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markenrecht:verwirkung_von_anspruechen

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Verwirkung von Ansprüchen

§ 21 (4) MarkenG→ Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Anspruchs nach allgemeinen Grundsätzen

§ 21 (1) MarkenG

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, die Benutzung einer eingetragenen Marke mit jüngerem Zeitrang für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu untersagen, soweit er die Benutzung der Marke während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß die Anmeldung der Marke mit jüngerem Zeitrang bösgläubig vorgenommen worden ist.

Die Verwirkung von Abwehransprüchen setzt im Kennzeichenrecht voraus, dass infolge eines länger andauernden ungestörten Gebrauchs der angegriffenen Bezeichnung bei dem Anspruchsgegner ein schutzwürdiger Besitzstand entstanden ist, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben soll, weil er aufgrund des Verhaltens des Rechtsinhabers darauf vertrauen konnte, dieser dulde die Verwendung des Zeichens.1)

Zur Abwendung der Verwirkung gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2, Art. 111 Abs. 2 GMV sind Handlungen des Inhabers des älteren Zeichens erforderlich, die ernsthaft und eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringen, sich der Benutzung des jüngeren Zeichens zu widersetzen und der behaupteten Verletzung seiner Rechte abzuhelfen.2)

Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.3)

Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht.4)

Die Einreichung der Klage durch den Inhaber des älteren Zeichens unterbricht den Lauf der Duldungsfrist nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV nicht, wenn die Klageschrift erst nach Ablauf eines fünfjährigen Duldungszeitraums mit den formalen Anforderungen in Einklang gebracht wird, die das deutsche Zivilprozessrecht für die Zustellung an den Anspruchsgegner vorsieht, und die verspätete Mängelbehebung hauptsächlich mangelnder Sorgfalt des klagenden Rechtsinhabers zuzuschreiben ist.5)

Ein von der abgemahnten Partei unterbreitetes Verhandlungsangebot kann die Frist für den Eintritt der Verwirkung durch Duldung nur unterbrechen, wenn der Inhaber des älteren Zeichens innerhalb eines Zeitraums, in dem die abgemahnte Partei den Eingang einer Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf, zumindest die Bereitschaft zur Aufnahme von Verhandlungen anzeigt.6)

Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV erstreckt sich auf Ansprüche wegen sämtlicher gleichartiger Benutzungsformen, die der Inhaber des jüngeren Zeichens fünf Jahre lang vorgenommen hat.7)

Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV schließt auch auf die Zeichenverletzung gestützte Folge und Nebenansprüche ein.8)

§ 21 (2) MarkenG

Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, die Benutzung einer Marke im Sinne des § 4 Nr. 2 oder 3 [→ Entstehung des Markenschutzes], einer geschäftlichen Bezeichnung oder eines sonstigen Rechts im Sinne des § 13 mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß der Inhaber dieses Rechts im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig war.

Nach dieser Vorschrift ist es dem Inhaber eines Zeichens verwehrt, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit dem Zeichen identisches oder diesem ähnliches Zeichen als Angabe über die Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Freistellung vom Zeichenschutz gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG setzt daher eine - zumindest auch - beschreibende Angabe voraus.9)

Nach der Vorschrift des § 21 Abs. 2 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, die Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, dass der Inhaber dieses Rechts im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig war. Einer Kenntnis steht es gleich, wenn sich der Inhaber des älteren Kennzeichenrechts einer Kenntnisnahme verschließt. Dagegen reicht grob fahrlässige Unkenntnis nicht aus.10)

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat, widerspräche es dem Regelungszweck der Duldung, die Rechtssicherheit zu wahren, wenn der Inhaber des älteren Rechts nach Ablauf des Verwirkungszeitraums zwar keine auf die Zeichenverletzung gestützten Unterlassungsansprüche, wohl aber entsprechende Neben- oder Folgeansprüche gerichtlich durchsetzen könnte.11)

§ 21 (3) MarkenG

In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann der Inhaber des Rechts mit jüngerem Zeitrang die Benutzung des Rechts mit älterem Zeitrang nicht untersagen.

