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markenrecht:territorialitaetsprinzip

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Territorialitätsprinzip

Internationale Zuständigkeit (Verfahrensrecht)
Territorialitätsprinzip (Verfahrensrecht)

Aufgrund des im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet Deutschlands beschränkt.1)

Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG [→ Unterlassungsanspruch] sowie Ansprüche auf Schadensersatz und Auskunftserteilung nach § 14 Abs. 6 und § 19 Abs. 1 MarkenG [→ Schadensersatzanspruch, Auskunftsanspruch] setzen deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus.2)

Nicht jede Kennzeichenbenutzung im Inland ist dem Schutz von Kennzeichen nach der nationalen Rechtsordnung unterworfen.3)

Nicht jedes im Inland abrufbare Internetangebot für Dienstleistungen oder Waren aus dem Ausland bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche aus.4)

Erforderlich ist vielmehr, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das beanstandete Verhalten seinen Schwerpunkt im Inland und nicht im Ausland hat. Hat das beanstandete Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland, ist aufgrund einer Gesamtabwägung der Umstände festzustellen, ob ein hinreichender wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug besteht.5)

Nicht in jedem Fall einer inländischen Kennzeichenbenutzung mit Auslandsberührung sind besondere Feststellungen erforderlich. Ob eine relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, bedarf erst dann besonderer, im Wege der Gesamtabwägung der betroffenen Interessen und Umstände zu treffenden Feststellungen, wenn das dem Inanspruchgenommenen vorgeworfene Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland hat.6)

In einem solchen Fall droht die Gefahr, dass es zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und zu einer unangemessenen Beschränkung der wirtschaftlichen Entfaltung ausländischer Unternehmen kommen kann.7)

Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Rechtsverletzung als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat.8)

Fehlt es an einem solchen ausländischen Schwerpunkt, kann eine Verletzungshandlung im Inland nach den allgemeinen Grundsätzen auch in Fällen mit Auslandsberührung regelmäßig bereits dann gegeben sein, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden.9)

Die Annahme der internationalen Zuständigkeit für die Verletzung inländischer Kennzeichen ist nicht davon abhängig zu machen, ob sich ein Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet. Dieses Kriterium ist weder für behauptete Verstöße gegen das Urheberrecht10) noch für angebliche Verletzungen von nationalen Marken und geschäftlichen Bezeichnungen zu fordern.11)

Ob das angegriffene Verhalten tatsächlich eine Verletzung eines nationalen Kennzeichenrechts darstellt, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren materiellen Rechts zu prüfen ist.12)

Ansprüche wegen der Verletzung eines Kennzeichenrechts setzen aufgrund des im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzips eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus, die besonderer Feststellungen bedarf, wenn das beanstandete Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland hat.13)

Erforderlich ist dann, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist. Ob ein derartiger Inlandsbezug besteht, ist aufgrund einer Gesamtabwägung der Umstände festzustellen. Dabei sind einerseits die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen. Andererseits ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat, oder ob dieser etwa durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert.14)

Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat oder ob dieser etwa - zum Beispiel durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland - zielgerichtet von der inländischen Erreich-barkeit profitiert.15).16)

Diese Grundsätze sind nicht auf Kennzeichenbenutzungen im Internet beschränkt, sondern gelten auch für entsprechende Sachverhalte, bei denen ein im Ausland vorgenommenes Verhalten Auswirkungen auf inländische Schutzrechte hat.17)

siehe auch

1)
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 - I ZR 205/22 - Extreme Durable; m.w.N.
2)
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 - I ZR 205/22 - Extreme Durable; BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 [juris Rn. 21] - HOTEL MARITIME; Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 134/16, GRUR 2018, 417 Rn. 37 = WRP 2018, 466 - Resistograph
3) , 7)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 35 - OSCAR
4)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2018, 417 Rn. 37 - Resistograph
5)
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 - I ZR 205/22 - Extreme Durable; m.V.a. BGH, GRUR 2018, 417 [juris Rn. 37] - Resistograph, mwN; GRUR 2020, 647 [juris Rn. 28] - Club Hotel Robinson
6)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 35 - OSCAR; GRUR 2018, 417 Rn. 37 - Resistograph
8)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 36 - OSCAR
9)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 [juris Rn. 21] - Kronenthaler; BGH, GRUR 2005, 431, 432 [juris Rn. 21] - HOTEL MARITIME; GRUR 2012, 621 Rn. 34 - OSCAR; GRUR 2018, 417 Rn. 37 - Resistograph
10)
vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 43/14, GRUR 2016, 1048 Rn. 18 = WRP 2016, 1114 - An Evening with Marlene Dietrich
11)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; offengelassen für Rechtsverletzungen im Internet in BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 21 - OSCAR; für Verletzungen von inländischen geschäftlichen Bezeichnungen vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 201/16, GRUR 2018, 935 Rn. 18 = WRP 2018, 1081 - goFit; für Verletzungen von nationalen Marken vgl. BGH, GRUR 2018, 924 Rn. 18 - ORTLIEB I; zur internationalen Zuständigkeit nach Art. 97 Abs. 5 GMV/UMV bei der Verletzung von Unionsmarken vgl. aber EuGH, Urteil vom 5. September 2019 - C-172/18, GRUR 2019, 1047 Rn. 47 und 54 - AMS Neve
12)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 26 - Wintersteiger/Products 4U; BGH, GRUR 2018, 935 Rn. 16 - goFit; GRUR 2018, 924 Rn. 16 - ORTLIEB I
13)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 34  f. - OSCAR
14)
BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 222/17 - Club Hotel Robinson; m.V.a. BGH, GRUR 2005, 431, 433 [juris Rn. 22] - HOTEL MARITIME; GRUR 2012, 621 Rn. 36 - OSCAR; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 45 = WRP 2014, 548 - englischsprachige Pressemitteilung; BGH, GRUR 2018, 417 Rn. 37 - Resistograph
15)
Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rn. 59 f.) und die Beeinträchtigung des Zeicheninhabers dadurch nicht nur unwesentlich ist((BGH, GRUR 2005, 431, 433 - HOTEL MARITIME; Fezer aaO Einl. H Rn. 48
16) , 17)
BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10 - OSCAR
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