Rechtsanwaltsgesellschaft

Die BRAO sieht in den mit dem Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze vom 31.8.1998 eingeführten Bestimmungen der §§ 59 c ff seit dem 1.3.1999 die Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften vor.1)

Prozessvollmacht

Diese können gemäß § 59 l BRAO als Prozessbevollmächtigte beauftragt werden. Sie haben dabei die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts und handeln durch ihre Organe und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, die also grundsätzlich Rechtsanwälte sein müssen.2)

Allerdings sieht die BRAO als Rechtsform für derartige Rechtsanwaltsgesellschaften namentlich nur die GmbH vor (§ 59 c Abs. 1 BRAO).3)

Anwalts-GmbH

In einer Anwalts-GmbH müssen die Wesensmerkmale des Anwaltsberufes als eines freien Berufes - insbesondere die Eigenverantwortung und Weisungsfreiheit in der Berufsausübung - durch entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag gewahrt bleiben.4)

Daraus ergeben sich Mindestanforderungen für die Zulässigkeit und für eine gesetzliche Normierung der Anwalts-GmbH:

Satz 1, Abs. 3 BRAO genannten Berufe (vgl. § 59 e Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO);

Darüber hinaus müssen die allgemeinen, nicht spezifisch gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen nach § 7 Nr. 9, § 59 d Nr. 2 BRAO (kein Vermögensverfall) und nach § 59 d Nr. 3, § 59 j BRAO (hinreichende Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwaltsgesellschaft; vgl. auch § 12 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 51 BRAO zur Berufshaftpflicht des Rechtsanwalts) gegeben sein.6)

Erfüllt die Aktiengesellschaft nach ihrer Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft diese Voraussetzungen nicht mehr, so führt dies in gleicher Weise zum Erlöschen, zur Zurücknahme oder zum Widerruf der berufsrechtlichen Zulassung wie bei der GmbH (vgl. § 59 h BRAO).7)

Um die erforderliche Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen und ihres Fortbestandes zu ermöglichen, unterliegt die ihre Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft beantragende ebenso wie die bereits zugelassene Aktiengesellschaft der Pflicht zur Transparenz hinsichtlich ihrer für die Zulassung maßgeblichen Verhältnisse. Sie hat deshalb - in gleicher Weise, wie jeder Rechtsanwalt - an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 36 a Abs. 2 BRAO) und hat - ebenso wie die GmbH (§ 59 m Abs. 1 BRAO) - jede Änderung der Satzung, der Aktionäre, des Vorstands und des Aufsichtsrates sowie die Errichtung oder Auflösung von Zweigniederlassungen der Landesjustizverwaltung und der Rechtsanwaltskammer unverzüglich anzuzeigen. Dazu ist sie, was die Zusammensetzung des Kreises der Aktionäre angeht, dann in der Lage, wenn die Aktien nach der Satzung - wie hier - als vinkulierte Namensaktien ausgegeben werden, deren Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden bleibt (§ 68 Abs. 2 AktG). Im übrigen gelten auch für die als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassene Aktiengesellschaft die anwaltlichen Berufspflichten sinngemäß (vgl. die für die GmbH geltende Verweisung in § 59 m Abs. 2 BRAO).8)

Aktiengesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft

§§ 59 c ff. BRAO sehen die Zulassung einer Aktiengesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft nicht vor.

Gleichwohl hat auch eine Aktiengesellschaft einen dahingehenden Anspruch, sofern sie die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Kapitalgesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft in Anlehnung an die Bestimmungen in §§ 59 c ff. BRAO erfüllt. Dies folgt aus höherrangigem Recht (Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG).9)

So ergibt sich aus der Begründung des Entwurfes zu der die Bestimmungen der §§ 59 c ff BRAO einführenden Gesetzesnovelle 10), dass der Gesetzgeber die Frage der Zulassung auch anderer Gesellschaftsformen und insbesondere der Aktiengesellschaft bewusst offengelassen hat. Das damalige Bayerische Oberste Landesgericht hat in einer – allerdings registerrechtlichen – Entscheidung vom 27.3.2000 11) entschieden, dass der Zusammenschluss von Rechtsanwälten auch zu einer Aktiengesellschaft zulässig sei, und dies mit der Begründung aus Art 12 Abs. 1 GG hergeleitet, es bestehe keine mit jener Verfassungsnorm vereinbare gesetzliche Regelung, die dies verbiete. 12)

Die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Kapitalgesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft sind zunächst in der Rechtsprechung für die berufsrechtliche Zulassung einer GmbH herausgearbeitet worden, als diese gesetzlich noch nicht geregelt war. In den Bestimmungen der §§ 59 c ff. BRAO sind sie vom Gesetzgeber präzisiert und weiterentwickelt worden. Daran hat sich die Zulassung einer Aktiengesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft auszurichten, solange eine gesetzliche Normierung der Zulassungsvoraussetzungen hinsichtlich der Rechtsanwaltsaktiengesellschaft fehlt.13)

Die Umwandlung einer als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassenen GmbH in eine Aktiengesellschaft rechtfertigt nach § 59 h Abs. 3 i.V.m. § 59 c Abs.1 BRAO den Widerruf der Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft.14)

1) , 2) , 3)
OLG Köln, Urt. v. 27.02.2008 - 6 U 177/07
4) , 5) , 6) , 7) , 8) , 9) , 13) , 14)
BGH, Beschluß vom 10. Januar 2005 - AnwZ (B) 27/03
10)
BT-Drucksache 13/9820 S. 11, vgl. auch Hartung/Holl – Römermann, Anwaltliche Berufsordnung, 2. Aufl, vor § 59 a Rz 90
11)
MDR 2000, 733 f
12)
OLG Köln, Urt. v. 27.02.2008 - 6 U 177/07; m.w.N.