Duldung

Zur Abwendung der Verwirkung gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2, Art. 111 Abs. 2 GMV sind Handlungen des Inhabers des älteren Zeichens erforderlich, die ernsthaft und eindeutig seinen Willen zum Ausdruck bringen, sich der Benutzung des jüngeren Zeichens zu widersetzen und der behaupteten Verletzung seiner Rechte abzuhelfen. 12)

Eine vorgerichtliche Abmahnung, der der Inhaber des jüngeren Zeichens nicht Folge leistet, ist geeignet, die Duldungsfrist gemäß § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV zu unterbrechen, sofern der Inhaber des älteren Zeichens nach der Abmahnung seine Rechte innerhalb einer angemessenen Zeit im Wege der Klage geltend macht. 13)

Rechtsnachfolge

Bei einer Rechtsnachfolge, die die Fortführung eines Unternehmens durch einen anderen Rechtsträger umfasst, ist in den Verwirkungszeitraum auch die Zeit einzubeziehen, während deren der Rechtsvorgänger des Verletzers die Kennzeichnung benutzt hat, gegen deren Benutzung durch den Verletzer sich der Inhaber des älteren Rechts nunmehr wendet.14)

Damit kommen die für den Rechtsvorgänger aufgelaufene Zeitdauer und der von diesem erworbene Besitzstand dem Rechtsnachfolger zugute, soweit mit der Rechtsnachfolge keine zeichenrechtlich relevante Veränderung des bis dahin bestehenden Zustands verbunden ist.15)

Wirkung der Verwirkung

Der Verwirkungseinwand, der auf einen im Vertrauen auf die Benutzungsberechtigung geschaffenen schutzwürdigen Besitzstand gegründet ist, darf nicht dazu führen, zusätzliche Rechtspositionen des Benutzers neu zu schaffen und damit die Rechtslage des nach Treu und Glauben nur ausnahmsweise und in bestimmten Grenzen schutzwürdigen Rechtsverletzers über diese Grenzen hinaus zu erweitern.16)

Die rechtsvernichtende Wirkung der Verwirkung erfasst daher die konkrete Verletzungshandlung, die Gegenstand der Beanstandung war. In zeichenmäßiger Hinsicht beschränkt sie sich dementsprechend auf die konkrete Form des ursprünglich angegriffenen Zeichens und auf geringfügige Abwandlungen, sofern diese dem verletzten Kennzeichen nicht näherkommen.17)

Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV erstreckt sich auf Ansprüche wegen sämtlicher gleichartiger Benutzungsformen, die der Inhaber des jüngeren Zeichens fünf Jahre lang vorgenommen hat.18)

Die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 110 Abs. 1 Satz 2 und Art. 111 Abs. 2 GMV schließt auch auf die Zeichenverletzung gestützte Folge- und Nebenansprüche ein.19)

siehe auch

1)
BGH, Urt. v. 31. Juli 2008 - I ZR 21/06 - Haus & Grund III; m.V.a. BGH, Urt. v. 6.5.2004 – I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 784 = WRP 2004, 1043 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX, m.w.N.
2)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Anschluss an EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC
3) , 4) , 5) , 6) , 13)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III
7)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 [juris Rn. 22] = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 188/11, BGHZ 198, 159 [juris Rn. 21] - Hard Rock Cafe; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 [juris Rn. 50] = WRP 2016, 869 - ConText
8) , 19)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; Anschluss an EuGH, GRUR 2022, 985 - HEITEC
9)
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 162/05 - HEITEC; m.V.a. BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 308/01, GRUR 2004, 949, 950 = WRP 2004, 1285 - Regiopost/Regional Post, m.w.N.
10)
BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14 - ConText; m.V.a. Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 21 Rn. 20; Kochendörfer, WRP 2005, 157, 163 f.
11)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; m.V.a. EuGH, GRUR 2022, 985 [juris Rn. 71 bis 73] - HEITEC
12)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; in Anschluss an: EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC
14)
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 162/05 - HEITEC; m.V.a. BGH, Urt. v. 26.9.1980 - I ZR 69/78, GRUR 1981, 60, 62 - Sitex
15)
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 162/05 - HEITEC; m.V.a. BGH, Urt. v. 27.6.1980 - I ZR 70/78, GRUR 1981, 66, 68 - MAN/G-man
16)
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 162/05 - HEITEC; m.V.a. BGH, Urt. v. 4.3.1993 - I ZR 65/91, GRUR 1993, 576, 578 - Datatel, m.w.N.; vgl. auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 21 MarkenG Rdn. 46 f.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 21 Rdn. 53
17)
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 162/05 - HEITEC; m.V.a. Hacker in Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 21 Rdn. 56 i.V. mit Rdn. 25 und 28; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 17 Rdn. 23 m.w.N.
18)
BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 56/19 - HEITEC III; in Anschluss an: EuGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - C-466/20, GRUR 2022, 985 = WRP 2022, 840 - HEITEC; Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 17/11, GRUR 2012, 928 [juris Rn. 22] = WRP 2012, 1104 - Honda-Grauimport; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 188/11, BGHZ 198, 159 [juris Rn. 21] - Hard Rock Cafe; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14, GRUR 2016, 705 [juris Rn. 50] = WRP 2016, 869 - ConText
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