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markenrecht:feststellung_der_verkehrsdurchsetzung

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Feststellung der Verkehrsdurchsetzung

Verkehrsdurchsetzungsgrad
Zuordnungsgrad
Einhellige Verkehrsdurchsetzung

Die Verkehrsbefragung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur eines von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung.1)

Daneben können auch der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden.2)

Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten bereitet, verbietet es das Unionsrecht nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen.3)

Voraussetzung für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung

Voraussetzung für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG ist die Verwendung des Zeichens als Marke.4)

Eine rein beschreibende oder titelmäßige Verwendung des Zeichens genügt nicht. Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werks von anderen. Einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werks stellen sie regelmäßig nicht dar.5)

Allerdings kann der Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbinden. Dies ist in der Rechtsprechung für bekannte Titel regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften anerkannt.6)

Kriterien für die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung

Maßgebliche Kriterien für die Verkehrsdurchsetzung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sind insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand für die Marke, der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden.7)

Wenngleich es nicht auf generelle und abstrakte Angaben, z. B. bestimmte Prozentsätze, ankommt, können in schwierig zu beurteilenden Fällen auch Verbraucherbefragungen nach Maßgabe des nationalen Rechts Berücksichtigung finden.8)

Für die Frage, in welchem Umfang der Verkehr ein Zeichen als Herkunftshinweis versteht und das Zeichen demgemäß für die Kennzeichnungskraft und den Gesamteindruck der Klagemarke von Bedeutung ist, kommt es allein darauf an, welcher Anteil der befragten Personen in diesem Gestaltungsmerkmal einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (Durchsetzungs- oder Kennzeichnungsgrad).9)

Handelt es sich um einen Begriff, der die fragliche Dienstleistung ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen eine Verkehrsdurchsetzung und damit ein Bedeutungswandel erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht.10)

An den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer Gattungsbezeichnung als Marke eines bestimmten Unternehmens sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt besonders dann, wenn die Verkehrsauffassung maßgeblich von einem jahrzehntelang bestehenden Angebotsmonopol bestimmt ist, das es dem Verkehr nahe legt, die Gattungsbezeichnung mit dem einzigen Anbieter der fraglichen Dienstleistungen in Verbindung zu bringen, ohne darin zugleich einen Herkunftshinweis zu sehen. Erforderlich ist in einem solchen Fall eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung in allen beteiligten Verkehrskreisen.11)

Für die Verkehrsdurchsetzung eines graphisch und farblich gestalteten Wort-/Bildzeichens nach § 8 Abs. 3 MarkenG kann ein gegenüber dem reinen Wortzeichen geringerer Durchsetzungsgrund ausreichen.12)

Marken, die auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen sind, weisen, da sie die ihnen von Haus aus fehlende Unterscheidungskraft überwunden und sich als betriebliches Herkunftszeichen im Verkehr durchgesetzt haben, im Regelfall zunächst allein normale Kennzeichnungskraft auf. Eine Kennzeichnungsschwäche kann für derartige Zeichen nur angenommen werden, wenn hierfür besondere tatsächliche Umstände vorliegen. In der Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die Anlehnung des Zeichens an beschreibende Angaben die Kennzeichnungskraft schwächt.13)

Es ist anerkannt, dass einzelnen Mitgliedsunternehmen einer Unternehmensgruppe die Verkehrsbekanntheit eines einheitlich benutzten Unternehmenskennzeichens zugute kommen kann, wenn der Verkehr das Kennzeichen auch dem einzelnen Unternehmen zuordnet.14) Entscheidend ist stets, wie der Verkehr die gemeinschaftliche Benutzung desselben Schlagworts durch verschiedene Unternehmen auffasst.15)

Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung

Die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung wirft besondere Schwierigkeiten auf, wenn der Markenschutz für ein Zeichen beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt worden ist. In einem solchen Fall lassen die Umstände, die - wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen - sonst auf eine Verkehrsdurchsetzung hinweisen können, regelmäßig nur darauf schließen, dass die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 29 - VISAGE).

siehe auch

§ 8 (3) MarkenG → Verkehrsdurchsetzung

1)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12
2)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12; m.V.a. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 51 Windsurfing Chiemsee; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 I ZB 24/05, GRUR 2008, 710 Rn. 28 = WRP 2008, 1087 VISAGE
3)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12; m.V.a. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 53 Windsurfing Chiemsee; BGH, GRUR 2010, 138 Rn. 38 ROCHER-Kugel), die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung darstellt
4)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12; m.V.a. EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 C353/03, Slg. 2005, I6135 = GRUR 2005, 763 Rn. 26, 29 Nestlé/Mars zu Art. 3 Abs. 3 MarkenRL; BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Rn. 33 = WRP 2010, 260 ROCHER-Kugel zu § 8 Abs. 3 MarkenG
5)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12; m.Va. BGH, Urteil vom 22. März 2012 I ZR 102/10, GRUR 2012, 1265 Rn. 23 = WRP 2012, 1526 Stimmt's?
6)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12; m.V.a. BGH, Urteil vom 29. April 1999 I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 f. = WRP 1999, 1279 SZENE
7)
BPatG, Entscheidung v. 5. Dezember 2007 - 29 W (pat) 57/07 - Farbmarke Rot; m.V.a. EuGH GRUR 2006, 1022, Rn. 75 - Wicklerform; GRUR 2002, 804 , Rn. 60 – Philips; GRUR 1999, 723, Rn. 51 - Windsurfing Chiemsee
8)
BPatG, Entsch. v. 24. Januar 2007 - 32 W (pat) 134/04; m.w.N.
9)
BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 - I ZR 18/05 - TUC-Salzcracker
10)
BGH, Beschluss vom 19. 1. 2006 – I ZB 11/04. - Lotto
11)
BPatG, Beschl. v. 10. April 2007 - 26 W (pat) 24/06 - POST; m.V.a. BGH GRUR 2003, 1040, 1044 - Kinder; MarkenR 2006, 341 ff., Nr. 20 - LOTTO
12)
BGH, Beschluss vom 2. April 2009 - I ZB 94/06 - Kinder III
13)
BGH, Urteil vom 28. 8. 2003 - I ZR 257/00 - Kinder m. w. N.
14)
BGH, Urt. v. 31. Juli 2008 - I ZR 21/06 - Haus & Grund III; m.V.a vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2004 – I ZR 66/02, GRUR 2005, 61, 62 = WRP 2005, 97 – Compu-Net/ComNet II, m.w.N.
15)
BGH, Urt. v. 31. Juli 2008 - I ZR 21/06 - Haus & Grund III; m.w.N.
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