Verkehrskreise

Verkehrsverständnis

Wie eine Werbung verstanden wird [→ Verkehrsverständnis] hängt von der Auffassung des Personenkreises ab,an den sie sich richtet. Eine Werbebehauptung kann sich an das breite Publikim oder an einen bestimmten Verkehrskreis richten. Ja nach der Abnehmerschaftund der Art der Ware kann die Auffassung über die Bedeutung einer Werbeaussage grundverschieden sein. Richtet sich die Werbung an verschiedene Kreise, reicht die Irreführung in einem dieser Verkehrskreise aus 1)

Zu dem angesprochenen Verkehr, aus dessen Sicht zu beurteilen ist, ob ein Produkt wettbewerbliche Eigenart hat, gehören nicht nur die Endabnehmer, sondern auch die Abnehmer des Produkts auf vorangegangenen Vertriebsstufen.2)

Zwar ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder ein anderer Weg zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses häufig dann geboten, wenn kein Mitglied des erkennenden Gerichts durch die fragliche Werbung angesprochen wird. Es lässt sich jedoch kein Rechtssatz des Inhalts aufstellen, dass eine Beweiserhebung stets veranlasst ist, wenn die Mitglieder des erkennenden Gerichts den von der in Rede stehenden Werbung angesprochenen Fachkreisen nicht selbst angehören. Denn zuweilen ist nicht ersichtlich, dass die Fachkreise für die Beurteilung einer Werbeangabe über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügen.3)

Gehören die Mitglieder des erkennenden Gerichts den angesprochenen Verkehrskreisen nicht an, sind sie daher gleichwohl nicht an der Feststellung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde gehindert, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich das Verständnis der angesprochenen speziellen Verkehrskreise von dem des Verkehrskreises unterscheiden könnte, dem sie angehören.4)

Für die Frage, wie eine Werbung verstanden wird, ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG auf die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen, der zur angesprochenen Gruppe gehört.5)

siehe auch

Verkehrsverständnis

1)
BGH GRUR 2004, 244,246 Marktführerschaft
2)
BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13 - Exzenterzähne
3)
BGH, Urteil vom 5. November 2020 - I ZR 204/19 - Sinupret; m.V.a. BGH, Urteil vom 10. August 2000 - I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 75 [juris Rn. 30] = WRP 2000, 1284 - Stich den Buben; BGHZ 156, 250, 255 [juris Rn. 20] - Marktführerschaft
4)
BGH, Urteil vom 5. November 2020 - I ZR 204/19 - Sinupret; m.V.a. BGH, Urteil vom 20. September 2018 - I ZR 71/17, GRUR 2019, 196 Rn. 19 = WRP 2019, 184 - Industrienähmaschinen, mwN; OLG Hamburg, ZLR 2016, 715, 721 [juris Rn. 50]; Feddersen, GRUR 2013, 127, 128
5)
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 5/21 - Kinderzahnärztin; m.V.a. BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20, GRUR 2021, 1414 Rn. 34 = WRP 2021, 1429 - Influencer II