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+ | ====== Technisch bedingte Warenformen ====== | ||
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+ | **§ 3 (2) Nr. 2 MarkenG** | ||
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+ | Dem [[Markenschutz]] nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen, [...] die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind [...]. | ||
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+ | § 3 (1) -> [[Warenformmarken]] (Definition) \\ | ||
+ | § 3 (2) -> [[Freihaltebedürfnis an Produktformen]] \\ | ||
+ | § 3 (2) Nr. 1 -> [[Artbedingte Warenformen]] \\ | ||
+ | § 3 (2) Nr. 3 -> [[Wertbedingte Warenformen]] \\ | ||
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+ | §§ 3 - 6 MarkenG -> [[Marken und geschäftliche Bezeichnungen, | ||
+ | §§ 3 - 31 MarkenG (Teil 2) -> [[Voraussetzungen, | ||
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+ | § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt Art. 3 Abs. 1 lit. e Ziffer ii MarkenRL um. | ||
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+ | Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist ein Zeichen dem Schutz als Marke nicht zugänglich, | ||
+ | MarkenG dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. e 2. Spiegelstrich der Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und des am 28. November 2008 an seine Stelle getretenen Art. 3 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii der Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken. Sie ist daher richtlinienkonform auszulegen. Ist ein Zeichen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähig, | ||
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+ | Durch die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und die ihr zugrunde liegenden unionsrechtlichen Bestimmungen soll im Allgemeininteresse verhindert werden, dass dem Markeninhaber über das Markenrecht ein zeitlich unbegrenztes Monopol für technische Lösungen einer Ware eingeräumt wird, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann, und es Mitbewerbern erschwert wird, Waren mit diesen technischen Lösungen im Wettbewerb mit dem Markeninhaber frei anzubieten.((BGH, | ||
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+ | Ein dauerhafter Schutz über das Markenrecht würde dem System der gewerblichen Schutzrechte widersprechen, | ||
+ | frei verwendet werden dürfen.((BGH, | ||
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+ | Ein Zeichen besteht im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, wenn alle wesentlichen Merkmale der Form einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | Für die Prüfung des Schutzhindernisses sind zunächst im Wege der Einzelfallbeurteilung die wesentlichen Merkmale des Formzeichens zu ermitteln, indem entweder zunächst die Bestandteile des Zeichens nacheinander einzeln | ||
+ | geprüft werden oder unmittelbar der von dem Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck zugrunde gelegt wird.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | Bei der Ermittlung der wesentlichen Merkmale des Zeichens kann seine Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher Berücksichtigung finden.((BGH, | ||
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+ | Sodann ist zu prüfen, ob alle diese wesentlichen Merkmale einer technischen Funktion der betreffenden Ware entsprechen.((BGH, | ||
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+ | Diese Prüfung hat grundsätzlich anhand objektiver Kriterien auf der Grundlage der graphischen Darstellung und der bei der Anmeldung eingereichten Beschreibungen zu erfolgen; nicht maßgeblich ist die Wahrnehmung der angesprochenen Verbraucher.((BGH, | ||
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+ | Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG greift nicht ein, wenn die Form der betreffenden Ware ein wesentliches nichtfunktionelles - wie ein dekoratives oder phantasievolles - Element aufweist, das für diese Form von Bedeutung ist.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | In einem solchen Fall kann die technische Lösung von Mitbewerbern des Markeninhabers ohne Weiteres in Warenformen verkörpert werden, die ein anderes nichtfunktionelles Element als die Form der Ware des Markeninhabers aufweisen und weder mit ihr identisch noch ihr ähnlich sind, so dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verfügbarkeit der technischen Lösung durch die eingetragene Marke nicht besteht.((BGH, | ||
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+ | Die wesentlichen Merkmale eines Formzeichens sind zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich, | ||
+ | sein müssen, mit denen diese Funktion erreicht werden kann.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | Die in den wesentlichen Merkmalen verkörperte technische Funktion kann auch in der verbesserten Handhabbarkeit, | ||
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+ | Eine technische Wirkung kann auch durch formgebende Merkmale eines Zeichens erreicht werden, das für nichttechnische Produkte - etwa für Nahrungsmittel - Geltung beansprucht.((BGH, | ||
