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internetrecht:stoererhaftung_im_verhaeltnis_zu_8_abs._1_tmg

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Störerhaftung im Verhältnis zu § 8 Abs. 1 TMG

Die in § 8 Abs. 1 TMG in seiner Fassung vom 26. Februar 2007 (TMG 2007) geregelte und auf Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG [→ Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums] über den elektronischen Geschäftsverkehr beruhende Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters steht der Annahme nicht entgegen, dass der Anbieter eines Internetzugangs für von Dritten über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung haften kann [→ Störerhaftung des WLAN-Anschlussinhabers].1)

Es läuft § 8 Abs. 1 TMG und Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG nicht zuwider, von einem Diensteanbieter, dessen Dienste zur Begehung einer Rechtsverletzung genutzt worden sind, zu verlangen, dass er diese Rechtsverletzung abstellt oder verhindert und die für ein solches Verlangen aufgewendeten Abmahnkosten und Gerichtskosten erstattet2). Diese Vorschriften stehen der Verpflichtung des Betreibers eines privaten oder gewerblichen WLAN-Anschlusses zu Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen.3)

Nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31/EG [→ Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums] lässt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG [→ Urheberrechtsrichtlinie] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten gleichfalls sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln.4)

Bei der Beurteilung der Frage, welche technischen Maßnahmen einem Diensteanbieter auferlegt werden können, um Rechtsverletzungen abzustellen oder zu verhindern, haben die für eine solche Anordnung zuständigen innerstaatlichen Behörden oder Gerichte die betroffenen Grundrechte in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen5). Es ist danach ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Grundrecht der Rechtsinhaber auf Schutz des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta; Art. 14 Abs. 1 GG) einerseits und dem Recht des Diensteanbieters auf unternehmerische Freiheit(Art. 16 EU-Grundrechtecharta; Art. 12 Abs. 1 GG) sowie dem Recht der Nutzer dieses Dienstes auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta; Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) andererseits zu schaffen.6)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17 - Dead Island
2)
vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 76 bis 78 - McFadden/Sony Music
3)
BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17 - Dead Island; m.V.a. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 90 bis 101 - McFadden/Sony Music
4)
BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17 - Dead Island; m.V.a. den Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 43 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel
5)
EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 - McFadden/Sony Music; BGHZ 208, 82 Rn. 31 - Störerhaftung des Accessproviders
6)
BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 64/17 - Dead Island; m.V.a. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 100 - McFadden/Sony Music; vgl. BGHZ 208, 82 Rn. 34 - Störerhaftung des Accessproviders
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