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internetrecht:richtlinie_ueber_den_elektronischen_geschaeftsverkehr

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internetrecht:richtlinie_ueber_den_elektronischen_geschaeftsverkehr [2022/05/18 08:13] – [Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG] mfreundinternetrecht:richtlinie_ueber_den_elektronischen_geschaeftsverkehr [2023/07/25 08:23] (aktuell) – Externe Bearbeitung 127.0.0.1
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 +====== Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie) ======
  
 +
 +-> [[https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32000L0031&from=de|Richtlinie 2000/31/EG ]]
 + des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr")
 +
 +Art. 12 Abs. 1 -> [[Haftungsprivileg des Diensteanbieters]] \\
 +Art. 14 Abs. 1 -> [[Urheberrecht:Haftungsprivilegierung nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG]]
 +
 +
 +==== Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG: Kommerzielle Kommunikation ====
 +
 +
 +
 +<note>
 +**Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG**
 +Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck [...] "kommerzielle Kommunikation" alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt; die folgenden Angaben stellen als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar:
 +
 +- Angaben, die direkten Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens bzw. der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post;
 +
 +- Angaben in bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden;
 +</note>
 +
 +§ 2 Nr. 5 TMG -> [[Internetrecht:Kommerzielle Kommunikation]] \\
 +
 +Unter [[Wettbewerbsrecht:kommerzielle Kommunikation|kommerzieller Kommunikation]] im Sinne des Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (§ 5a Abs. 4 UWG) sind in Anlehnung an Art. 2 Buchst. f der [[Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr|Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr]] alle Formen der Kommunikation zu verstehen, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt.((BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-19/15, GRUR 2016, 1090 Rn. 25 f. = WRP 2016, 1466 - Verband Sozialer Wettbewerb; BGH, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 65] - Zufriedenheitsgarantie; Büscher/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 5a Rn. 149; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 5a Rn. 5.3; MünchKomm.UWG/Alexander, 3. Aufl.,§ 5a Rn. 311 f.))
 +
 +==== Art. 6 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG ====
 +
 +
 +Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juli 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 vom 17.7.2000, S. 1; im Folgenden: E-Commerce-Richtlinie)), deren Umsetzung die Novellierung des Teledienstegesetzes durch das elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) diente ((vgl. Begr. zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/6098, S. 11)), regelt nicht die Lieferung von Produkten ((vgl. BGH GRUR 2006, 513, 515 f. - Arzneimittelwerbung im Internet)).
 +
 +Im Hinblick auf den Zweck der E-Commerce-Richtlinie, im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 4 bis 6), liegt es nahe, den im Anhang der Richtlinie verwendeten Begriff der gewerblichen Schutzrechte (in der englischen Fassung: "industrial property rights") im Sinne des in Art. 30 EG verwendeten Begriffs des gewerblichen und kommerziellen Eigentums (in der engli-schen Fassung: "industrial and commercial property") zu verstehen.((BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 229/03 - Pietri di Soln))
 +
 +
 +
 +
 +Dem in Art. 6 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG geregelten Gebot der klaren Erkennbarkeit kommerzieller Kommunikationen liegt die Erwägung zugrunde, dass die verschiedenen Formen kommerzieller Kommunikation im
 +Interesse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs bestimmten Transparenzanforderungen genügen müssen (Satz 2 des Erwägungsgrunds 29 der Richtlinie 2000/31/EG). Die Empfänger kommerzieller Kommunikation sollen durch die Pflicht zur Kennzeichnung vor der Gefahr geschützt werden, dass ein Diensteanbieter sie über den kommerziellen Zweck einer Mitteilung im Unklaren lässt.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. BeckOK.Informations- und Medienrecht/Martini, 34. Edition [Stand 1. Februar 2021], § 2 TMG Rn. 25))
 +
 +Ausgenommen vom Begriff der kommerziellen Kommunikation sind nach Art. 2 Buchst. f 2. Spiegelstrich
 +der Richtlinie 2000/31/EG Angaben in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden. Unabhängig, insbesondere ohne Gegenleistung erfolgende Informationen zu Produkten, etwa auch Testberichte, sind damit nicht als Werbung kennzeichnungspflichtig.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. § 3 Abs. 1 Nr. 5 TDG aF vgl. BT-Drucks. 14/6098, S. 11))
 +
 +Das Erfordernis der Unabhängigkeit stellt sicher, dass Verbraucher nicht durch die vermeintlich wirtschaftlich unbeeinflusste Authentizität einer Darstellung, etwa einer Produktempfehlung, in die Irre geführt werden.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. BeckOK.Informations- und Medienrecht/Martini, 32. Edition [Stand 1. Februar 2021]§ 2 TMG Rn. 29c))
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 +Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift, in dem der vorgenannte Schutzzweck zum Ausdruck gelangt, handelt es sich bei dem Erfordernis der Unabhängigkeit um den Oberbegriff, der "insbesondere", also beispielhaft, im Falle einer Gegenleistung nicht erfüllt ist.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; vgl. auch den entsprechenden englischen, französischen und spanischen Wortlaut von Art. 2 Buchst. f 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2000/31/EG: "…in an independent manner, particularly when this is without financial consideration"/"…d’une manière indépendante, en particulier lorsqu’elles sont fournies sans contrepartie financière"/"…de forma independiente de ella, en particular cuando estos se realizan sin contrapartida económica"))
