Rechtsberatungsgesetz

Das Rechtsberatungsgesetz dient dem Schutz der Rechtsuchenden und dem Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Der Zulassungsvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes wird von den Belangen des Gemeinwohls getragen, den Einzelnen und die Allgemeinheit vor ungeeigneten Rechtsberatern zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu gefährden; dabei ist auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der rechtsberatenden Berufe Rücksicht zu nehmen.1)

Das durch das Rechtsberatungsgesetz geschützte Allgemeininteresse daran, dass Rechtsuchende vor Schäden bewahrt werden, die ihnen dadurch entstehen könnten, dass sie Rechtsrat von Personen erhalten, die nicht die erforderliche berufliche oder persönliche Qualifikation besitzen, rechtfertigt eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit.2). Das Rechtsberatungsgesetz wird zudem in nicht diskriminierender Weise angewendet, weil In- und Ausländer gleichermaßen davon betroffen sind.

Die Zulassungsbeschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes sind mit Art. 12 GG vereinbar.3)

Anwendbarkeit bei Auslandsberührung

Die Zulässigkeit einer aus dem Ausland erbrachten Rechtsdienstleistung, welche die Regelung des Rechtsverhältnisses von im Inland ansässigen Parteien betrifft, ist nach dem Rechtsberatungsgesetz zu beurteilen.4)

Das Rechtsberatungsgesetz schränkt grundsätzlich nur die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in seinem Geltungsbereich, also im Inland. Findet die Rechtsbesorgung ausschließlich im Ausland statt, ist das Rechtsberatungsgesetz selbst dann nicht anwendbar, wenn die Beratung mittelbar auch zu Auswirkungen im Inland führt, etwa wenn sich ein Inländer im Ausland durch einen ausländischen Rechtsbesorger über einen Inlandssachverhalt beraten lässt und dann im Inland entsprechend dem erteilten Rat tätig wird.5)

Die Frage, ob das Rechtsberatungsgesetz bei Fallgestaltungen mit Auslandsberührung anwendbar ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.6)

Erlaubnispflichtige geschäftsmäßige Rechtsbesorgung (Art. 1 § 1 RBerG)

Die Bestimmung des Art. 1 § 1 RBerG zählt zu den Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln.7)

Eine erlaubnispflichtige geschäftsmäßige Rechtsbesorgung i.S. von Art. 1 § 1 RBerG liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Dabei ist zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht.8)

siehe auch

1)
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - Schulden Hulp; m.V.a. BVerfG NJW 2004, 2662; BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 14/99, GRUR 2002, 987, 992 = WRP 2002, 956 - Wir Schuldenmacher
2)
EuGH GRUR Int. 1991, 807 Tz. 16/17 - Säger/Dennemeyer; vgl. EuGH, Urt. v. 25.7.1991 - C-76/90, Slg. 1991, I-4221 Tz. 14 = GRUR Int. 1991, 807 - Säger/Dennemeyer; Urt. v. 12.12.1996 - C-3/95, Slg. 1996, I-6511 Tz. 28 = WM 1997, 164 - Reisebüro Broede/Sandker
3)
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - Schulden Hulp; m.V.a. BVerfGE 41, 378, 390; 75, 246, 267; 97, 12, 26 f.; BVerfG NJW 2000, 1251; NJW 2002, 3531
4)
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - Schulden Hulp
5)
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - Schulden Hulp; m.V.a. OLG Hamm NJW-RR 2000, 509; OLG Oldenburg MDR 2001, 1309; Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 224; Rennen/Caliebe aaO Art. 1 § 1 Rdn. 5; Kleine-Cosack, Rechtsberatungsgesetz, Allgemeiner Teil II B Rdn. 95; Chemnitz/Johnigk aaO Rdn. 261; Weth in Henssler/Prütting aaO Einl. RBerG Rdn. 68
6)
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 7/04 - Schulden Hulp; m.V.a. OLG Hamm NJW-RR 2000, 509 f.; OLG Oldenburg MDR 2001, 1309; OLG Stuttgart AnwBl 2002, 368; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Rdn. 261; Armbrüster, RIW 2000, 583 ff.; Budzikiewicz, IPRax 2001, 218 ff. einerseits; OLG Stuttgart MDR 1997, 285 f.; LG Dortmund AnwBl 1999, 617 f.; Weth in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., Einl. RBerG Rdn. 65 ff., 77; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 5 und Rdn. 11 andererseits
7)
BGH, Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 182/02, GRUR 2005, 355, 356 = WRP 2005, 330 - Testamentsvollstreckung durch Steuerberater
8)
BVerfG WRP 2002, 1423, 1425; BGH GRUR 2005, 355, 356 - Testamentsvollstreckung durch Steuerberater, m.w.N.