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markenrecht:assoziative_verwechslungsgefahr

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 +====== Assoziative Verwechslungsgefahr ======
  
 +Von der [[unmittelbare Verwechslungsgefahr|unmittelbaren Zeichenähnlichkeit]] abzugrenzen ist die assoziative Verwechslungsgefahr (auch "[[Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne]]"), bei der der Verkehr die Abweichung zwischen den Zeichen zwar erkennt, aufgrund besonderer Umstände aber gedankliche Verbindungen zwischen den Zeichen knüpft und deshalb einen falschen Schluß hinsichtlich der Herkunftsidentität zieht.
 +
 +Diese Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen nach ihrem Gesamteindruck nicht [[Unmittelbare Verwechslungsgefahr|unmittelbar miteinander verwechselbar]] sind.
 +
 +Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des [[Serienzeichen|Serienzeichens]] hat unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden.((BGH, Beschluss vom 9. Juli 2020 - I ZB 80/19 - YOOFOOD/YO))
 +
 +Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des [[Serienzeichen|Serienzeichens]] greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und
 +deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet.((BGH, Beschluss vom 9. Juli 2020 - I ZB 80/19 - YOOFOOD/YO; m.V.a. BGH, GRUR 2008, 905 Rn. 33 - Pantohexal; GRUR 2009, 484 Rn. 38 - METROBUS, mwN))
 +
 +Rechtsgrundlage der assoziativen Verwechslungsgefahr ist § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG, d.h. die Verwechslung aufgrund der Gefahr, daß die Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.
 +
 +<note>
 +** § 9 (1) Nr. 2 Alt. 2 MarkenG **
 +
 +Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden, wenn wegen ihrer Identität oder [[Zeichenähnlichkeit|Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang]] und der Identität oder der [[Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit|Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen]] für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken __gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden__;
 +</note>
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 +==== Voraussetzungen ====
 +
 +Die assoziative Verwechslungsgefahr hat zur Voraussetzung, dass der Verkehr, der die Unterschiede der Marken wahrnimmt und sie deshalb nicht [[Unmittelbare Verwechslungsgefahr|unmittelbar verwechselt]], auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in [[Prägetheorie|prägenden Einzelteilen]] Anlass hat, die jüngere Marke (irrtümlich) der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung zu schließen.((BPatG, Entscheidung vom 22.10.2007 - 26 W (pat) 88/02)) 
 +
 +Die assoziative Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass sich die Widerspruchsmarke allgemein zu einem Hinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden entwickelt hat, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn die Widerspruchsmarke zugleich das Firmenschlagwort ist.((BGH GRUR 2004, 779, 783 - Zwilling/Zweibrüder))
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 +==== Fälle der assoziativen Verwechslungsgefahr ====
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 +Unter die assoziative Verwechslungsgefahr fällt
 +  * die [[mittelbare Verwechslungsgefahr]] ([[Serienzeichen]])
 +  * die [[Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne]]
 +  * [[Gleiches Zeichenbildungsprinzip]]
 +  * [[Markenusurpation]]
 +
 +Eine durch gedankliche Verbindung hervorgerufene mittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Serienmarken denkbar. Vielmehr vermögen auch andere Umstände den Eindruck zu erwecken, die als unterschiedlich erkannten Marken seien demselben Unternehmen zuzuordnen. Hierbei können neben den übereinstimmenden auch die jeweils abweichenden betrieblichen Herkunft erinnernden Wortbildung die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf den gemeinsamen Markenteil lenken.((BPatG 24 W (pat) 238/99 – Wischmax/Max))
 +
 +Die assoziative Ähnlichkeit kann dabei darauf beruhen, dass ein Bestandteil den Verkehr an ein Zeichen erinnert, das er in der Kennzeichnung wiederzuerkennen glaubt.((BPatG, Beschluss vom 18. Oktober 2006 - 29 W (pat) 255/03; m.V.a. BGH GRUR 2002, 171, 175 - Marlboro-Dach))
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 +==== Abgrenzung ====
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 +Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, werden von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht erfasst.((BPatG, Entscheidung vom 22.10.2007 - 26 W (pat) 88/02; m.V.a. EuGH GRUR 1998, 387, 389, Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002, 544, 547 – BANK 24))
 +
 +Eine assoziative Verwechslungsgefahr scheidet aus, wenn die Übereinstimmungen zwischen den Zeichen lediglich eine allgemeine, nicht [[Herkunftsfunktion|herkunfstshinweisende]] rein assoziative gedankliche Verbindung bewirken.((BPatG, Beschl. v. 19. Mai 2006 - 27 W (pat) 385/03; m.V.a. EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 26 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24; BGH GRUR 2004, 779, 782 - Zwilling/Zweibrüder; a. a. O. - Coccodrillo))
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 +Nach der Rechtsprechung genügt es nicht, wenn die Übereinstimmung lediglich in einer allgemeinen, nicht herkunftshinweisenden, rein assoziativ gedanklichen Verbindung besteht und das Publikum einen Zusammenhang zwischen den Zeichen nur deshalb sieht, weil das eine Zeichen die Erinnerung an das andere weckt, ohne zu Verwechslungen zu führen.((BPatG, Beschluss vom 18. Oktober 2006 - 29 W (pat) 255/03; m.V.a. EuGH GRUR 1998, 387 - SABEL; BGH GRUR 2006, 60 ff. - Rn. 26 - Coccodrillo))
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 +==== Beispiele für Verwechlsungefahr durch gedankliche Verbindungen ====
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 +  * EUROHONKA ./. HONKA
 +  * CAVIAR ./. Perle de Caviar
 +  * Fructadiät ./. Fructa
 +  * Intecta ./. tecta
 +  * Effi Rauch ./. Rausch
 +  * Ella May ./. MEY
 +  * WESTLIFE ./. WEST((EuGH Urteil vom 4. Mai 2005 in der Rechtssache T‑22/04)) (EuGH)
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 +==== Verkehrskreise ====
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 +Bei der Beurteilung der Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens von Marken (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Alt. 2 MarkenG) ist – in noch stärkerem Maße als bei der unmittelbaren Verwechslungsgefahr – auf informierte, aufmerksame [[Verkehrskreise |Verbraucherkreise]] abzustellen, welche die jeweiligen Marken in ihrer der Registrierung entsprechenden Form, nicht aber aufgrund flüchtiger akustischer Aufnahme, wahrnehmen und davon ausgehend sich Gedanken über eine etwaige gemeinsame betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen oder über sonstige Verbindungen
 +zwischen den Markeninhabern machen.((BPatG, Beschluss vom 1. 2. 2006 – 32 W (pat) 62/03; auch BPatG; Beschl. v. 1. Februar 2006 - 32 W (pat) 62/03; m.V.a. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 470))
 +
 +===== siehe auch =====
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 +  * [[Verwechslungsgefahr]]
 +  * [[mittelbare Verwechslungsgefahr]]
 +  * [[Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne]]
 +  * [[Prägetheorie]]
 +  * [[Markenusurpation]]
markenrecht/assoziative_verwechslungsgefahr.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:27 von 127.0.0.1