Voraussetzungen der wettbewerblichen Eigenart

Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen.1)

Insoweit ist es erforderlich, dass der Verkehr - anders als dies bei „Allerweltserzeugnissen“ oder „Dutzendware“ der Fall ist - auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses Wert legt und gewohnt ist, aus bestimmten Merkmalen auf die betriebliche Herkunft zu schließen.2).

Die wettbewerbliche Eigenart kann sich auch aus Merkmalen ergeben, die durch den Gebrauchszweck bedingt, aber willkürlich wählbar und austauschbar sind.3)

Für das Vorliegen der wettbewerblichen Eigenart ist eine Bekanntheit des betreffenden Erzeugnisses nicht Voraussetzung. Die wettbewerbliche Eigenart ist eine originäre Eigenschaft des Produkts und besteht daher auch bei neuen Produkten, die noch keinen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft besitzen.4) Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses kann aber durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden.5)

Die früher vom BGH geforderte Eignung des Produkts eine Gütevorstellung bzw. Qualitätsvorstellung6) auszulösen ist heute für Ansprüche nach § 1 UWG nicht mehr erforderlich.

Eine Negativabgrenzung wurde in 'Kettenekerze' vorgenommen mit der Feststellung, dass übliche, über einen Docht miteinander verbundene Kerzen eine allgemeine Form besitzen, denen der Verkehr keine Eigenart zuerkennt.

Eine wettbewerbliche Eigenart setzt nicht voraus, dass die zur Gestaltung eines Produkts verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Auch ein zurückhaltendes, puristisches Design kann geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen.7)

Bekanntheit des Erzeugnisses

Für das Vorliegen einer wettbewerblichen Eigenart ist eine Bekanntheit des betreffenden Erzeugnisses nicht Voraussetzung.8)

Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses, der für die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit des Vertriebs von Nachahmungen bedeutsam ist, kann jedoch durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden.9).

Die PVÜ-Grundsätze sind im § 1 UWG anwendbar wodurch die Bekanntheit eines Produkts im Ausland auf das Inland erstreckt wird.10)

Originalität

Eine wettbewerbliche Eigenart eines Produkts setzt nicht voraus, dass die zu seiner Gestaltung verwendeten Einzelmerkmale originell sind.11)

Auch ein zurückhaltendes, puristisches Design kann geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen.12)

Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der Verkehr unter Umständen gerade durch die Verwendung eines schlichten, an der Grundform eines Produkts orientierten Design auf die Herkunft oder die Besonderheiten eines Erzeugnisses hingewiesen wird. Dies gilt umso mehr, wenn wie das Berufungsgericht im Streitfall festgestellt hat zugleich hochwertige Materialien verwendet werden und eine wertige Oberflächenbehandlung erfolgt. Damit sind Produkte, deren Gesamteindruck durch ein schlichtes Design und die Verwendung hochwertiger und wertig verarbeiteter Materialien geprägt wird, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch keine Allerweltserzeugnisse oder Dutzendware. Denn diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Verkehr auf die betriebliche Herkunft oder Qualität keinen Wert legt.13)

weitere Kriterien für wettbewerbliche Eigenart

siehe auch

Wettbewerblichen Eigenart

1)
st. Rechtspr., z.B. BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 270/03 - Stufenleitern
2)
BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 270/03 - Stufenleitern; m.V.a. BGHZ 50, 125, 130 - Pulverbehälter; BGH GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung
3)
vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen; BGH GRUR 2003, 359, 360 - Pflegebett
4)
BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02- Handtuchklemmen
5)
vgl. auch BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98 - Messerkennzeichnung
6)
BGH, GRUR 1966/97 - 'Zündaufsatz'
7)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11 - Sandmalkasten
8)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen
9)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen, m.w.N.
10)
BGH, WRP 1991/575 - 'Betonsteinelemente'
11)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11 - Sandmalkasten; m.V.a. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 9.27
12)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11 - Sandmalkasten; m.V.a. OLG Köln, GRUR-RR 2003, 183, 184; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-9 Rn. 56; Eck in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 56 Rn. 36
13)
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11 - Sandmalkasten; m.V.a. vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 26 = WRP 2007, 313 Stufenleitern, mwN
14)
BGH, GRUR 2003, 359 - 'Pflegebett'
15)
BGH GRUR 2002/275 'Noppenbahn', Leitsatz 3; BGH WRP 1999/816 'Güllepumpen'
16)
BGH, GRUR 1986, 673 - 'Beschlagprogramm'; BGH, WRP 1999, 1031 - 'Rollstuhlnachbau'; BGH, GRUR - 1996, 210 - 'Vakuumpumpen'
17)
vgl. BGHZ 50, 125, 131 - Pulverbehälter
18)
vgl. BGH - Rollhocker
19) , 20)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege
21)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. Gloy/Loschelder/Eck aaO § 43 Rdn. 14; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 9/23
22)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. Harte/Henning/ Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 47
23)
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - Gartenliege; m.V.a. Piper in Piper/Ohly aaO § 4 Rdn. 9/23; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.32; Gloy/Loschelder/Eck aaO § 43 Rdn. 48
24)
BGH, Urt. v. 26. Juni 2008 - I ZR 170/05- ICON; m.w.N.