Boykottaufruf

Ein Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit kann durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB, der ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG [→ Meinungsäußerungsfreiheit] darstellt, gerechtfertigt sein.1)

Ob der in der Untersagung eines Boykottaufrufs liegende Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt ist, hängt von einer Abwägung der wechselseitig betroffenen Interessen ab. Wesentlich sind zunächst die Motive und damit verknüpft das Ziel und der Zweck des Aufrufs. Findet dieser seinen Grund nicht in eigenen Interessen wirtschaftlicher Art, sondern in der Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit, dient er also der Einwirkung auf die öffentliche Meinung, dann spricht dies dafür, dass der Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG regelmäßig Vorrang hat, auch wenn dadurch private und namentlich wirtschaftliche Interessen beeinträchtigt werden. Die Verfolgung der Ziele des Aufrufen-den darf allerdings das Maß der nach den Umständen notwendigen und angemessenen Beeinträchtigung des Angegriffenen oder betroffener Dritter nicht überschreiten. Schließlich müssen die Mittel der Durchsetzung des Boykottaufrufs verfassungsrechtlich zu billigen sein. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn der Aufrufende sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung, also auf Mittel beschränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten, nicht aber, wenn zusätzlich Machtmittel eingesetzt werden, die der eigenen Meinung Nachdruck verleihen sollen und die innere Freiheit der Meinungsbildung zu beeinträchtigen drohen.2)

Ein Boykottaufruf kann unverhältnismäßig sein , wenn das mit dem Aufruf verfolgte Ziel auch durch eine Inanspruchnahme des Rechtswegs erreicht werden kann.((BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 75/13 - Aufruf zur Kontokündigung; m.V.a. BGH, Urteil vom 12. März 1965 KZR 8/63, GRUR 1965, 440, 443 Milchboykott; Urteil vom 22. Januar 1971 I ZR 76/69, GRUR 1971, 259, 260 = WRP 1971, 222 W.A.Z.).)

siehe auch

Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

1)
BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 75/13 - Aufruf zur Kontokündigung; m.V.a. BVerfGE 7, 198, 211
2)
BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 I ZR 75/13 - Aufruf zur Kontokündigung; m.V.a.BVerfGE 25, 256, 264; BVerfG, NJW-RR 2008, 200, 201