Anzeigenschaltung in einem kommunalen Presseerzeugnis

Eine Anzeigenschaltung ist ebenfalls in die Gesamtwürdigung [→ Maßgebender Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses] einzubeziehen. Sie ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein (vgl. BGH, GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 53] - dortmund.de, mwN). Geht sie über einen solchen Randnutzen hinaus, kann dies zu einer Verletzung der Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse jedenfalls beitragen.1)

Eine die Grenzen der zulässigen Randnutzung überschreitende Werbung in einem kommunalen Amtsblatt oder Online-Portal birgt aber die Gefahr existenzieller Schäden für die Presse, wenn private Unternehmen nicht mehr in der Tageszeitung oder deren Online-Ausgabe, sondern bei der Kommune im digitalen oder auch im Printbereich inserieren.2)

Dieser wirtschaftliche Aspekt wird von der Pressefreiheit umfasst, die sich auf den Anzeigenteil eines Presseerzeugnisses erstreckt3), weil er für die Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen der Presse als wesentlicher Voraussetzung ihrer Unabhängigkeit von Bedeutung ist4).5)

Überdies erfüllt die Presse auch mit dem Anzeigenteil die ihr obliegende Kommunikationsaufgabe.6)

Ist die Verbreitung von Inseraten typische, auch grundrechtlich zugeordnete Funktion privater Presse, darf sie bei staatlichen Publikationen nur eine untergeordnete Rolle spielen.7)

Das gilt insbesondere für Online-Angebote, die in geringerem Maße auf eine Refinanzierung durch eine erwerbswirtschaftliche Randnutzung angewiesen sind.8)

Für die Bestimmung einer danach zulässigen Randnutzung in einem kommunalen Online-Portal hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision zutreffend auf den Umfang der Anzeigenschaltung abgestellt. Die Randnutzung bezeichnet eine Annextätigkeit. Dieser „Annex“ muss ein solcher bleiben; die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe darf nicht umgekehrt zum Annex der erwerbswirtschaftlichen Betätigung werden.9)

Die Randnutzung muss deshalb eine untergeordnete, quantitativ nachgeordnete Tätigkeit in innerem Zusammenhang mit der Hauptnutzung darstellen.10)

siehe auch

Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse

1) , 5)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de
2)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. Schwarz/Dorsch, NVwZ 2022, 1329, 1333; vgl. auch Papier/Schröder, DVBl 2017, 1, 10; Peter, GRUR 2022, 624, 629
3)
vgl. BVerfGE 21, 271 [juris Rn. 28 und 33]; BVerfGE 64, 108 [juris Rn. 16]
4)
vgl. BVerfGE 64, 108 [juris Rn. 16]
6)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. BVerfGE 21, 271 [juris Rn. 31 f.]; BVerfGE 64, 108 [juris Rn. 16]
7)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. Degenhart, K&R Beilage 2016, Nr. 01, 1, 19 und 21 f.
8)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. Papier/Schröder, DVBl 2017, 1, 10; Peter, GRUR 2022, 624, 629 f.
9)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. Ipsen, ZHR 2006, 422, 446
10)
BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; m.V.a. Ruland, NZS 2013, 721, 725; vgl. auch Britz, NVwZ 2001, 380, 384; Degenhart, K&R Beilage 2016, Nr. 01, 1, 19; Krämer, LKV 2016, 348, 352