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+ | ====== Unabhängigkeit der Richter ====== | ||
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+ | **Art. 97 (1) GG** | ||
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+ | Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. | ||
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+ | Artikel 17 (1) EPGÜ -> [[eu: | ||
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+ | -> [[Unabsetzbarkeit der Richter]] \\ | ||
+ | -> [[Auswahl der Richter]] \\ | ||
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+ | Die Unabhängigkeit der Richter ist Ausdruck des [[Grundsatz der Gewaltenteilung|Grundsatzes der Gewaltenteilung]]. Sie gehört zu den verfassungsgestaltenden Strukturprinzipien((vgl. Sodan, in: Isensee/ | ||
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+ | Insoweit ist die Unabhängigkeit der zur Entscheidung berufenen Richter auch Bestandteil des Wesensgehalts von Art. 19 Abs. 4 GG.((BVerfG, | ||
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+ | Die Gewährleistung wirkungsvollen [[: | ||
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+ | Die richterliche Unabhängigkeit setzt nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Art. 92 GG eine institutionelle Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung voraus.((BVerfG, | ||
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+ | Ein [[Verfahrensrecht: | ||
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+ | Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK müssen zivil- und strafrechtliche Gerichtsverfahren von einem institutionell-organisatorisch unabhängigen und unparteiischen, | ||
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+ | Die Richter genießen auf dieser Grundlage einen strukturellen Schutz gegen sachwidrige äußere Einflussnahmen.((BVerfG, | ||
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+ | Ebenso muss in diesem Verfahren ausgeschlossen sein, dass Mitglieder eines Gerichts aufgrund beratender Funktion in der Gesetzgebung oder Exekutive im Vorfeld mit Fällen befasst werden, über die sie später als Richter zu entscheiden haben.((BVerfG, | ||
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+ | So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte etwa die Unparteilichkeit eines Gerichts angezweifelt, | ||
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+ | Bei der Frage der institutionellen Unabhängigkeit sind die ausgeübte Funktion und die interne Organisation zu berücksichtigen. Selbst der äußere Anschein kann von Bedeutung sein.((BVerfG, | ||
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+ | Sobald ein Richter auch in die Verwaltungshierarchie eingeordnet ist, über deren Maßnahmen er zu befinden hat, könnten die seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen annehmen, dass er mit seinen Kollegen solidarisch ist. Eine solche Situation könnte das Vertrauen in Frage stellen, das Gerichte in einer demokratischen Gesellschaft vermitteln sollen.((BVerfG, | ||
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+ | Auch für die Rechtsordnung der Europäischen Union ist die Unabhängigkeit der Richter von fundamentaler Bedeutung.((BVerfG, | ||
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+ | Nach dem für einen Rechtsstaat kennzeichnenden Grundsatz der Gewaltenteilung ist die Unabhängigkeit der Gerichte gegenüber der Legislative und der Exekutive zu gewährleisten.((BVerfG, | ||
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+ | Der Gerichtshof hat insoweit auch den Vergabeüberwachungsausschuss des Bundes als Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV eingestuft((vgl. EuGH, Urteil vom 17. September 1997, Dorsch Consult Ingenieurgesellschaft mbH gegen Bundesbaugesellschaft Berlin mbH, C-54/96, EU: | ||
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+ | Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes fordert der Gerichtshof ein faires Verfahren unabhängig von der vollziehenden Gewalt((vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2000, Königreich der Niederlande und Gerard van der Wal gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, | ||
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+ | Die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Gewalt hat darüber hinaus eine sachliche und eine persönliche Dimension. Nur so ist die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs, | ||
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+ | Die in Art. 97 Abs. 1 GG garantierte sachliche Unabhängigkeit der Richter soll sicherstellen, | ||
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+ | Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist dagegen die Einbindung der Exekutive oder gar ihr – durch Art. 33 Abs. 2 GG begrenztes – Entscheidungsrecht bei der Ernennung von Richterinnen und Richtern. So steht etwa dem zuständigen Bundesminister nach Art. 95 Abs. 2 GG eine Art gebundenes Vetorecht bei der Ernennung der durch den Richterwahlausschuss gewählten Bundesrichter zu.((BVerfG, | ||
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+ | Die persönliche Unabhängigkeit der Richter ist in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell abgesichert.((BVerfG, | ||
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+ | Im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention ist anerkannt, dass die Richter unabsetzbar sein und für eine gewisse Mindestdauer im Amt verbleiben müssen, wobei für Richter, die ohne Vergütung tätig werden, eine Amtszeit von drei Jahren für angemessen erachtet wird.((BVerfG, | ||
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+ | Auch die Verfassungen einer Reihe anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthalten konkrete Anforderungen an die Gewährleistung von Rechtsschutz durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht. So normiert beispielsweise Art. 87 Abs. 1 öst B-VG, dass die „Richter in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig“ sind. Gleiches gilt für Art. 151 § 1 BelgVerf, Art. 117 Abs. 1 SpanVerf, Art. 87 Abs. 1 GriechVerf, Art. 45 Abs. 1 und Art. 173 PolVerf oder Art. 203 PortVerf. Nach Art. 104 Abs. 1 ItalVerf bilden die „Richter einen selbstständigen und von jeder anderen Gewalt unabhängigen Stand“, nach Art. 64 Abs. 1 FranzVerf ist der Präsident der Republik der Garant für die Unabhängigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.((BVerfG, | ||
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+ | Die Anforderungen von Art. 97 und Art. 20 Abs. 3 GG sind indes mit dem funktionalen Kern richterlicher Unabhängigkeit nicht identisch und bestimmen angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung der richterlichen Unabhängigkeit auf europäischer und nationaler Ebene im Einzelnen nicht das Mindestmaß wirkungsvollen Rechtsschutzes, | ||
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+ | Die Anforderungen an die institutionelle Trennung von Verwaltungs- und Rechtsprechungsfunktionen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, | ||
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+ | Die deutschen Verfassungsorgane sind verpflichtet, | ||
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+ | **Art. 97 (2) GG** | ||
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+ | Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.</ | ||
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+ | ===== siehe auch ===== | ||
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+ | Art. 20 (2) GG -> [[Grundsatz der Gewaltenteilung]] | ||
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