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verfahrensrecht:muendliche_verhandlung_und_schriftliches_verfahren

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Mündliche Verhandlung und schriftliches Verfahren

§ 1047 (1) ZPO

Vorbehaltlich einer Vereinbarung der Parteien entscheidet das Schiedsgericht, ob mündlich verhandelt werden soll oder ob das Verfahren auf der Grundlage von Dokumenten und anderen Unterlagen durchzuführen ist. Haben die Parteien die mündliche Verhandlung nicht ausgeschlossen, hat das Schiedsgericht eine solche Verhandlung in einem geeigneten Abschnitt des Verfahrens durchzuführen, wenn eine Partei es beantragt.

Nach § 1047 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet - vorbehaltlich einer Vereinbarung der Parteien - das Schiedsgericht, ob mündlich verhandelt werden soll oder ob das Verfahren auf der Grundlage von Dokumenten und anderen Unterlagen durchzuführen ist.1)

Das Schiedsgericht hat gemäß § 1047 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine solche Verhandlung in einem geeigneten Abschnitt des Verfahrens durchzuführen, wenn eine Partei es beantragt. Die Parteien sind von jeder Verhandlung und jedem Zusammentreffen des Schiedsgerichts zu Zwecken der Beweisaufnahme nach § 1047 Abs. 2 ZPO rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Die Regelung soll den Parteien ermöglichen, den Termin wahrzunehmen, und konkretisiert die sowohl einfachgesetzlich geregelten als auch verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Parteien auf prozessuale Waffengleichheit und rechtliches Gehör.2)

Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt nicht unmittelbar ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welcher Weise rechtliches Gehör gewährt werden soll. Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, begründet aber der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung.3)

Führt die offensichtlich fehlerhafte Ablehnung eines Terminverlegungsantrags dazu, dass eine Partei in der mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten ist und ihr Äußerungsrecht daher nicht sachgerecht wahrnehmen kann, verletzt dies das Gehörsrecht der betroffenen Partei.4) Dieser Fall kann nicht anders gesehen werden als der einer - ebenfalls gehörswidrigen - Nichtberücksichtigung von Vorbringen wegen offensichtlich fehlerhafter Anwendung von Präklusionsvorschriften.5) Zudem ist das Recht der betroffenen Partei auf prozessuale Waffengleichheit (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG) berührt.6)

Daher muss das Schiedsgericht einen Verhandlungstermin auf begründeten Antrag einer Partei verlegen, wenn dies zur Wahrung ihrer Verfahrensgrundrechte geboten ist. Die Erkrankung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts einer Partei kann in diesem Sinne einen beachtlichen Grund darstellen. Ob in einem solchen Fall die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt aus der Sozietät zumutbar ist, bedarf einer Beurteilung im Einzelfall. Hierfür kommt es insbesondere darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Termin unter Beteiligung des erkrankten Rechtsanwalts voraussichtlich nachgeholt werden kann, welches Interesse die Partei für eine Vertretung durch gerade diesen Rechtsanwalt geltend macht und welcher zusätzliche Aufwand bei einer Einarbeitung durch einen anderen Rechtsanwalt der Sozietät entsteht. Auch das Interesse der anderen Partei an einer zügigen Durchführung des Verfahrens ist dabei in den Blick zu nehmen.7)

§ 1047 (2) ZPO

Die Parteien sind von jeder Verhandlung und jedem Zusammentreffen des Schiedsgerichts zu Zwecken der Beweisaufnahme rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

§ 1047 (3) ZPO

Alle Schriftsätze, Dokumente und sonstigen Mitteilungen, die dem Schiedsgericht von einer Partei vorgelegt werden, sind der anderen Partei, Gutachten und andere schriftliche Beweismittel, auf die sich das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung stützen kann, sind beiden Parteien zur Kenntnis zu bringen.

Ein Schiedsgericht ist nach § 1047 Abs. 3 Fall 1 ZPO nicht verpflichtet, die von einer Partei vorgelegten Unterlagen der anderen Partei zu übermitteln, wenn diese Unterlagen der anderen Partei bereits bekannt sind.8)

siehe auch

§§ 1025 - 1066 ZPO → Schiedsrichterliches Verfahren

1)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21
2)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.V.a. § 1042 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO; Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, BT-Drucks. 13/5274, S. 49
3)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.V.a. BVerfGE 42, 364 [juris Rn. 17]; BVerfGK 19, 377 [juris Rn. 20 f.] mwN
4)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.V.a. BVerwG, NJW 1992, 2042 [juris Rn. 15] mwN; BayObLG, NJW-RR 2004, 804 [juris Rn. 10]; OLG Frankfurt, FamRZ 2013, 1831 [juris Rn. 7]
5)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.V.a. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 - 2 BvR 1313/16, juris Rn. 9 mwN; BGH, Beschluss vom 12. November 2020 - IX ZR 214/19, NJW-RR 2021, 56 [juris Rn. 19]
6)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.V.a. OLG Brandenburg, NJW-RR 1999, 1291 [juris Rn. 7 mwN]
7)
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 36/21; m.w.N.
8)
BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - I ZB 37/15
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