Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV)

AMG → Arzneimittelgesetz

§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV

Keine Bindung der Preise der Apotheken besteht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV bei der Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt. Diese Voraussetzungen sind nach dem Wortlaut der Norm vorliegend erfüllt. Die Apotheken geben die Fertigarzneimittel in Teilmengen ab. Dass im Zeitablauf die Gesamtmenge einer Arzneimittelpackung ausgeliefert wird, schließt die Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV nicht aus. Für einen entsprechenden Ausschluss gibt der Wortlaut der Norm nichts her. Die Vorschrift erfordert auch nicht, dass die Abgabe der Teilmenge auf einer ärztlichen Verordnung beruht. Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke der in den von den Apotheken hergestellten Blistern abgegebenen Arzneimittel bleiben unverändert.1)

Der Verordnungsgeber hatte bei der Fassung der Vorschrift zum einen Arzneimittelblister, die individuell für einen Patienten für einen bestimmten Zeitraum aufgrund einer ärztlichen Verordnung hergestellt werden, und zum anderen für aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen (Auseinzelung) im Blick (vgl. Begründung des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, BT-Drucks. 16/3100, S. 200; Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 78 Rn. 53; Kutlu in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 1 AMPreisV Rn. 12; Sandrock/Nawroth in Dieners/ Reese, Handbuch des Pharmarechts, 2010, § 9 Rn. 147; Grau/Kutlu, A&R 2009, 153, 157).2)

Dem lag die Erwägung zugrunde, dass eine vorherige Einstellung von Listenpreisen für individuell für Patienten hergestellte Arzneimittelblister oder die Aufstellung fester Berechnungsgrundlagen für die Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen nicht praktikabel ist (vgl. Begründung des GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 200; Grau/Kutlu, A&R 2009, 153, 157). Ohne die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV müssten für unterschiedliche, individuell für Patienten hergestellte Arzneimittelblister jeweils eigene Listenpreise oder Berechnungsgrundlagen eingestellt werden, wenn bei ihrer Zubereitung ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt und sie gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 AMG Fertigarzneimittel sind, die gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1b Buchst. b AMG von der grundsätzlichen Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG ausgenommen sind.3)

Diese Praktikabilitätserwägungen sprechen dafür, die Vorschrift nicht einengend auszulegen, um eine für Patienten sowie Alten- und Pflegeheime individuelle Zusammenstellung von Arzneimitteln in Blistern, die Fehlmedikationen durch falsche Arzneimitteleinnahme zu verhindern hilft, nicht zu behindern. Die dagegen von der Revisionserwiderung angeführten Missbrauchsmöglichkeiten zur Umgehung der Arzneimittelpreisbindung rechtfertigen ebenfalls keine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die zu dem Ergebnis führen, die mit der Arzneimittelpreisbindung verfolgten Ziele, im öffentlichen Interesse die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern, erforderten eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV. Die Revisionserwiderung zeigt ebenfalls keine entsprechenden Gesichtspunkte auf. Dass eine Verpackung in neue Blister für individuelle Patienten mit dem Ziel erfolgt, Preisvorschriften zu umgehen, hat das Berufungsgericht nicht angenommen. Für eine ernstzunehmende Gefahr eines solchen Verhaltens ist auch nichts ersichtlich. 4)

Die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AMPreisV, nach der für verschreibungspflichtige Arzneimittel keine Preisbindung gemäß § 78 Abs. 1 und 2 Satz 2 AMG in Verbindung mit den Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung bei der Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen besteht, wenn deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt, ist nicht im Hinblick auf ihre Entstehungsgeschichte dahingehend einschränkend auszulegen, dass eine ärztliche Verordnung für patientenindividuell zusammengestellte Blister und für die Entnahme von Teilmengen vorliegen muss.5)

§ 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV

UWG § 3a; AMG § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; AMPreisV § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV legt für den pharmazeutischen Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen lediglich eine Preisobergrenze fest. Der Großhandel ist danach nicht verpflichtet, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht. Er kann deshalb nicht nur auf den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag, höchstens jedoch 37,80 Euro, sondern auch auf den darin erwähnten Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten.6)

siehe auch

AMG → Arzneimittelgesetz
ApoG → Apothekengesetz

1) , 2) , 3) , 4) , 5)
BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 185/13 - Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister
6)
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16- Großhandelszuschläge