Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


grundrecht:umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse

finanzcheck24.de

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
grundrecht:umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse [2023/07/26 07:29] mfreundgrundrecht:umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse [2023/07/26 07:53] (aktuell) mfreund
Zeile 2: Zeile 2:
  
 -> [[Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation als Ausdruck der Selbstverwaltungsgarantie]] \\ -> [[Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation als Ausdruck der Selbstverwaltungsgarantie]] \\
 +-> [[Maßgebender Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses]] \\
 -> [[Staatliches Sachlichkeitsgebot]] \\ -> [[Staatliches Sachlichkeitsgebot]] \\
 -> [[Amtliche Mitteilungen]] \\ -> [[Amtliche Mitteilungen]] \\
--> [[Grenzen kommunaler Publikationen]] \\+-> [[Grenzen kommunaler Öffentlichkeitsarbeit]] \\ 
 +-> [[Anzeigenschaltung in einem kommunalen Presseerzeugnis]] \\
 -> [[Stadtmarketing und die Tourismusförderung]] \\ -> [[Stadtmarketing und die Tourismusförderung]] \\
 -> [[Unzulässige Tätigkeiten, die eine vom Staat unabhängige Meinungsbildung der Öffentlichkeit gefährden]] \\ -> [[Unzulässige Tätigkeiten, die eine vom Staat unabhängige Meinungsbildung der Öffentlichkeit gefährden]] \\
Zeile 17: Zeile 19:
 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gefährdet wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/Bethge, GG, 8. Aufl., Art. 5 Rn. 80; Maunz/Dürig/Grabenwarter, GG, Stand: Januar 2018, Art. 5 Abs. 1 Rn. 375 f.)) Abs. 1 Satz 2 GG nicht gefährdet wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/Bethge, GG, 8. Aufl., Art. 5 Rn. 80; Maunz/Dürig/Grabenwarter, GG, Stand: Januar 2018, Art. 5 Abs. 1 Rn. 375 f.))
  
-Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung einer kommunalen Publikation unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 71 Abs. 1 Landesverfassung für BadenWürttemberg (LV BW) gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm, die hinsichtlich gemeindlicher Informationspflichten von § 20 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO BW) konkretisiert wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II))+Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung einer kommunalen Publikation unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 71 Abs. 1 Landesverfassung für BadenWürttemberg (LV BW) gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm, die hinsichtlich gemeindlicher Informationspflichten von § 20 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO BW) konkretisiert wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) [-> [[Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation als Ausdruck der Selbstverwaltungsgarantie]]]
  
- +Bei dem Verhältnis der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der institutionellen Garantie der Presse geht es um einen Konflikt zwischen staatlicher Kompetenz einerseits und grundrechtlicher Freiheit andererseitsDie beiden Verfassungsnormen müssen daher mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. Im Ergebnis muss dabei die Institutsgarantie aus 
- +Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG größtmögliche Wirksamkeit erhaltenwährend die Gemeinde lediglich in der Lage sein mussgemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln.((BGH, Urteil vom 13Juli 2023 - I ZR 152/21 muenchen.de; m.V.a. BGH, GRUR 20221336 [juris Rn. 38] dortmund.devgl. auch Fadavian, NWVBl2019487, 490; kritisch Schwarz/Dorsch, NVwZ 2022, 1329, 1331))
-====== Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses ====== +
- +
-Einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen allerdings keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Gersdorf, AfP 2016, 293, 300 f.)) +
- +
- +
-Dabei ist neben den dargestellten inhaltlichen Kriterien insbesondere zu berücksichtigenwie die Informationen den angesprochenen Gemeindemitgliedern präsentiert werden. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Pressefreiheit bestehen zum Beispiel, wenn die Gemeinde als Teil des Staates auf den lokalen +
-Kommunikationsprozess bestimmend Einfluss nimmt.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Gersdorf, AfP 2016, 293, 300; Ricker, AfP 1981, 320, 322; vgl. auch BeckOK.InfoMedienR/Kühling aaO Art. 5 GG Rn. 54)) +
- +
-Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt((vgl. Maunz/Dürig/Grabenwarter aaO Art. 5 Abs. 1 Rn. 375 f.; Merten/Papier/Trute aaO § 104 Rn. 35; RickerAfP 1981, 320, 325; Kohl, AfP 1981, 326, 329; Bock, BWGZ 2005, 491, 495)), desto eher ist die Institutsgarantie des +
-Art. Abs. 1 Satz 2 GG und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung +
-des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt. Keinesfalls darf die kommunale +
-Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung - jedenfalls subjektiv - entbehrlich macht. Je deutlicher - in Quantität und Qualität - ein erweitertes Amtsblatt Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten.((BGH, Urteil vom 20Dezember 2018 - I ZR 112/17 Crailsheimer Stadtblatt II)) +
- +
-Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters des Presseerzeugnisses sind auch die optische Gestaltung der Publikation, redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse, wie Glossen, Kommentare oder Interviews und die +
-Frequenz des Vertriebs zu berücksichtigenAllein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente und eine regelmäßige Erscheinungsweise führen zwar nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der +
-Presse. Die Grenze wird aber überschritten, wenn das Druckwerk nicht mehr als staatliche Publikation erkennbar ist. Eine Anzeigenschaltung ist ebenfalls in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Sie ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. BGH, GRUR 1973530, 531 Crailsheimer Stadtblatt)) +
- +
-Erfolgt die Verteilung kostenlos, erhöht sich die Gefahr einer Substitution privater Presse; auch das ist zu berücksichtigen.((BGHUrteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II))+
  
  
grundrecht/umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse.1690356557.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/07/26 07:29 von mfreund