Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


Seitenleiste

Anzeigen:

PatForce

www.stilbetten.de



Ein Projekt von:
Dr. Martin Meggle-Freund

internetrecht:kommerzielle_kommunikation

finanzcheck24.de

Kommerzielle Kommunikation

§ 2 Nr. 5 TMG (kommerzielle Kommunikation)

Im Sinne dieses Gesetzes ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittel­baren Förderung des Absatzes von Waren, Dienst­leistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unter­nehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Han­del, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kom­munikation dar:

a) Angaben, die unmittelbaren Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens oder der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Do­ main­Name oder eine Adresse der elektronischen Post,

b) Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistun­gen oder das Erscheinungsbild eines Unterneh­mens, einer Organisation oder Person, die unab­hängig und insbesondere ohne finanzielle Gegen­leistung gemacht werden. Einer juristischen Person steht eine Personengesell­schaft gleich, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Kommerzielle Kommunikation ist gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt.1)

Keine kommerzielle Kommunikation stellt nach § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG die Übermittlung von Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person dar, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden. Gemäß einer Ergänzung in § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG durch das Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes und weiterer Gesetze vom 19. November 2020 umfasst dies auch solche unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemachten Angaben, die eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen.2)

Danach liegt sowohl nach der alten als auch nach der neuen Fassung des § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG kommerzielle Kommunikation zugunsten fremder Unternehmen nur vor, wenn für sie eine Gegenleistung erbracht wird.3)

Die Ausnahmeregelung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG, die der Umsetzung von Art. 2 Buchst. f 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2000/31/EG [→ Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr] dient, wonach Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden, als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation darstellen, bezieht sich nur auf kommerzielle Kommunikation zugunsten fremder Unternehmen. Angaben in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen, die der Förderung des eigenen Unternehmens dienen, nimmt der Unternehmer in aller Regel „unabhängig“ vor und ohne dass er dafür von jemandem eine Gegenleistung erhält. Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Regelung, weite Teile der kommerziellen Kommunikation aus dem Anwendungsbereich des Telemediengesetzes bzw. der Richtlinie 2000/31/EG auszunehmen. Die Ausnahmeregelung erfasst daher nur Fälle, in denen die kommerzielle Kommunikation von unabhängigen Dritten zugunsten fremder Unternehmen vorgenommen wird, beispielsweise durch die Tätigkeit von Privatpersonen, die im Internet Informationen zu bestimmten Themen oder Warenarten anbieten, oder durch Warentestberichte unabhängiger Institute.4)

Die Vorschriften des § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG und des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG dienen der Umsetzung von Art. 2 Buchst. f und Art. 6 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG [→ Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr] und sind daher richtlinienkonform auszulegen.5)

Dem in Art. 6 Buchst. a der Richtlinie 2000/31/EG geregelten Gebot der klaren Erkennbarkeit kommerzieller Kommunikationen liegt die Erwägung zugrunde, dass die verschiedenen Formen kommerzieller Kommunikation im Interesse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs bestimmten Transparenzanforderungen genügen müssen (Satz 2 des Erwägungsgrunds 29 der Richtlinie 2000/31/EG). Die Empfänger kommerzieller Kommunikation sollen durch die Pflicht zur Kennzeichnung vor der Gefahr geschützt werden, dass ein Diensteanbieter sie über den kommerziellen Zweck einer Mitteilung im Unklaren lässt.6)

Ausgenommen vom Begriff der kommerziellen Kommunikation sind nach Art. 2 Buchst. f 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2000/31/EG Angaben in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden. Unabhängig, insbesondere ohne Gegenleistung erfolgende Informationen zu Produkten, etwa auch Testberichte, sind damit nicht als Werbung kennzeichnungspflichtig.7)

Das Erfordernis der Unabhängigkeit stellt sicher, dass Verbraucher nicht durch die vermeintlich wirtschaftlich unbeeinflusste Authentizität einer Darstellung, etwa einer Produktempfehlung, in die Irre geführt werden.8)

Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift, in dem der vorgenannte Schutzzweck zum Ausdruck gelangt, handelt es sich bei dem Erfordernis der Unabhängigkeit um den Oberbegriff, der „insbesondere“, also beispielhaft, im Falle einer Gegenleistung nicht erfüllt ist.9)

Der Schutzzweck dieser Regelung gleicht damit dem Schutzzweck der in Nr. 11 Satz 1 des Anhangs zur Richtlinie 2005/29/EG vorgesehenen Regelung. Danach liegt eine unter allen Umständen als unlauter geltende irreführende Geschäftspraktik vor, wenn redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt werden und der Gewerbetreibende diese Verkaufsförderung bezahlt hat, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde. Auch hiermit wird bezweckt, das Vertrauen von Verbrauchern in die Neutralität redaktioneller Inhalte zu schützen und versteckte Werbung im Interesse der Verbraucher und Wettbewerber zu verhindern.10)

Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn unter Bezahlung im Sinne der Nr. 11 Satz 1 des Anhangs I zur Richtlinie 2005/29/EG nicht nur die Zahlung eines Geldbetrags, sondern jeder geldwerte Vorteil - auch in Form von Gegenständen oder Dienstleistungen - verstanden wird, sofern ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der in dieser Weise vom Gewerbetreibenden geleisteten Bezahlung und der Veröffentlichung besteht.11)

Die in Art. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2000/31/EG niedergelegten Transparenzanforderungen gebieten es in gleicher Weise, der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienende Angaben einer Influencerin mangels Unabhängigkeit als kommerzielle Kommunikation im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG anzusehen, wenn der hierdurch begünstigte Unternehmer zwar keine Geldzahlung geleistet, jedoch das dargestellte Produkt der Influencerin zur Verfügung gestellt hat.12)

Der Bezug zwischen Bericht und geldwertem Vorteil wird hier durch die naheliegende und daher regelhaft anzunehmende Erwartung des durch den Bericht begünstigten Unternehmens hergestellt, dass die Influencerin über das Produkt berichten werde.13)

Ein solcher Bericht ist durch die Produktbereitstellung initiiert und daher nicht unabhängig, so dass er als kommerzielle Kommunikation nach § 6 Abs. 1 TMG erkennbar sein muss.14)

Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle sieht § 2 Satz 1 Nr. 5 TMG nicht vor. Demgegenüber ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 12 MStV die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen nur als Produktplatzierung in Sendungen oder nutzergenerierten Videos anzusehen, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist. Für die analoge Anwendung dieser für Produktplatzierung geltenden Geringfügigkeitsschwelle ist im Rahmen des § 6 Abs. 1 TMG jedoch mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum.15)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20 - Influencer II
2) , 3)
BGH, Urt. v. 9. September 2021 - I ZR 126/20
4)
BGH, Urt. v. 9. September 2021 - I ZR 126/20; m.V.a. die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/6098, S. 16; BeckOK.Informations- und Medienrecht/Martini, 32. Edition [Stand 1. Februar 2021], § 2 TMG Rn. 29; Ricke in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl.,§ 2 TMG Rn. 16; Spindler in Spindler/Schmitz, TMG, 2. Aufl., § 2 Rn. 47; Roßnagel/Gitter, Beck'scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste, § 2 TMG Rn. 27
5)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; zu den Vorgängernormen § 3 Abs. 1 Nr. 5 und § 7 Nr. 1 TDG vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/6098, S. 11, 16 und 22; zu § 2 und 6 TMG vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste, BR-Drucks. 556/06, S. 13, 19 und 20
6)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. BeckOK.Informations- und Medienrecht/Martini, 34. Edition [Stand 1. Februar 2021], § 2 TMG Rn. 25
7)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. § 3 Abs. 1 Nr. 5 TDG aF vgl. BT-Drucks. 14/6098, S. 11
8)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. BeckOK.Informations- und Medienrecht/Martini, 32. Edition [Stand 1. Februar 2021]§ 2 TMG Rn. 29c
9)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; vgl. auch den entsprechenden englischen, französischen und spanischen Wortlaut von Art. 2 Buchst. f 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2000/31/EG: „…in an independent manner, particularly when this is without financial consideration“/„…d’une manière indépendante, en particulier lorsqu’elles sont fournies sans contrepartie financière“/„…de forma independiente de ella, en particular cuando estos se realizan sin contrapartida económica“
10)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. EuGH, Urteil vom 2. September 2021 - C-371/20, GRUR 2021, 1312 Rn. 29 = WRP 2021, 1411 - Peek & Cloppenburg; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZR 74/19, GRUR 2020, 997 Rn. 29 = WRP 2020, 1295 - GRAZIA StyleNights
11)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. EuGH, GRUR 2021, 1312 Rn. 44 und 49 - Peek & Cloppenburg
12)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 5a Rn. 7.80j; Holznagel/Hartmann in Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, 52. Ergänzungslieferung April 2020, Teil 3 Rn. 215; Lehmann, WRP 2017, 772 Rn. 6; Rauer/Kempf, WRP 2022, 16 Rn. 22
13)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III; m.V.a. Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415 Rn. 22
14) , 15)
BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - Influencer III
internetrecht/kommerzielle_kommunikation.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:23 von 127.0.0.1