Markenmäßige Benutzung von Adwords

Der Markeninhaber kann sich gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG auch einer irreführenden Verwendung widersetzen, mittels deren Kunden zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden.1)

Daraus folgt, dass Umstände, unter denen der Markeninhaber gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG berechtigt ist, die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens durch einen Werbenden als Schlüsselwort zu verbieten, das heißt Umstände, unter denen für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen, einer Situation entsprechen, in der § 24 Abs. 2 MarkenG anwendbar ist und in der sich folglich der Werbende nicht auf die Erschöpfungsregel des § 24 Abs. 1 MarkenG berufen kann.2)

Die Frage, ob die herkunftshinweisende Funktion beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts die Werbeanzeige eines Dritten gezeigt wird, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen. Ob nach diesen Grundsätzen eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt oder vorliegen kann, ist Sache der Würdigung durch das nationale Gericht.3)

Gibt ein Dritter ein mit einer Marke identisches Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort an, damit bei Eingabe des mit der Marke identischen Zeichens als Suchwort in die Suchmaschine ein absatzfördernder elektronischer Verweis (Link) zur Website des Dritten als Werbung für der Gattung nach identische Waren oder Dienstleistungen in einem von der Trefferliste räumlich getrennten, entspre-chend gekennzeichneten Werbeblock erscheint (Adwords-Werbung), liegt darin keine Benutzung der fremden Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält, der angegebene Domain-Name vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist.4)

Eine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ ist gegeben. Sie kann auch in einer Verwendung in der Werbung liegen (Art. 5 Abs. 3 Buchst. d MarkenRL, § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG).

§ 14 (3) Nr. 5 MarkenG → Verbot der Nutzung der Marke in Geschäftspapieren oder in der Werbung

Hierfür ist es nicht zwingend erforderlich, dass das Zeichen in der Werbeanzeige selbst vorkommt. Die Aufzählung der Benutzungsformen in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie ist insoweit nicht abschließend.5)

Mit der Adwords-Werbung möchte der Werbende erreichen, dass der Internetnutzer nach Eingabe eines der Marke entsprechenden Suchworts nicht nur die von dem Markeninhaber angebotenen Waren oder Dienstleistungen, sondern auch seine Werbung für Waren oder Dienstleistungen, die möglicher-weise eine Alternative zum Angebot des Markeninhabers darstellen, wahrnimmt. Darin liegt eine Benutzung für Waren oder Dienstleistungen.6)

Es ist ohne Belang, ob die Produkte in der Anzeige selbst zum Erwerb angeboten werden oder ob die Anzeige nur auf eine entsprechende Internetseite verweist. Denn der Werbende zielt mit der Auswahl des der Marke entsprechenden Schlüsselworts jedenfalls darauf ab, dass der Internetnutzer nach Eingabe des Suchworts den Werbelink anklickt und damit dem Hinweis auf die Internetseite folgt, um das Verkaufsangebot kennenzulernen.7)

Der Inhaber einer Marke kann der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens nicht widersprechen, wenn diese Benutzung keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann.8)

Die Verwendung einer eingetragenen Marke als Schlüsselwort für eine Adwords-Werbeanzeige beeinträchtigt nicht die Funktionen der Marke.9)

Herkunftsfunktion

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hängt die Frage, ob die Herkunftsfunktion beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, insbesondere davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen In-ternetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die dort beworbenen Wa-ren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder von einem mit ihm wirt-schaftlich verbundenen Unternehmen oder aber von einem Dritten stammen.10)

Für eine Beeinträchtigung in diesem Sinne spricht es daher, wenn in der Anzeige des Dritten suggeriert wird, dass zwischen ihm und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht. Dasselbe gilt, wenn die Anzeige das Bestehen einer wirtschaftlichen Verbindung zwar nicht suggeriert, hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung aber so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf der Grundlage des Werbelinks und der dazu gehörigen Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder doch mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.11)

Ob nach diesen Grundsätzen eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt oder vorliegen kann, ist Sache der Würdigung durch das nationale Gericht.12)

Abgrenzung von der Fallgruppe der Metatags

Die Schaltung eines Schlüsselworts für Adwords-Anzeigen der streit-gegenständlichen Art ist anders zu beurteilen als der Einsatz von Metatags.13)

Metatags und vergleichbare Zeichenverwendungsformen beeinflussen den durch Eingabe des Suchworts ausgelösten Suchvorgang in der Weise, dass das Angebot des Verwenders in der Liste der Suchergebnisse, also der Trefferliste, erscheint. Bei den Ergebnissen der Trefferliste wird für den Internetnutzer in der Regel nicht hinreichend deutlich, ob der Verwender des Metatags, der identische oder ähnliche Produkte anbietet, im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder aber mit diesem wirtschaftlich verbunden ist.14)

Keine Einrschränkung der Herkunfsfunktion

In der hinreichend deutlich gekennzeichneten Rubrik „Anzeigen“ erwartet der verständige Internetnutzer hingegen nicht ausschließlich Angebote des Markeninhabers oder seiner verbundenen Unternehmen. Der Verkehr, der eine Trennung der Werbung von der eigentlich nachgefragten Leistung aus dem Bereich von Presse und Rundfunk kennt, unterscheidet zwischen den Fundstellen in der Trefferliste und den als solche gekennzeichneten Anzeigen. Ihm ist klar, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezah-lung durch den Werbenden ist. Es kann zudem nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden, dass der normal informierte und angemessen aufmerksame Internetnutzer Kenntnis von der Möglichkeit hat, die Platzierung von Anzeigen durch die Verwendung von Schlüsselwörtern zu steuern.15)

