Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung Nächste Überarbeitung | Vorhergehende Überarbeitung | ||
markenrecht:gm:erschoepfung_des_rechts_aus_der_unionsmarke [2020/11/17 08:46] mfreund |
markenrecht:gm:erschoepfung_des_rechts_aus_der_unionsmarke [2022/01/19 08:40] (aktuell) mfreund |
||
---|---|---|---|
Zeile 11: | Zeile 11: | ||
</ | </ | ||
+ | Eine Marke wird im Sinne der Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a GMV ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, | ||
+ | Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, | ||
+ | zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, | ||
- | Steht fest, dass die Beklagte ohne Zustimmung der Markeninhaberin im geschäftlichen Verkehr mit den Klagemarken identische Zeichen für identische Waren verwendet hat, für die die Marken Schutz genießen, stellt dies eine Markenverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV) dar, es sei denn, es handelt sich um Waren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Es obliegt der Beklagten der Nachweis dafür, dass diese | + | |
- | Produkte unter dieser Marke durch die Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung in der Europäischen Union beziehungsweise im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen; | + | Steht fest, dass die Beklagte ohne Zustimmung der Markeninhaberin im geschäftlichen Verkehr mit den Klagemarken identische Zeichen für identische Waren verwendet hat, für die die Marken Schutz genießen, stellt dies eine Markenverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV) dar, es sei denn, es handelt sich um Waren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen; |
- | - CONVERSE I; GRUR 2012, 630 Rn. 39 - CONVERSE II)) | + | |
+ | Es obliegt der Beklagten der Nachweis dafür, dass diese Produkte unter dieser Marke durch die Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung in der Europäischen Union beziehungsweise im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen; | ||
+ | |||
+ | Die Erfordernisse des Schutzes des freien Warenverkehrs nach Art. 34 [-> [[EU: | ||
+ | |||
+ | Die Regelungen zur Erschöpfung der Markenrechte haben den Zweck, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit | ||
+ | denen des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in Verkehr bringt, der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, wenn der von ihm wegen Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommene Dritte nachweisen kann, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den Beweis der Erschöpfung zu erbringen hat.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen; | ||
+ | |||
+ | Ein ausschließliches Vertriebssystem liegt vor, wenn es in den Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils (nur) einen Alleinvertriebsberechtigten gibt, der vertraglich verpflichtet ist, die in Rede stehende Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets | ||
+ | abzugeben.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Zum Beweis der tatsächlichen Gefahr einer Marktabschottung bedarf es nicht des unmittelbaren Nachweises, dass der Markeninhaber eine (weitere) Marktabschottung tatsächlich beabsichtigt. Die tatsächliche Gefahr der Marktabschottung besteht schon dann, wenn der als Verletzer in Anspruch Genommene durch die Offenbarung seiner Bezugsquelle nachweisen müsste, dass er die in Rede stehende Ware innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums von einem Vertragshändler des Markeninhabers erworben hat und dem Vertragshändler der Weiterverkauf | ||
+ | an Zwischenhändler außerhalb des Vertriebssystems untersagt ist. In diesem Fall spricht bereits die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass der Markeninhaber - schon um sein Vertriebssystem aufrechtzuerhalten - auf seinen Vertragshändler einwirken wird, derartige Lieferungen künftig zu unterlassen.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Die Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht nicht nur, wenn der Markeninhaber seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in Verkehr bringt. Sie kann in gleicher | ||
+ | Weise auftreten, wenn der Markeninhaber ein anderes Vertriebssystem unterhält, mit dem er ebenso verhindern kann, dass die in Rede stehenden Waren im Binnenmarkt grenzüberschreitend vertrieben werden. Hierzu kann auch ein selektives Vertriebssystem zählen.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Deshalb kann eine Beweislastumkehr zum Vorliegen der Voraussetzungen der Erschöpfung zum Schutz des freien Warenverkehrs auch bei einem selektiven Vertriebssystem in Betracht kommen.((BGH, | ||
+ | |||
+ | Von einer Abschottung der nationalen Märkte kann nicht generell ausgegangen werden, wenn bei einem selektiven Vertriebssystem ein Verkauf an Außenseiter verboten ist. Die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte | ||
+ | kann ausgeschlossen sein, wenn der Verkauf an Außenseiter verboten, aber [[Querlieferungen]] zwischen Vertriebspartnern in unterschiedlichen Mitgliedstaaten gestattet sind.((BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 147/18 - Querlieferungen)) | ||
Partnerprojekte: waidlerwiki.de - chiemgau-wiki.de