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grundrecht:umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse [2023/07/26 07:22] – [Amtliche Mitteilungen] mfreund | grundrecht:umfang_und_grenzen_des_gebots_der_staatsferne_der_presse [2023/07/26 07:53] (aktuell) – mfreund | ||
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====== Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse ====== | ====== Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse ====== | ||
- | -> [[Stadtmarketing und die Tourismusförderung]] | + | -> [[Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation als Ausdruck der Selbstverwaltungsgarantie]] \\ |
+ | -> [[Maßgebender Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses]] \\ | ||
+ | -> [[Staatliches Sachlichkeitsgebot]] \\ | ||
+ | -> [[Amtliche Mitteilungen]] \\ | ||
+ | -> [[Grenzen kommunaler Öffentlichkeitsarbeit]] \\ | ||
+ | -> [[Anzeigenschaltung in einem kommunalen Presseerzeugnis]] \\ | ||
+ | -> [[Stadtmarketing und die Tourismusförderung]] | ||
+ | -> [[Unzulässige Tätigkeiten, | ||
Das [[Gebot der Staatsferne der Presse]] lässt eine Öffentlichkeits- und Informationsarbeit von Hoheitsträgern nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu.((BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de)) | Das [[Gebot der Staatsferne der Presse]] lässt eine Öffentlichkeits- und Informationsarbeit von Hoheitsträgern nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben zu.((BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de)) | ||
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Abs. 1 Satz 2 GG nicht gefährdet wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/ | Abs. 1 Satz 2 GG nicht gefährdet wird.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II; m.V.a. Sachs/ | ||
- | Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung einer kommunalen Publikation unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 71 Abs. 1 Landesverfassung für BadenWürttemberg (LV BW) gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm, | + | Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung einer kommunalen Publikation unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in Art. 71 Abs. 1 Landesverfassung für BadenWürttemberg (LV BW) gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie als Kompetenznorm, |
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- | Staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation | + | |
- | hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, | + | |
- | wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit.((BGH, | + | |
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- | Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation danach in der staatlichen Kompetenzordnung, | + | |
- | Diese gewährleistet den Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der | + | |
- | Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen((BVerfGE 79, 127, 151 f. [juris Rn. 59]; BVerfG, NVwZ 2018, 140 Rn. 70)). Bezugspunkt der Allzuständigkeit der Gemeinden sind dabei jedoch immer die Angelegenheiten, | + | |
- | Hellermann, Stand: 15. August 2018, Art. 28 Rn. 30 f.; Müller-Franken, | + | |
- | 2018, 73, 76)). | + | |
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- | Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hat als Kompetenznorm zudem ausschließlich staatsgerichtete Funktion und entfaltet keine Wirkung im Staat-Bürger-Verhältnis.((BGH, | + | |
- | Staat und Wirtschaft oder Staat und Bürger dar.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) | + | |
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- | ==== staatliches Sachlichkeitsgebot ==== | + | |
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- | Die Staatsferne der Presse [Art 5 (1) GG -> [[Presse- und Rundfunkfreiheit]]] verlangt unter Berücksichtigung des Grundsatzes einer vom Volk ausgehenden Meinungsbildung sowie des staatlichen Sachlichkeitsgebots, | + | |
- | Presse gefährdet.((BGH, | + | |
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- | ==== Amtliche Mitteilungen ==== | + | |
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- | Bezogen auf den Inhalt einer gemeindlichen Publikation besteht ein Bereich auf jeden Fall zulässigen Informationshandelns durch die Kommune, der die Garantie des Instituts der freien Presse nicht berührt. Staatliche Information mit dem Ziel, Politik verständlich zu machen, die Bevölkerung über Politik und Recht im jeweiligen Aufgabenkreis zu informieren und staatliche Tätigkeit transparent zu gestalten, ist auch in presseähnlicher Form zulässig.((BGH, | + | |
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- | So erfüllt die Gemeinde mit der Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen in legitimer Weise öffentliche Aufgaben.((BGH, | + | |
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- | Auch Berichte über die kommunale Wirtschaftsförderung können Teil der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit einer Gemeinde sein. Gleichfalls ohne weiteres zulässig - und sogar geboten, wenn die Information nur über die Gemeinde gewonnen werden kann - ist die Unterrichtung der kommunalen Öffentlichkeit über die aktuelle Tätigkeit und künftigen Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats.((BGH, | + | |
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- | Allerdings wird nicht jedes Ereignis durch die Anwesenheit eines Mitglieds der Gemeindeverwaltung zum Gegenstand zulässiger kommunaler Öffentlichkeitsarbeit.((BGH, | + | |