Aber auch diejenigen Internetnutzer, die den Mechanismus der Adwords-Werbung kennen, haben keinen Anlass zu der Annahme, die fragliche Anzeige wiese auf das Angebot des Markeninhabers hin. Soweit das Berufungsgericht als gerichtsbekannt festgestellt hat, dass der Werbende nicht selten mit dem Markeninhaber identisch sei, weil dieser mit der Schaltung einer Anzeige sicherstellen wolle, im Anzeigenteil einen vorrangigen Platz zu erhalten16), ergibt sich daraus zugleich, dass der Teil des Verkehrs, welcher ebenfalls entsprechende Erfahrungen gemacht hat, in Rechnung stellen wird, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte Anzeigen bei Google schalten, die bei Eingabe der Marke als Suchwort ebenfalls - gegebenenfalls neben der Anzeige des Markeninhabers - in der Anzeigenspalte erscheinen.17)

Keine Einrschränkung der Qualitätsfunnktion und Werbefunktion

Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Gewährleistung der Herkunft als Hauptfunktion auch ihre anderen Funktionen wie unter anderem die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie die Kommunikations-, Investitions- und Werbefunktion (EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 58 - L'Oréal/Bellure). Diese werden durch die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort für Adwords-Werbung aber ebenfalls nicht beeinträchtigt.18)

Die Werbefunktion bezeichnet die Fähigkeit der Marke, sie als Element der Verkaufsförderung oder Instrument der Handelsstrategie einzusetzen.19)

Zwar berührt die Verwendung des Schlüsselworts die Möglichkeiten des Markeninhabers, die Marke in seiner eigenen Werbung einzusetzen. Möchte er zum Beispiel seine Marke selbst als Schlüsselwort registrieren, um in der Rubrik „Anzeigen” eine Anzeige erscheinen zu lassen, muss er mit anderen Verwendern des Schlüsselworts um die vordere Position der Werbeanzeige konkurrieren20). Diese Auswirkungen reichen jedoch für eine rechtlich relevante Beeinträchtigung der Werbefunktion nicht aus. Bei Eingabe der Marke als Suchbegriff durch den Internetnutzer erscheint der Internetauftritt des Mar-keninhabers meist bereits in der Trefferliste, und zwar normalerweise an einer der vorderen Stellen. Infolgedessen ist die Sichtbarkeit der Waren oder Dienst-leistungen des Markeninhabers für den Internetnutzer unabhängig davon ge-währleistet, ob es dem Markeninhaber gelingt, eine Anzeige auch in der Rubrik „Anzeigen“ unter den Ersten zu platzieren.21)

Es kann zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Werbekraft der Marke durch das Anzeigen einer Werbung für Drittprodukte ge-schwächt wird22). Dieser mögliche Effekt reicht aber nach den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten Grundsätzen nicht aus, um von einer rechtserheblichen Beeinträchtigung der Werbefunktion auszugehen, und ist deshalb hinzunehmen.23)

Für eine eigenständige Verletzung anderer Funktionen als der Wer-befunktion und der Herkunftsfunktion ist im Streitfall nichts ersichtlich.24)

siehe auch

1)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II; m.V.a. BGH, GRUR 2019, 165 Rn. 78 - keine-vorwerkvertretung
2)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II; zu Art. 7 Abs. 2 MarkenRL aF vgl. EuGH, GRUR 2010, 841 Rn. 81 - Portakabin
3)
BGH, Urteil vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18 - ORTLIEB II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 83 f. - Google France und Google; EuGH, Urteil vom 25. März 2010 - C-278/08, Slg. 2010, I-2520 = GRUR 2010, 451 Rn. 35 - BergSpechte; EuGH, GRUR 2010, 841 Rn. 34 - Portakabin; BGH, GRUR 2018, 924 Rn. 45 - ORTLIEB I
4) , 13) , 17) , 18) , 23)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II
5)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 12. November 2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-1073 = GRUR 2003, 55 Rn. 38 - Arsenal Football Club/Reed; Urteil vom 25. Januar 2007 - C-48/05, Slg. 2007, I-1017 = GRUR 2007, 318 Rn. 16 - Adam Opel/Autec
6)
EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, GRUR 2010, 445 Rn. 71 - Google France
7)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, GRUR 2010, 841 Rn. 42 = WRP 2010, 1350 - Portakabin
8)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 60 - L'Oréal/Bellure; GRUR 2010, 445 Rn. 76 - Google France
9)
vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II
10)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 83 f. - Google France; GRUR 2010, 641 Rn. 24 - Eis.de
11)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 641 Rn. 26 f. - Eis.de; EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 89 f. - Google France
12)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 88 - Google France; GRUR 2010, 641 Rn. 25 - Eis.de
14)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 183/03, BGHZ 168, 28 Rn. 17, 19 - Impuls; Urteil vom 18. Februar 2007 - I ZR 77/04, GRUR 2007, 784 Rn. 18 = WRP 2007, 1095 - AIDOL; Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 Rn. 14 = WRP 2009, 1520 - Partnerprogramm; Urteil vom 4. Februar 2010 - I ZR 51/08, GRUR 2010, 835 Rn. 25 = WRP 2010, 1165 - POWER BALL
15)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. GRUR 2009, 502 Rn. 24 - pcb
16)
vgl. dazu auch EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 94 - Google France
19)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.Va. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 92 - Google France
20)
EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 94 - Google France
21)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 97 - Google France
22)
vgl. BGH, GRUR 2009, 262 Rn. 17 - Bananabay I; Ohly, GRUR 2010, 776, 782
24)
BGH, Urt. v. 13.01.2011, ZR 125/07 - Bananabay II; m.V.a. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 81 - Google France; EuGH, GRUR 2010, 641 Rn. 21 - Eis.de