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wettbewerbsrecht:rufausbeutung

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Rufausbeutung

§ 4 Nr. 3 lit. b UWG

Unlauter handelt, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt.

§ 4 Nr. 3 UWG → Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz

Wer eine Ware anbietet, die eine Nachahmung der Erzeugnisse eines Mitbewerbers darstellt, handelt nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG unlauter, wenn er die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt.1)

Eine unlautere Rufausnutzung kann nicht nur auf einer Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über die betriebliche Herkunft der Nachahmung, sondern auch auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen, die eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erfordert. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind.2)

Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Bei einer identischen Nachahmung gilt insofern ein strenger Maßstab.3)

Allerdings reicht es für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden.4)

Die Übernahme von Merkmalen, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, kann zwar unter dem Gesichtspunkt der Rufausnutzung grundsätzlich nicht als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden. Auch insoweit gilt jedoch bei einer (nahezu) identischen Nachahmung ein strenger Maßstab. Würde die Übernahme solcher Merkmale zu einer (nahezu) identischen Nachahmung führen, ist es einem Wettbewerber regelmäßig zuzumuten, auf eine andere angemessene technische Lösung auszuweichen, wenn er einer Rufausnutzung nicht auf andere Weise entgegenwirken kann. So kann ein Wettbewerber, der nach Ablauf eines Patentschutzes des Originalherstellers in dessen Markt eindringt, eine Rufausbeutung etwa dadurch vermeiden, dass er die angesprochenen Verkehrskreise durch eine gegenüber dem Original unterscheidbare Kennzeichnung unmissverständlich darüber informiert, dass es sich um ein anderes Erzeugnis als das Originalprodukt handelt.5)

Eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG unlautere Rufausnutzung kann auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen. Dafür ist eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erforderlich.6)

Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 1 UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen.7)

Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen unangemessener Ausnutzung der Wertschätzung eines nachgeahmten Produkts nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. b UWG können bestehen, wenn die Gefahr einer Täuschung über die Herkunft beim allgemeinen Publikum eintritt, das bei den Käufern die Nachahmungen sieht und zu irrigen Vorstellungen über die Echtheit der Nachahmungen verleitet wird.8)

Der Schutz der Wertschätzung eines Produkts i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG ist nicht den Sonderschutzrechten mit Ausschließlichkeitsbefugnis gleichzusetzen.9)

Zwar kann bei Luxusgütern durch den massenhaften Vertrieb billiger Imitate eine Zerstörung des Prestigewerts zu einer wettbewerbsrechtlich relevanten Beeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG führen10) Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn aufgrund eines hinreichenden Abstands nicht nur bei Kaufinteressenten, sondern auch beim allgemeinen Publikum, das die Produkte bei Dritten sieht, keine Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht.11)

Die Rechtsprechung, nach der eine unlautere Nachahmung unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung vorliegen kann, wenn durch ein in den äußeren kennzeichnenden Merkmalen nahezu identisch nachgeahmtes Luxusprodukt zwar nicht der Käufer, wohl aber Dritte, die beim Käufer die Nachahmung sähen, zur irrigen Vorstellung über die Echtheit verleitet würden (BGH, Urteil vom 8. November 1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 [juris Rn. 17 f.] - Tchibo/Rolex), ist nicht anwendbar, wenn das „Original“ und die Nachahmung qualitativ ebenbürtig sind und sich im gleichen hochpreisigen Marktsegment bewegen.12)

Sind das „Original“ und die - nicht nahezu identische - Nachahmung einer E-Gitarre qualitativ gleichwertig und werden sie im gleichen hochpreisigen Marktsegment angeboten, kommt eine unlautere Nachahmung gemäß § 4 Nr. 3 UWG oder eine Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG auch dann nicht in Betracht, wenn das Originalprodukt berühmt und auch Jahrzehnte nach der Markteinführung noch gleichsam ein objektiver Maßstab für das Angebot anderer Hersteller ist.13)

Täuschung

Verkehr nimmt an, es handele sich um eine billige Zweitmarke (BGH WRP 2001, 'Vienetta'; hebelt 'Modulgerüst' aus).

