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internetrecht:rechtsverletzende_nutzung_einer_tauschboerse_im_gewerblichen_ausmass

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Rechtsverletzende Nutzung einer Tauschbörse im gewerblichen Ausmaß

Rechtsverletzende Tätigkeit im gewerblichen Ausmaß

Das Angebot eines einzelnen urheberrechtlich geschützten Werks im Internet in einer sog. Tauschbörse kann das geschützte Recht in einem gewerblichen Ausmaß verletzen. Denn der Rechtsverletzer hat es – auch wenn sich sein Angebot nur auf einen kurzen Zeitraum beschränkt haben mag – nicht mehr in der Hand, in welchem Umfang das Werk weiter vervielfältigt wird. Gerade in der weiteren Vervielfältigung liegt aber der Sinn und Zweck sog. Tauschbörsen im Interne.1)

Ein derart schwerer Eingriff kann sich zunächst daraus ergeben, dass ein Rechtsverletzer eine Vielzahl urheberrechtlich geschützter Werke öffentlich zugänglich macht. Dies lässt sich allerdings ohne die erst noch zu erteilende Auskunft des Internetproviders nicht feststellen, so dass hierauf ein Auskunftsanspruch praktisch nicht gestützt werden kann.2)

Eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß kann bei Vorliegen besonderer Umstände auch dann vorliegen, wenn ein einziges urheberrechtlich geschütztes Werk im Internet zum herunterladen angeboten wird.3)

Ein gewerbliches Ausmaß kann sich zunächst aus dem hohen Wert des angebotenen Werks ergeben.4)

Die zweite Fallgruppe besteht darin, dass eine hinreichend umfangreiche Datei innerhalb ihrer relevanten Verwertungsphase öffentlich zugänglich gemacht wird.5)

Eine hinreichend umfangreiche Datei liegt jedenfalls dann vor, wenn ein gesamtes Musikalbum oder ein Film angeboten wird. Dabei ist es unerheblich, ob der Verletzte Rechte an dem gesamten Musikalbum innehat oder nur an einem einzelnen Titel. Denn es genügt, dass eine Rechtsverletzung gewerblichen Ausmaßes vorliegt; nicht erforderlich ist es, dass der Antragsteller selbst in diesem Ausmaß in seinen Rechten verletzt ist.6)

Ob sich ein Werk in der relevanten Verwertungsphase befindet, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Nicht ausreichend ist es, dass überhaupt Verwertungshandlungen vorgenommen werden. Dies würde der oben dargestellten gesetzgeberischen und auch vom Senat geteilten Wertung, wie die geschützten Rechte abzuwägen sind, nicht entsprechen. Es haben sich aber Fallgruppen herausgebildet, in denen eine Rechtsverletzung gewerblichen Ausmaßes angenommen werden kann:7)

a) Eine solche liegt zunächst in dem in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses genannten Fall vor, dass eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird (BT-Drucks. 16/8783, S. 50). Denn in dieser Phase ist der Rechtsinhaber von Veröffentlichungen seines Werks durch Dritte besonders empfindlich betroffen. Den Zeitraum „unmittelbar nach“ der Veröffentlichung bemisst der Senat für Werke der Unterhaltungsmusik auf sechs Monate (vgl. Senat, Beschlüsse vom 21.7.2010 – 6 W 63/10 und 6 W 69/10; Beschluss vom 26.7.2010 – 6 W 98/10). Bei Hörbüchern, Hörspielen und ähnlichen nicht besonders aktualitätsbezogenen Werkgattungen hat der Senat dagegen längere Verwertungsphasen angenommen, ohne einen zeitlichen Rahmen zu benennen (vgl. Beschlüsse vom 4.6.2009 – 6 W 48/09 und 6 W 46/09; Beschluss vom 15.12.2010 – 6 W 166/10).

b) Nach Ablauf dieser Frist bedarf es besonderer Umstände, um ein Fortdauern der relevanten Verwertungsphase annehmen zu können. So kann bei einem fortdauernden besonders großen kommerziellen Erfolg des Werks die relevante Verwertungsphase noch nicht als beendet angesehen werden. Für Musikalben hat der Senat insoweit in mehreren Entscheidungen eine Plazierung in den TOP 50 der Verkaufscharts der Musikindustrie zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung als ausreichend angesehen (vgl. Beschlüsse vom 8.1.2010 – 6 W 153/09, vom 13.4.2010 – 6 W 28/10, vom 26.7.2010 – 6 W 98/10 und 6 W 77/10, vom 21.10.2010 – 6 W 87/10). Dasselbe gilt, wenn ein Titel auf einem Album zu diesem Zeitpunkt eine besonders gute Chartplazierung aufweist (vgl. Beschluss vom 18.11.2010 – 6 W 185/10: Platz 2 der Single-Charts). Ggf. kann auch anhand weiterer Umstände neben der Chartplazierung des Titels das Fortdauern der relevanten Verwertungsphase festgestellt werden (vgl. Beschluss vom 13.4.2010 – 6 W 28/10 für ein 8 Monate altes Erstwerk einer Künstlergruppe, das nach vier Monaten in einer Neuveröffentlichung erschienen war und von dem ein Titel zur Zeit der Rechtsverletzung in den Single-Charts plaziert war). Bei Hörbüchern mag zudem von Bedeutung sein, wie umfangreich das Werk ist und welchen Erfolg das zu hörende Buch hat. Gegen ein Andauern der relevanten Verwertungsphase spricht des dagegen, wenn das Werk zu Ausverkaufspreisen verramscht wird (vgl. Beschluss vom 26.7.2010 – 6 W 77/10; Beschluss vom 15.12.2010 – 6 W 166/10). Hierfür genügen aber nicht Preisschwankungen, wie sie sich etwa durch Sonderangebote ergeben können. Denn solche können auch noch innerhalb der Verwertungsphase als Marketinginstrument eingesetzt werden.

siehe auch

1)
OLG Köln, Beschluss v. 27.12.2010 - 203 O 171/10; m.V.a. Senat, GRUR-RR 2009, 9, 11; MMR 2009, 334
2) , 3) , 7)
OLG Köln, Beschluss v. 27.12.2010 - 203 O 171/10
4)
OLG Köln, Beschluss v. 27.12.2010 - 203 O 171/10; m.V.a. Senat, Beschluss vom 3.11.2008 - 6 W 136/08, für ein Computerprogramm, dessen aktuelle Version 499 € kostet und für dessen frühere Versionen der Nutzungsberechtigte kostenlose Upgrades zur Verfügung stellt
5)
OLG Köln, Beschluss v. 27.12.2010 - 203 O 171/10; m.V.a. Senat, GRUR-RR 2009, 9 [11] – Ganz anders; Beschluss vom 21.7.2010 – 6 W 79/10; ebenso OLG Schleswig, GRUR-RR 2010, 239 [240]; für kurz nach der Erstveröffentlichung angebotene Dateien im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt/Main, GRUR-RR 2009, 15 [16]; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2009, 379 [381]; OLG Hamburg, NJOZ 2010, 1222 [1223]; anders für einmalige Download-Angebote OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2009, 12 [13]; OLG Oldenburg, MMR 2009, 188 [189]
6)
OLG Köln, Beschluss v. 27.12.2010 - 203 O 171/10; m.V.a. vgl. Senat, GRUR-RR 2009, 9, 11
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