrechtlichen Markenlöschungsstreit als zur Insolvenzmasse gehörig anzusehen, wenn der Löschungsantragsteller sich in einer ähnlichen Lage wie der Verletzer im Markenverletzungsverfahren befindet und sich dabei einer Löschungswiderklage als Verteidigungsmittel bedienen könnte. Dem steht nicht entgegen, dass ein markenrechtlicher Löschungsantrag keine individuelle Betroffenheit voraussetzt, sondern nach § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von jedermann gestellt werden kann. Sofern der Löschungsantragsteller und der Markeninhaber Wettbewerber sind, besteht ein Bezug des Löschungsverfahrens nicht nur zu dem Vermögen des Markeninhabers, sondern - auch ohne anhängiges Verletzungsverfahren - zu dem des Antragstellers. Ein Erfolg im markenrechtlichen Löschungsverfahren führt regelmäßig zu einer Verbesserung seiner Wettbewerbsposition. Der Löschungsantragsteller kann auf diese Weise eine Inanspruchnahme wegen einer Verletzung der Marke verhindern und für seinen Gewerbebetrieb eine größere Handlungsfreiheit am Markt erreichen.11)

siehe auch

1) , 11)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel
2)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. die Mitteilung Nr. 20/08 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. November 2008, BlPMZ 2008, 413; zustimmend für das patentrechtliche Verfahren vor dem DPMA: Schäfers/Schwarz in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 59 Rn. 155; ablehnend Cepl in Cepl/Voß, ZPO, 2. Aufl., § 240 Rn. 11; BeckOK.MarkenR/Albrecht, 15. Edition, Stand 1. Oktober 2018, MarkenG § 66 Rn. 139.2; Kraßer/Neuburger, GRUR 2010, 588, 590
3)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. BPatG, Beschluss vom 31. März 2004 - 28 W (pat) 116/02, juris Rn. 6; Beschluss vom 21. März 2005 - 30 W (pat) 141/03, juris Rn. 10; Beschluss vom 10. März 2009 - 27 W (pat) 78/09, juris Rn. 16; Beschluss vom 24. Januar 2011 - 27 W (pat) 77/09, juris Rn. 41; Beschluss vom 3. Mai 2018 - 30 W (pat) 28/15, juris Rn. 21 bis 26, mwN; aA BPatG, Beschluss vom 21. Mai 2007 - 27 W (pat) 37/06, GRUR 2008, 364, 365 [juris Rn. 21]; Beschluss vom 3. August 2011 - 28 W (pat) 59/10, NZI 2012, 291, 292 [juris Rn. 49]; vgl. hierzu auch die Nachweise bei Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 42 Rn. 71; zur Wirkung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers eines Gebrauchsmuster-Löschungsverfahrens BPatG, Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 W (pat) 447/99, juris Rn. 9
4)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. Cepl in Cepl/Voß aaO § 240 Rn. 9 ff.; Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 82 Rn. 75; ablehnend Schäfers/Schwarz in Benkard aaO § 59 Rn. 155
5)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. Grabrucker in Fezer, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., Kap. I 1 2 Rn. 644; zustimmend BeckOK.MarkenR/Kopacek, 15. Edition [Stand 1. Oktober 2018], MarkenG § 54 Rn. 62 und BeckOK.MarkenR/Albrecht aaO MarkenG § 66 Rn. 140
6)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. Grabrucker in Fezer aaO Kap. I 1 2 Rn. 644
7)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1965 - Ia ZR 144/63, GRUR 1966, 218, 219 [juris Rn. 36] - Dia-Rähmchen III
8)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. BGH, GRUR 2010, 343 Rn. 17 - Oracle; BGH, Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 101/15, GRUR 2017, 520 Rn. 12 = WRP 2017, 555 - MICRO COTTON
9)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. BGH, GRUR 2017, 520 Rn. 19 f. - MICRO COTTON
10)
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 114/17 - Kaffeekapsel; m.V.a. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1995 - X ZR 118/94, GRUR 1995, 394 [juris Rn. 4] - Aufreißdeckel; weiter differenzierend Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 85 Rn. 46; vgl. auch BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13, juris Rn. 5 bis 7
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