Erfindungsbesitz

Der Erfindungsbesitz ist Tatbestandsvoraussetzung sowohl für eine widerrechtliche Entnahme, als auch für ein Vorbenutzungsrecht.

Erfindungsbesitz ist die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Lehre zum technischen Handeln. Der Erfindungsbesitz ist ein rein tatsächlicher Zustand, unabhängig von der materiellen Berechtigung an der Erfindung. Wird die Erfindung über eine Kette von Personen weitergegeben, ist jeder davon im Erfindungsbesitz.

Voraussetzung für den Erfindungsbesitz ist das Vorliegen einer fertigen Erfindung. Nicht nur die Kenntnis von einer Idee sondern der fertigen Erfindung ist notwendig; dabei ist auf den Fachmann abzustellen; Es muss objektiv eine fertige Erfindung und subjektiv die Erkenntnis des Erfindungsgedankens vorliegen1) Die Erkenntnis des Erfindungsgedankens liegt unabhängig davon vor, ob der Vorbenutzer die Erfindung für patentfähig hielt oder nicht. Auf der anderen Seite genügt die unbewusste Verwendung des Erfindungsgedankens („Zufallstreffer“) nicht.2)

Besondere Bedeutung hat die Frage, ob eine Erfindung fertig ist, wenn vor ihrer Ausführung noch Versuche gemacht werden müssen. Hier ist nach der Rechtsprechung des RG zwischen zwei verschiedenen Arten von Versuchen zu unterscheiden: Versuche, die erst dem Auffinden einer Lösung der gestellten Aufgabe dienen, die dem Erfinder erst Klarheit darüber geben sollen, ob der von ihm eingeschlagene Weg zu dem beabsichtigten technischen Erfolg führt, zeigen, daß noch keine fertige Erfindung vorliegt. Anders verhält es sich mit denjenigen Versuchen, die lediglich noch ein Ausprobieren der gegebenen Lehre darstellen. Zur Vollendung der Erfindung ist nicht erforderlich, daß sie schon einmal in die Tat umgesetzt und eine verkaufsreife Konstruktion festgelegt worden ist. Patentreife liegt vielmehr schon dann vor, wenn die Lösung so klar und bestimmt erkannt ist, daß ihre Ausführung im Bereich des durchschnittlichen fachmännischen Könnens liegt, mag auch das Festlegen einer verkaufsreifen Konstruktion noch ein Probieren von mehr oder minder langer Dauer erforderlich machen.3)

Für die Zulässigkeit eines auf widerrechtliche Entnahme gestützten Einspruchs ist es unter dem Gesichtspunkt des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG u.a. erforderlich, dass der Erfindungsbesitz substantiiert dargelegt wird.4)

1)
BGH GRUR 1960, 546 - „Bierhahn„
2)
BGH GRUR 1964, 673 - „Kasten für Fußabtrittsroste„
3)
GRUR 1971 S. 210 - Wildverbiss
4)
BPatG, Beschl. v. 23.09.2003, 23 W (pat) 701/03 – Leiterplattenbeschichtung