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- | Die Zuständigkeit der Gemeinde ist aber nicht auf Verwaltungshandeln im bürokratisch-technischen Sinne reduziert. Ein Bezugspunkt für ihre Zuständigkeit kann vielmehr auch bei Angelegenheiten gegeben sein, mit denen sich die Gemeinde aufgrund eigener Betroffenheit im Vorfeld künftiger eigener Aufgabenwahrnehmung befassen darf. Allein ein lokaler oder gemeinschaftsstiftender Bezug macht dagegen eine Angelegenheit noch nicht zu einer solchen der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.((BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; | + | |
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- | Jenseits dieser eindeutig zuzuordnenden Kategorien ist eine Öffentlichkeitsarbeit denkbar, die - wie Informationen über (aktuelle) Gefahrsituationen((Ludyga, | + | |
- | Staatsverwaltung vgl. BVerfGE 105, 252, 268 f. [juris Rn. 53 f.]; 105, 279, 301 f. | + | |
- | [juris Rn. 73 bis 75])) - nur in bestimmten Situationen zulässig ist.((BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II)) | + | |
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- | Aus dem Informationsauftrag des Staates bei besonderen Gefahrenlagen und aktuellen Krisen((vgl. BVerfGE 105, 252, 269 [juris Rn. 54]; 105, 279, 302 [juris Rn. 75])) lässt sich jedoch keine grenzenlose Ermächtigung der Gemeinden zu allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit über alle nichtamtlichen Themen herleiten.((BGH, | + | |
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- | Zu der mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Kommune gehören grundsätzlich auch das Stadtmarketing und die Tourismusförderung [-> [[Stadtmarketing und die Tourismusförderung]]].((BGH, | + | |
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- | ==== Grenzen kommunaler Publikationen ==== | + | |
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- | Die Kompetenz zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt Kommunen nicht jegliche pressemäßige Äußerung, die irgendeinen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft aufweist.((BGH, | + | |
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- | Die innere Grenze wird durch den erforderlichen Bezug zur Gemeinde und ihren Aufgaben gesetzt. Kommunale Öffentlichkeitsarbeit ist begrenzt durch das Erfordernis eines spezifischen Orts- und Aufgabenbezugs; | + | |
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- | Ihre äußere Grenze finden kommunale Publikationen in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.((BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - muenchen.de; | + | |
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- | ==== Unzulässige Tätigkeiten, | + | |
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- | Daneben lässt sich eine die Grenzen zulässiger staatlicher Kommunikation klar überschreitende Tätigkeit ausmachen, die eine vom Staat unabhängige Meinungsbildung der Öffentlichkeit gefährdet. Hierzu zählen allgemeine Beiträge über ortsansässige Unternehmen, | + | |
- | keine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung und kein zulässiger Gegenstand gemeindlicher Öffentlichkeitsarbeit.((BGH, | + | |
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- | Diese Ereignisse tragen zwar zur Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Gemeinde bei und liegen damit auch im Interesse der Gemeinde; die pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in einer Gemeinde ist aber gerade originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates.((BGH, | + | |
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- | ==== Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses ==== | + | |
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- | Einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen allerdings keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ist entscheidend, | + | |
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- | Dabei ist neben den dargestellten inhaltlichen Kriterien insbesondere zu berücksichtigen, | + | |
- | Kommunikationsprozess bestimmend Einfluss nimmt.((BGH, | + | |
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- | Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt((vgl. Maunz/ | + | |
- | Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung | + | |
- | des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt. Keinesfalls darf die kommunale | + | |
- | Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung - jedenfalls subjektiv - entbehrlich macht. Je deutlicher - in Quantität und Qualität - ein erweitertes Amtsblatt Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, | + | |
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- | Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters des Presseerzeugnisses sind auch die optische Gestaltung der Publikation, | + | |
- | Frequenz des Vertriebs zu berücksichtigen. Allein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente und eine regelmäßige Erscheinungsweise führen zwar nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der | + | |
- | Presse. Die Grenze wird aber überschritten, | + | |
- | Erfolgt | + | Bei dem Verhältnis der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der institutionellen Garantie der Presse geht es um einen Konflikt zwischen staatlicher Kompetenz einerseits und grundrechtlicher Freiheit andererseits. Die beiden Verfassungsnormen müssen daher mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. Im Ergebnis muss dabei die Institutsgarantie aus |
+ | Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG größtmögliche Wirksamkeit erhalten, während | ||
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