§ 19a (1) des Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ermöglicht dem Bundeskartellamt, festzustellen, dass ein Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat.
Das Bundeskartellamt kann durch Verfügung feststellen, dass einem Unternehmen, das in erheblichem Umfang auf Märkten im Sinne des § 18 Absatz 3a tätig ist, eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Bei der Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. seine marktbeherrschende Stellung auf einem oder mehreren Märkten [→ Marktabgrenzung],
2. seine Finanzkraft oder sein Zugang zu sonstigen Ressourcen,
3. seine vertikale Integration und seine Tätigkeit auf in sonstiger Weise miteinander verbundenen Märkten,
4. sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
5. die Bedeutung seiner Tätigkeit für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie sein damit verbundener Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter. Die Verfügung nach Satz 1 ist auf fünf Jahre nach Eintritt der Bestandskraft zu befristen.
§ 19a (1) Satz 2 Nr. 1 GWB betrachtet die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens auf einem oder mehreren Märkten.
Für die in § 19a Abs. 1 Satz 1 GWB adressierte Intermediationstätigkeit muss daher das die Plattform betreibende Unternehmen - der Intermediär - weder einen Kontakt zwischen den verschiedenen Marktseiten herstellen, noch auf oder mit der Plattform den Abschluss von Geschäften zwischen verschiedenen Nutzergruppen oder Marktseiten möglich machen, auch wenn solche Vermittlungen ebenfalls erfasst sind. Die wettbewerbliche Gemeinsamkeit und Besonderheit digitaler Plattformmärkte liegt in den bereits genannten indirekten Netzwerkeffekten.1)
Diese können mit zunehmender Größe einer Plattform wachsen und sich verstärken, da ein Wachstum der Plattform die ökonomische Stärke des sie betreibenden Unternehmens erhöht und umgekehrt. Diese Auswirkungen von Plattformen stellen nach der Vorstellung des Gesetzgebers regelmäßig ein Element der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb dar, wobei unerheblich ist, ob diese Bedeutung gerade auf die Plattformtätigkeit des Unternehmens zurückzuführen oder auch aufgrund anderer Aktivitäten ermöglicht worden ist. Daher sollen von § 19a GWB insbesondere auch solche Unternehmen erfasst werden, die in erheblichem Umfang auf Märkten im Sinn des § 18 Abs. 3a GWB tätig sind, deren überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb sich aber zu wesentlichen Teilen auch aus anderen Aktivitäten auf digitalen Märkten speist.2)
Das Kriterium der Erheblichkeit soll sicherstellen, dass von der Vorschrift keine Unternehmen erfasst werden, bei denen die Tätigkeit als Plattform oder Netzwerk im Vergleich zu ihrer sonstigen Tätigkeit nur eine vollkommen un tergeordnete Rolle spielt, oder die auf den betreffenden Märkten im Vergleich zu ihren Wettbewerbern nur eine untergeordnete Bedeutung haben.3)
Dabei ist der unternehmensinterne Vergleich auch, aber nicht allein auf Basis von Umsatz- oder Gewinnzahlen vorzunehmen; vielmehr sind auch qualitative Gesichtspunkte und damit insbesondere die wettbewerbliche Bedeutung der Plattform im Ökosystem des potentiellen Normadressaten zu berücksichtigen.4)
Der Vergleich mit den Wettbewerbern setzt, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, nach Sinn und Zweck der Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb keinen auf bestimmte Märkte bezogenen Vergleich und folglich auch keine Marktabgrenzung voraus.5)
Das Kriterium des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GWB nimmt allein die Marktbeherrschung des Unternehmens gemäß § 18 GWB auf einem oder mehreren Märkten in den Blick.6)
§ 19a (1) Satz 2 Nr. 2 GWB berücksichtigt die Finanzkraft oder den Zugang zu sonstigen Ressourcen eines Unternehmens.
Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, umfasst der in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und § 18 Abs. 3 Nr. 2 GWB verwendete Begriff der Finanzkraft die Gesamtheit der finanziellen Mittel und Möglichkeiten eines Unter nehmens, insbesondere die Finanzierungsmöglichkeiten unter Einbeziehung von Eigen- und Fremdfinanzierung, sowie seinen Zugang zum Kapitalmarkt. Indikatoren dafür sind der Cashflow, Fremdfinanzierungsmöglichkeiten, nach der Bi lanz verfügbare liquide Mittel und Ertragskennziffern wie Jahresüberschüsse, Umsätze und die historische Investitionstätigkeit.7)
Der Finanzkraft sowie dem Zugang zu sonstigen Ressourcen ist im Anwendungsbereich des § 19a Abs. 1 GWB nach seinem Sinn und Zweck besonders dann Gewicht beizumessen, wenn diese einem Unternehmen erhebliche marktübergreifende Verhaltensspielräume eröffnen. Mit den in § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GWB genannten Merkmalen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine erhebliche Ressourcenstärke einem Unternehmen die Absicherung und Erweiterung der eigenen Marktposition - beispielsweise durch die hochpreisige Übernahme möglicher Wettbewerber oder hohe Investitionen in eigene neue Markteintritte - erlaubt und damit zu dessen systemischer Bedeutung beiträgt. Da § 19a Abs. 1 GWB für die Prüfung der Normadressatenstellung auch hinsichtlich der finanziellen und sonstigen Ressourcen allein auf das darin liegende Potential, nicht aber eine daraus resultierende konkrete Gefährdung für den Wettbewerb abstellt, kommt es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht darauf an, ob das Unternehmen seine Ressourcen tatsächlich (in großem Umfang) dafür einsetzt, seine Marktposition und sein Ökosystem abzusichern, die Markteintrittsbarrieren für Dritte zu erhöhen und innovativen Wettbewerb durch andere Unternehmen zu behindern. Das Bundeskartellamt war daher nicht gehalten, dies näher darzulegen.8)
Analysiert die vertikale Integration und die Tätigkeit auf verbundenen Märkten.
Eine konkrete Wettbewerbsgefährdung, mit der sich das aus den vertikalen und sonstigen Verbindungen resultierende strukturbedingte Gefährdungspotential für den Wettbewerb verwirklicht, ist auch für die Erfüllung des in § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GWB genannten Kriteriums nicht erforderlich.9)
Aus der Gesetzesbegründung folgt auch für das Merkmal der vertikalen Integration nichts Anderes. Soweit dort von für den Wettbewerb relevanten Schlüsselpositionen oder zentralen strategischen Positionen einiger Unternehmen die Rede ist, die Abhängigkeiten anderer Marktteilnehmer begründen und den Unternehmen erlauben, den Wettbewerbsprozess zum eigenen Vorteil zu verfälschen und ihre Marktmacht auf andere Märkte zu übertragen, sowie die Möglichkeiten einer vertikalen oder konglomeraten Ausnutzung wirtschaftlicher Macht verstärken zu können10), stellt dies eine Beschreibung der vom Gesetzgeber ermittelten wirtschaftlichen Realität dar und gibt zugleich die Motivation für das entsprechende gesetzgeberische Tätigwerden wieder. Es handelt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen dabei aber nicht um konkret zu prüfende Tatbestandsmerkmale des § 19a Abs. 1 GWB und erst recht nicht des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GWB. Dementsprechend musste das Bundeskartellamt im Hinblick auf die softwarebasierten Produkte und Dienstleistungen Apples weder ermitteln, ob von diesen eine „besondere Gefährdung“ für den Wettbewerb ausgeht, noch ein „strukturbedingtes Gefährdungspotential“ angesichts des auf den betreffenden digitalen Märkten - insbesondere bei Musik- und Videostreaming - bestehenden Wettbewerbs mit teils deutlich stärkeren Konkurrenten verneinen.11)
§ 19a (1) Satz 2 Nr. 4 GWB erfordert, dass ein Unternehmen tatsächlich und rechtlich auf wettbewerbsrelevante Daten zugreifen kann.
Anders als im Anwendungsbereich von §§ 19, 18 Abs. 1, 3, 3a und 3b GWB sind bei der Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung gemäß § 19a Abs. 1 GWB alle Möglichkeiten des Datenzugangs relevant, die einem Unternehmen auf allen seinen Tätigkeitsfeldern zur Verfügung stehen, sowie die (marktübergreifenden) Größen- und Ressourcenvorteile, die ihm dadurch erwachsen können, ohne dass es einer genauen Quantifizierung der durch die Datennutzung ermöglichten Verstärkung von Marktmacht gegenüber Wettbewerbern bedarf.12)
Zwar setzt auch das Tatbestandsmerkmal des Datenzugangs in § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GWB nicht voraus, dass das Unternehmen die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen – hier die ihm zugänglichen Daten – in einer den Wettbewerb gefährdenden Weise nutzt. Vielmehr stellt das Gesetz bei diesem Kriterium ebenfalls auf das mit dem Datenzugang verbundene Gefährdungspotential ab. Daher reicht aus, dass ein Unternehmen durch seine überragenden Größen- und Ressourcenvorteile und durch seine besondere strategische Positionierung Zugang zu einer außerordentlichen Menge wettbewerbsrelevanter Daten hat und diese Datenvorteile ihm erlauben, die Daten marktübergreifend einzusetzen. Unerheblich ist auch, zu welchem Zweck die Daten erhoben werden, insbesondere, ob dies allein für die Funktionsfähigkeit des Ökosystems geschieht und nicht aufgrund eines datengetriebenen Geschäftsmodells.13)