Anlehnung

Eine für einen Anspruch aus § 1 UWG a.F. (nun § 4 Nr. 9 lit. b UWG) unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes relevante Rufausbeutung kann nicht nur auf Täuschung, sondern auch auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen.14)

Ein Anlehnen setzt zwar nicht die namentliche Benennung oder Bezeichnung des Mitbewerbers voraus, erfordert aber immerhin eine aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte.15)

Die Frage, ob durch die Ahnlehnung eine Übertragung der Güte- und Wertvorstellungen stattfindet, die die Beurteilung des Verhaltens als wettbewerbswidrig gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 1 UWG rechtfertigt, ist jeweils im Wege einer Gesamtbetrachtung zu beantworten, bei der alle Umstände des Einzelfalls wie insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs zu berücksichtigen sind, der von dem Produkt ausgeht16) Dabei kann grundsätzlich auch schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen.17)

Der Markterfolg wird in anstößiger Weise übernommen, wenn die Nachahmung auch dazu dient, sich an den Erfolg eines schon sehr bekannten und auf dem Markt geschätzten Systems anzuhängen und von dem Ansehen, das die Klägerinnen für ihre Erzeugnisse in jahrzehntelanger Markttätigkeit gewonnen hätten, unmittelbar zu profitieren.

Für eine Rufausbeutung reicht es allerdings nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen oder Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden. Dasselbe gilt, wenn der Originalhersteller mit seinem Produkt einen neuen Markt erschlossen hat und der Nachahmer beim Eindringen in diesen Markt die angesprochenen Verkehrskreise in geeigneter Weise darüber informiert, daß sein eigenes von dem nachgeahmten Produkt zu unterscheiden sei. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß entsprechende Assoziationen die typische und nahezu zwangsläufige Folge eines zuvor gewährten monopolartigen Schutzes darstellen.18)

Einen speziellen Fall der Anlehung stellt das Einschieben in eine fremde Serie dar.

Unangemessenheit

Insoweit gelten die Erwägungen entsprechend, die der Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten i.S. von § 23 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.19)

Rechtsprechung

  • BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02 - Klemmbausteine III
  • BGH, GRUR 1996, 508 - 'Uhrenapplikation'

siehe auch

1) , 6) , 7)
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - Segmentstruktur
2)
BGH, Urteil vom 20. September 2018 - I ZR 71/17 - Industrienähmaschinen; auch BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel; m.V.a. BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 38 - Einkaufswagen III, mwN; GRUR 2015, 909 Rn. 40 - Exzenterzähne
3)
BGH, Urteil vom 20. September 2018 - I ZR 71/17 - Industrienähmaschinen; m.V.a. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 40 = WRP 2015, 1090 - Exzenterzähne; BGH, GRUR 2017, 734 Rn. 66 - Bodendübel
4)
BGH, Urteil vom 20. September 2018 - I ZR 71/17 - Industrienähmaschinen; m.V.a. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - I ZR 30/02, BGHZ 161, 204, 214 f. [juris Rn. 35] - Klemmbausteine III; BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 38 - Einkaufswagen III
5)
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 197/15 - Bodendübel; m.v.a. BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 38 - Einkaufswagen III, mwN; GRUR 2015, 909 Rn. 41 - Exzenterzähne
8)
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 200/04; m.V.a. BGH, GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex
9)
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 200/04; m.V.a. BGH, Urt. v. 28.3.1996 - I ZR 11/94, GRUR 1996, 508, 509 = WRP 1996, 710 - Uhren-Applikation
10)
BGH GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex
11)
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 200/04; m.V.a. BGHZ 138, 143, 151 - Les-Paul-Gitarren
12)
BGH, Urteil vom 22. September 2021 - I ZR 192/20 - Flying V
13)
BGH, Urteil vom 22. September 2021 - I ZR 192/20 - Flying V; Abgrenzung zu BGHZ 138, 143 [juris Rn. 36] - Les-Paul-Gitarren
14) , 15) , 17)
BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02 - Klemmbausteine III
16)
Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl., § 1 UWG a.F. Rdn. 555
18)
BGH, Urt. v. 2.12.2004 - I ZR 30/02 - Klemmbausteine III - m.w.N.
19)
BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07 - DAX
wettbewerbsrecht/rufausbeutung.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:30 von 127.0.0.1