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+ | Ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt nur vor, wenn allen wesentlichen Merkmalen einer Formmarke eine technische Wirkung zukommt.((BGH, | ||
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+ | Die Beurteilung der Funktionalität der wesentlichen Merkmale eines Zeichens liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | Nur solche Formgestaltungen sind technisch bedingt und vom Markenschutz gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen, | ||
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+ | Die Erforderlichkeit einer technischen Wirkung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die technische Wirkung allein mit der betreffenden Form erzielt werden kann.((BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 - I ZB 3/17 - Traubenzuckertäfelchen; | ||
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+ | Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziffer ii der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke, | ||
+ | umbenannt worden ist, sind von der Eintragung Zeichen ausgeschlossen, | ||
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+ | Danach sind nicht nur technisch notwendige, sondern auch technisch bedingte Merkmale einer Warenform zur Begründung von Markenschutz ungeeignet.((BGH, | ||
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+ | Dadurch soll verhindert werden, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht ein zeitlich unbegrenztes Monopol für technische Lösungen und Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt wird, die nach dem System der gewerblichen Schutzrechte nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig sind.((BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel; | ||
+ | 1455 - Nestlé/ | ||
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+ | Die Bestimmung schließt es im öffentlichen Interesse aus, dass der Inhaber des Markenrechts technische Lösungen für sich monopolisieren und dadurch Mitbewerber daran hindern kann, ihre Ware mit diesen technischen Lösungen zu versehen.((BGH, | ||
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+ | Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu der Bestimmung der Markenrechtsrichtlinie entschieden hat, setzt dieses Eintragungshindernis voraus, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form nur der technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung durch andere Formen erzielt werden kann.((BGH, Beschluss v. 16. Juli 2009 - I ZB 55/07; m.V.a. EuGH, Urt. v. 18.6.2002 - C-299/99, Slg. 2002, I-5475 = GRUR 2002, 804 Tz. 83 = WRP 2002, 924 - Philips/ | ||
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+ | Eine differenzierte Betrachtung, | ||
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+ | ==== Nicht-technischer Überschuss ==== | ||
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+ | Weist der beanspruchte Gegenstand jedoch weitere, über die bloße technische Gestaltung hinausgehende Merkmale auf, die weder durch die Art der Ware noch technisch bedingt sind, kommt der Ausschlussgrund der fehlenden Markenfähigkeit nicht in Betracht.((BPatG, | ||
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+ | Ergibt sich, dass einem Merkmal zwar eine technische Funktion zukommt, es aber darüber hinaus einen nicht-technischen Überschuss aufweist, ist das Ausmaß dieses Überschusses im Hinblick auf den maßgeblichen Gesamteindruck der Form zu bestimmen. Wird der Gesamteindruck nicht nur unwesentlich durch einen solchen nicht-technischen Überschuss bestimmt, ist § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht anwendbar.((BPatG, | ||
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+ | ==== Notwendigkeit ==== | ||
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+ | Der Europäische Gerichtshof hat zum Begriff „notwendig“ in Art. 7 (1) e) (ii) GMV ausgeführt, | ||
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+ | Ähnliche Erwägungen finden sich auch in der Entscheidung „HILTI-KOFFER“ vom 11. Januar 2006 (R 0001/ | ||
+ | * dass eine bestimmte Form vorliegt, | ||
+ | * dass diese Form eine bestimmte Wirkung erzielt, | ||
+ | * dass der Eintritt oder Nichteintritt dieser Wirkungen, sei es auch nur zu ei-nem bestimmten relevanten Grad, gerade von der Form abhängt und | ||
+ | * dass diese Wirkung auf technischem und nicht etwa beispielsweise auf ästhetischem Gebiet liegt.((BPatG, | ||
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+ | ==== Beispielfälle ==== | ||
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+ | * Die dreidimensionale Wiedergabe eines quaderförmigen Spielbausteins, | ||
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+ | * Ein beachtlicher nicht-technischer Überschuss wurde vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Gabelstapler“ angenommen.((GRUR 2004, 502 ff.)) | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | §§ 3 - 6 MarkenG -> [[Marken und geschäftliche Bezeichnungen, | ||
+ | §§ 3 - 31 MarkenG (Teil 2) -> [[Voraussetzungen, | ||
+ | MarkenG -> [[Markengesetz]] \\ | ||
+ | * [[Freihaltebedürfnis an Produktformen]] (§ 3 (2) MarkenG) | ||
+ | * [[Warenformmarken]] |
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