Ein „Zugang“ im Sinn des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GWB liegt jedoch nur vor, wenn das Unternehmen in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit hat, die Daten zu nutzen; das bloße Zugangspotential reicht, anders als das Bundeskartellamt meint, nicht aus.14) Bloße technische oder theoretische Zugriffsmöglichkeiten genügen nicht. Rechtliche Verbote (z.B. Datenschutzrecht) oder vertraglich vereinbarte Datenerhebungs- oder -speicherungsbeschränkungen schließen den Datenzugang aus, soweit das Datenschutzrecht die Erhebung oder Verarbeitung von Daten verbietet oder sie vertraglich ausgeschlossen ist.15)
Der Zugang eines Unternehmens zu wettbewerbsrelevanten Daten hat für die Normadressatenstellung gemäß § 19a Abs. 1 GWB deshalb Bedeutung, weil er in der digitalen Wirtschaft eine wichtige Ressource ist, um wettbewerbliche Vorteile zu erzielen oder sogar Marktzugänge zu kontrollieren.16) Insofern unterscheidet sich die Funktion des Merkmals des Datenzugangs im Anwendungsbereich des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GWB strukturell nicht von derjenigen, die ihm bei § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB für die Bemessung der Marktstärke zukommt. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung von § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB darauf reagieren, dass die Möglichkeiten der Datengewinnung und -nutzung durch die Digitalisierung und das Internet eine neue Dimension erhalten haben und die Marktstellung eines Unternehmens erheblich von seinem Zugang zu Daten beeinflusst werden kann, insbesondere wenn es sich um datenbasierte Angebote handelt. Die ausschließliche Verfügung über bestimmte wettbewerbsrelevante Daten kann eine Marktzutrittsschranke für Wettbewerber darstellen, insbesondere, wenn auf dem Markt indirekte Netzwerkeffekte wirken. Eingeschränkte Möglichkeiten von Wettbewerbern, vergleichbar große Datenbestände aufzubauen, können dem Inhaber der Daten Wettbewerbsvorteile und Marktmacht verschaffen.17) Auch im Anwendungsbereich des § 19a Abs. 1 GWB ergibt sich die – hier nicht auf einen bestimmten Markt bezogene, sondern marktübergreifende – Wettbewerbsrelevanz des Datenzugangs aus dem Vorteil des Unternehmens gegenüber seinen (potentiellen) Wettbewerbern, denen ein vergleichbarer Datenbestand nicht zugänglich ist, der also von diesen weder durch eigene Aktivität generiert noch am Markt erworben werden kann.18)
§ 19a (1) Satz 2 Nr. 5 GWB untersucht die Bedeutung der Tätigkeit eines Unternehmens für den Zugang Dritter zu Märkten.
Das Kriterium des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB nimmt - ebenso wie § 18a Abs. 3b GWB - die Abhängigkeit der Geschäftspartner des Normadressaten und dessen damit verbundene, auf seinen Ressourcen und seiner stra tegischen Positionierung beruhende Möglichkeit in den Blick, erheblichen Einfluss auf deren Geschäftstätigkeit zu nehmen. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kommt es auch bei diesem Kriterium lediglich auf die wettbewerblichen Möglichkeiten an, die durch eine Intermediärs- und Regelsetzungsmacht entstehen. Daher bedarf es auch hier keines Nachweises, dass die Machtstellung in wettbewerbswidriger, unfairer oder diskriminierender Weise genutzt wird, also eine konkrete Gefahr für den Wettbewerb besteht oder dieser bereits beeinträchtigt ist.19)
Für die (qualitative und quantitative) Bemessung der Intermediärs- und Regelsetzungsmacht kann auf die Anzahl und die wirtschaftliche Relevanz der vermittelten Geschäfte und die den Geschäftspartnern zur Verfügung stehenden Ausweichmöglichkeiten auf andere Angebote oder Vertragspartner abgestellt werden.20)
§ 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB setzt nicht voraus, dass das Unternehmen auf der Plattform konkrete geschäftliche Transaktionen vermittelt. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB, der allein auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten abstellt, nicht aber auf eine Vermittlung konkreter Beschaffungs- oder Absatzgeschäfte. Auch aus der Gesetzbegründung ergibt sich kein solches Erfordernis.21)
Die Regelsetzungsmacht, an die § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB anknüpft, kann sich daher - abhängig vom Geschäftsmodell des Plattformbetreibers - aus unterschiedlichsten Tätigkeiten ergeben. So vermittelt zwar der Betreiber einer Handelsplattform typischerweise konkrete Transaktionen. Von der Norm erfasst werden aber auch Suchmaschinen und Vergleichsportale, die Informationen im Vorfeld möglicher Transaktionen sowie Aufmerksamkeit für Werbetreibende vermitteln. Gleiches gilt für technische Plattformen wie Betriebssysteme, welche drit ten Marktteilnehmern die technische Möglichkeit verschaffen, eine Vielzahl von Diensten und anderen Leistungen anzubieten und zu erbringen, oder App Stores, auf denen digitale Inhalte vertrieben werden.22)