 +
 +
 +Der Schutzzweck dieser Regelung gleicht damit dem Schutzzweck der in Nr. 11 Satz 1 des Anhangs zur Richtlinie 2005/29/EG vorgesehenen Regelung. Danach liegt eine unter allen Umständen als unlauter geltende irreführende Geschäftspraktik vor, wenn redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt werden und der Gewerbetreibende diese Verkaufsförderung bezahlt hat, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde. Auch hiermit wird bezweckt, das Vertrauen von Verbrauchern in die Neutralität redaktioneller Inhalte zu schützen und versteckte Werbung im Interesse der Verbraucher und Wettbewerber zu verhindern.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. EuGH, Urteil vom 2. September 2021 - C-371/20, GRUR 2021, 1312 Rn. 29 = WRP 2021, 1411 - Peek & Cloppenburg; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZR 74/19, GRUR 2020, 997 Rn. 29 =
 +WRP 2020, 1295 - GRAZIA StyleNights))
 +
 +Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn unter Bezahlung im Sinne der Nr. 11 Satz 1 des Anhangs I zur Richtlinie 2005/29/EG nicht nur die Zahlung eines Geldbetrags, sondern jeder geldwerte Vorteil - auch in Form von Gegenständen oder Dienstleistungen - verstanden wird, sofern ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der in dieser Weise
 +vom Gewerbetreibenden geleisteten Bezahlung und der Veröffentlichung besteht.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. EuGH, GRUR 2021, 1312 Rn. 44 und 49 - Peek & Cloppenburg))
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 +Die in Art. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG niedergelegten Transparenzanforderungen gebieten es in gleicher Weise, der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienende Angaben einer Influencerin mangels Unabhängigkeit als kommerzielle Kommunikation im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG anzusehen, wenn der hierdurch begünstigte Unternehmer zwar keine Geldzahlung geleistet, jedoch das dargestellte Produkt der Influencerin zur Verfügung gestellt hat.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 5a Rn. 7.80j; Holznagel/Hartmann in Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, 52. Ergänzungslieferung April 2020, Teil 3 Rn. 215; Lehmann, WRP 2017, 772 Rn. 6; Rauer/Kempf, WRP 2022, 16 Rn. 22))
 +
 +Der Bezug zwischen Bericht und geldwertem Vorteil wird hier durch die naheliegende und daher regelhaft anzunehmende Erwartung des durch den Bericht begünstigten Unternehmens hergestellt, dass die Influencerin
 +über das Produkt berichten werde.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415 Rn. 22))
 +
 +Ein solcher Bericht ist durch die Produktbereitstellung initiiert und daher nicht unabhängig, so dass er als kommerzielle Kommunikation nach § 6 Abs. 1 TMG erkennbar sein muss.((BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III))
 +
 +==== Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG ====
 +
 +Einem Diensteanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, darf nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG keine allgemeine Verpflichtung auferlegt werden, die von ihm
 +gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Danach ist der Betreiber einer Internetplattform zur Speicherung von Informationen durch Dritte grundsätzlich nicht gehalten, jedes Angebot vor der in einem automatisierten Verfahren
 +erfolgenden Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Ferner ist ein solcher Diensteanbieter nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich, sofern er a) keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat und in Bezug auf Schadensersatzansprüche sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird oder b) sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Danach haftet der Betreiber einer Internetplattform zur Speicherung von Informationen durch Dritte, der keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information
 +hat, auch nicht auf Unterlassung.((BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15 - YouTube))
 +
 +Eine Verhaltenspflicht des Betreibers einer Internetplattform zur Speicherung von Informationen durch Dritte, deren Verletzung einen Unterlassungsanspruch begründen kann, kann daher erst nach Erlangung der Kenntnis von einer
 +Rechtsverletzung entstehen. Damit kann in derjenigen Verletzungshandlung, die
 +Gegenstand einer Mitteilung ist, mit der der Betreiber der Plattform erstmalig
 +Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die einen Unterlassungsanspruch begründet.((BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15 - YouTube; m.V.a.  BGHZ 191, 19 Rn. 39 - Stiftparfüm; BGH, GRUR 2015, 1129 Rn. 42 - Hotelbewertungsportal, jeweils mwN))
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 +Die Bedingungen und Modalitäten für die gerichtliche Anordnung gegen einen Vermittler können zwar nach Erwägungsgrund 59 Satz 5 der Richtlinie 2001/29/EG im nationalen Recht der Mitgliedstaaten geregelt werden. Dabei
 +sind nach Ansicht des Senats aber die Vorgaben von Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG zu beachten. Danach kann im nationalen Recht der Mitgliedstaaten eine gerichtliche Anordnung gegen einen Vermittler, der einen Dienst anbietet, der in der Speicherung der durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, nur für den Fall vorgesehen werden, dass der Vermittler tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat.((BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZR 140/15 - YouTube)) 
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 +===== siehe auch =====
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 +TMG -> [[Telemediengesetz]]