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Dr. Martin Meggle-Freund

patentrecht:implizite_offenbarung

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Implizite Offenbarung

Eine Vorveröffentlichung kann dem Fachmann auch solche Informationen über einen technischen Sachverhalt vermitteln, die nicht ausdrücklich dargestellt werden, die sich aber bei der Befolgung der in ihr enthaltenen Anweisungen zwangsläufig ergeben. So werden etwa durch die Beschreibung eines Verfahrens der Fachwelt auch die Kenntnisse zugänglich gemacht, die bei der Nacharbeitung zwangsläufig offenbar werden.1)

Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern „mitgelesen“ wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt.2)

Die Erfassung desjenigen, was in den Merkmalen des Patentanspruchs und im Wortlaut der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt, aus der Sicht des Fachmanns jedoch nach seinem allgemeinen Fachwissen für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich oder unerlässlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf (BGHZ 128, 270, 276), zielt nicht auf eine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern, nicht anders als bei der Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, auf die Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der jeweiligen Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt.3)

Durch eine zum Stand der Technik gehrende Schrift ist im Sinne des 3 Abs. 1 Satz 2 PatG für den Fachmann alles als offenbart und damit als neuheitsschdlich vorweggenommen anzusehen, was für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerläßlich zu ergänzen ist oder was er bei deren aufmerksamer Lektüre ohne weiteres erkennt und in Gedanken gleich mitliest.4)

Überlegungen, die sich ohne weiteres als selbstverständlich aufdrängen gelten als neuheitsschädlich offenbart.5)

Bei der Frage, nach welchen Kriterien Vorveröffentlichungen der Neuheitprüfung gemäß § 3 Abs. 1 PatG unterzogen werden müssen, ist auch darauf Bedacht zu nehmen, daß mit dem in § 3 Abs. 3 und Art. 6 des Straßburger Patenübereinkommens sowie unter Ablösung des früheren § 4 Abs. 2 PatG 1968 Doppelpatentierungen vermieden werden sollen.6)

siehe auch

1)
BGH, Urt. v. 14. Januar 2014 - X ZR 169/12; m.V.a. BGH, Urteil vom 17. Januar 1980 - X ZB 4/79, BGHZ 76, 97, 105 f. - Terephthalsäure, s. auch EPA, Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer vom 9. Februar 1982 - T 12/81, ABl. EPA 1982, 296, 301 f. Diastereomere
2)
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07 - Olanzapin; Fortführung von BGHZ 128, 270 - Elektrische Steckverbindung
3)
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2008 - X ZR 89/07 - Olanzapin; m.w.N.
4)
BGH 17.01.1995 X ZB 15/93, Elektrische Steckverbindung
5)
BGH, Urteil v. 3. April 2007 - X ZR 36/04; m.V.a. BGHZ 128, 270, 275 - Elektrische Steckverbindung
6)
BGH 17.01.1995 X ZB 15/93, Elektrische Steckverbindung; m.w.N.
patentrecht/implizite_offenbarung.txt · Zuletzt geändert: 2023/07/25 08:24 von 127.0.0.1