Auch die Anbieter von Sprachassistenten können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Regelsetzungsmacht im Sinn des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB haben, weil sie den technischen und inhaltlichen Rahmen vorgeben, den andere Unternehmen erfüllen müssen, um die Kompatibilität ihrer Produkte mit den Sprachassistenten zu gewährleisten und dadurch Endverbraucher zu erreichen.23)
Dies betrifft entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen nicht nur die Gerätehersteller, die den Sprachassistenten auf ihren Geräten installieren möchten, sondern auch andere Marktteilnehmer, die über diesen Zugang zu den Gerätenutzern als potentiellen Kunden suchen. Zugang zu einem Beschaffungs- oder Absatzmarkt kann danach nicht nur dadurch hergestellt werden, dass der Kontakt zu Kunden vermittelt wird, sondern auch dadurch, dass ein drittes Unternehmen durch die Tätigkeit des Intermediärs in die Lage versetzt wird, ein absatzfähiges, weil für die andere Nutzergruppe nutzbares Produkt herzustellen.24)
ach Sinn und Zweck der Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb ist für die Bejahung des in § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB genannten Kriteriums kein auf bestimmte Märkte bezogener Vergleich und demgemäß auch keine Abgrenzung bestimmter Beschaffungs- oder Absatzmärkte erforderlich. Mit dem Kriterium des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in stark innovationsgetriebenen Märkten dritte Unternehmen auf im weitesten Sinn „vorgelagerten“ Märkten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb abhängig sind. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Marktabgrenzung auf solchen Märkten nicht mehr Grundlage marktstruktureller Vermutungsregeln sein kann, sondern lediglich einen Aspekt für die wettbewerbliche Analyse darstellt.25)
§ 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB adressiert nicht allein die Tätigkeit des Normadressaten auf einer von ihm betriebenen Plattform oder in einem Netzwerk, auch wenn die Intermediationsmacht für Plattformen besonders kennzeichnend ist.26)
Vielmehr kann sich die Bedeutung seiner Tätigkeit für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie sein damit verbundener Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter auch aus einer Tätigkeit in sonstigen - auch analogen - Geschäftsfeldern ergeben, wie beispielsweise bei einer Lieferkette. Eine entsprechende Beschränkung des in § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB genannten Kriteriums auf die mit der Plattformtätigkeit verbundene Intermediationsmacht lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Auch die Gesetzessystematik stützt das Normverständnis der Beschwerde nicht. Dass nach § 18 Abs. 3b GWB für die Bewertung der Marktstellung eines Plattformbetreibers die Bedeutung der von ihm erbrachten „Vermittlungsdienstleistungen für den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten“ zu berücksichtigen ist, spricht nicht für, sondern gegen die von der Beschwerde vertretene einschränkende Auslegung des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB. Denn darin wird (allgemein) auf die „Bedeutung seiner Tätigkeit für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten“ abgestellt, also gerade nicht nur auf die aus „Vermittlungsdienstleistungen“ resultierende Einflussnahmemöglichkeit auf die Geschäftstätigkeit Dritter.27)
Insbesondere stehen aber auch Sinn und Zweck des § 19a GWB einer Ausklammerung der auf sonstigen Tätigkeiten des Normadressaten beruhenden Regelsetzungsmacht gegenüber Dritten aus dem Kriterium des § 19a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GWB entgegen. Adressat des § 19a GWB kann zwar nur ein Unternehmen sein, das (in erheblichem Maß) auf Plattformen tätig ist. Die Norm nimmt aber gerade dessen marktübergreifende Stärke und die daraus resultierende Be deutung für den Wettbewerb insgesamt in den Blick, und zwar ausdrücklich auch, soweit diese Bedeutung auf anderen Aktivitäten als der Plattformaktivität beruht.28)
Dementsprechend wird auch bei den anderen in § 19a Abs. 1 Satz 2 GWB genannten Kriterien - wie beispielsweise der Finanzkraft - nicht darauf abgestellt, ob diese aus der Plattformaktivität resultieren, sondern vielmehr das Unternehmen in seiner Gesamtheit betrachtet. Dessen volles Potential und die damit möglicherweise verbundenen (abstrakten) Gefahren für den Wettbewerb, die § 19a GWB adressiert, können aber nur erfasst werden, wenn auch eine auf anderen Märkten als digitalen Plattformen bestehende Regelsetzungsmacht gegenüber Dritten Berücksichtigung findet, wie zum Beispiel auf Märkten für analoge Produkte.
§ 19a GWB → Missbräuchliches Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb
Regelt das Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung und die Maßnahmen, die das Bundeskartellamt ergreifen kann.
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